Amtsgeheimnis lockern? Koalition dafür, Hürden bleiben

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In zwei Wochen soll es erste Vorschläge für mehr Transparenz in der Verwaltung geben. Das Problem ist aber bereits jetzt weniger das Gesetz als der Umgang mit der Auskunftspflicht.

Wien. Nach der ÖVP kommen auch aus der SPÖ immer mehr Stimmen, die für mehr Transparenz in der Verwaltung eintreten: Das wäre „sicher nicht schlecht“, sagte Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek am Dienstag. Staatssekretär Josef Ostermayer hat den Verfassungsdienst des Kanzleramts bereits beauftragt, Vorschläge für eine Neufassung des Amtsgeheimnisses vorzulegen. Und Kanzler Werner Faymann erklärte nach dem Ministerrat gar, dass konkrete Vorschläge bereits in den nächsten zwei Wochen vorliegen sollen.

Ins Rollen brachte die politische Diskussion ÖVP-Staatssekretär Sebastian Kurz. Er hatte im Gespräch mit der „Presse“ gefordert, dass es einen „gläsernen Staat“ geben soll. Er schloss sich einer dementsprechenden Internet-Initiative an. Das Amtsgeheimnis solle von der Regel zur Ausnahme werden, betonten Kurz und die unabhängige Initiative. Jedoch: Eigentlich sei dies längst der Fall, meint Heinz Mayer, Dekan der Wiener Jus-Fakultät. Bereits jetzt müsste die Verwaltung Auskunft geben, sofern kein Ausnahmefall vorliegt. „Nur in der Verwaltung herrscht immer noch ein umgekehrtes Verständnis“, konstatiert Mayer. Dabei gibt es sogar ein eigenes Auskunftspflichtgesetz. Wenn ein Bürger nicht die erwünschten Nachrichten von Behörden bekommt, könnte er bis zum Höchstgericht gehen. Das Gericht kann dann aber nur feststellen, dass die Auskunftspflicht verletzt wurde. Die Information selber müssten nach dem Urteil erst recht wieder die Behörden geben. Diese würden sich aber manchmal selbst nach einem Gerichtsurteil wenig auskunftsfreudig zeigen, berichtet Mayer. Das Auskunftspflichtgesetz hält er für „zahnlos“.

Ausnahmen in der Verfassung

In der Verfassung ist momentan geregelt, wann Informationen geheim bleiben müssen. Nämlich dann, wenn die Geheimhaltung für die öffentliche Ruhe, die Ordnung und Sicherheit, die Landesverteidigung oder die auswärtigen Beziehungen nötig ist. Keine Information gibt es auch, wenn diese wirtschaftlichen Interessen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zuwiderlaufen würden. Und auch über die Vorbereitung einer behördlichen Entscheidung dürfen Bürger keine Auskunft begehren.

Ein völlig gläserner Staat ist Illusion. Schon EU-rechtlich muss auf den Datenschutz Wert gelegt werden. Kurz nennt den Datenschutz und die Wahrung der öffentliche Sicherheit als Punkte, bei denen es auch in Hinkunft keine Auskunft geben wird. Aber Studien, die mit Steuergeld finanziert wurden, müssten öffentlich sein. Kurz nannte am Dienstag weitere Beispiele. Er will die Fehlerquote in Spitälern, die Schulabbrecherquote, die Krankenstandstage bei öffentlichen Versorgungsbetrieben oder die Pünktlichkeit von öffentlichen Verkehrsmitteln transparent machen. Beamtenministerin Heinisch-Hosek sieht jedoch noch viele offene Fragen am Weg zu einer Gesetzesänderung. Auch Mayer warnt vor allzu großen Erwartungen: Viele Dinge, etwa die Steuerakten, dürfe man nicht öffentlich machen. Daraus würde man nämlich auch höchstpersönliche Dinge – etwa, ob jemand für ein behindertes Kind sorgen muss – ersehen.

In Schweden ist es übrigens erlaubt, das Einkommen anderer Leute in Erfahrung zu bringen. Dort tobt allerdings bereits die umgekehrte Diskussion: nämlich, ob man nicht wieder das Amtsgeheimnis verstärken sollte.

Auf einen Blick

Die Regierung will einen transparenteren Staat. So soll künftig die Auskunft gegenüber den Bürgern zur Regel werden und das Amtsgeheimnis nur mehr die Ausnahme darstellen. Experten warnen allerdings vor überzogenen Erwartungen. So müsse der Datenschutz jedenfalls gewährleistet bleiben. Zudem müssten Behörden bereits jetzt in vielen Fällen Auskunft geben – sie tun es aber in der Praxis nicht ausreichend.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.02.2013)

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