Weinstraßen

Residenzen nahe den Reben: Krise? Welche Krise?

So gut wie ausverkauft: Gehobene Zweitwohnsitze entlang Österreichs Weinstraßen sind derzeit kaum welche auf dem Markt – die Preise klettern weiter nach oben.
So gut wie ausverkauft: Gehobene Zweitwohnsitze entlang Österreichs Weinstraßen sind derzeit kaum welche auf dem Markt – die Preise klettern weiter nach oben.Getty Images
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Weingebiete: Wo der Verkäufermarkt für Luxusimmobilien noch blüht wie eh und je.

In den Städten leiden die Verkäufer teurer Immobilien an einem akuten Nachfragetief, Hotspots in den Bergen verzeichnen erstmals seit Jahren eine Marktberuhigung – mutige Kunden trauen sich sogar wieder, Angebote unter dem Rufpreis zu legen. Nur an den Weinstraßen gilt das Motto: „Krise? Welche Krise?“ Inmitten der Reben klettern die Preise weiter nach oben. Selbst in Weinregionen wie dem Südburgenland, das vor zehn Jahren noch gar nicht auf dem Radar der Lu­xuskäufer zu finden war, gelten mittlerweile 250.000 Euro als Untergrenze für Wochenenddomizile bis 80 Quadratmeter. „Wenn jemand etwas Größeres mit 200 Quadratmetern sucht, wird es unter 500.000 Euro nicht mehr gehen“, weiß Angela Pittner, Inhaberin von Südburgenland Immobilien.

Wobei „suchen“ das Stichwort ist, „denn wir sind so gut wie ausverkauft“, fügt sie hinzu. Von jenen Liegenschaften, die alle gern hätten, sei inzwischen kaum noch etwas übrig. „Da gleichen wir uns dem Rest Österreichs an“, berichtet die Maklerin. Verkaufen wolle derzeit kaum jemand. Wenn überhaupt etwas auf den Markt komme, seien es meist Erbschaften. Gefragt sind Häuser mit Strohdach, die „putzigen Charme versprühen“, erzählt Pittner. Oder solche mit Arkadengängen und den typischen vorstehenden Eichenbalken. „Die werden dann wirklich schön und mit Rücksicht auf den Ursprung restauriert“, betont sie. Nur den Pool, den viele gern hätten, erlaube die Bauordnung nicht immer, besonders in Kellergassen oder Dorfkernen, wo es darum geht, das Gesamtbild zu erhalten.

Mikrokosmos Südburgenland holt auf

Die anderswo so bedeutende Lage stellt sich im Südburgenland eher als Mikrolage dar: Ein bisschen erhöht soll es sein, mit Abstand zu den Nachbarn und dem Alltag, eine kleine Welt für sich. „Bei welchem Ort genau das sein soll, ist im Südburgenland eher egal“, weiß Pittner. „Das Gebiet ist so klein, da haben nur wenige ganz konkrete Orte vor Augen. Die Weinstraße streift von Oberwart bis Jennersdorf so viele Dörfer – wenn man da auch noch auf einen bestimm­ten Ort wartet, wird es noch schwieriger.“

Gefragt: naturfarbene Schilfdach-Häuser mit historischem Charme.
Gefragt: naturfarbene Schilfdach-Häuser mit historischem Charme.Südburgenland Immobilien

Das ist in der benachbarten Südsteiermark noch ein wenig anders. Hier haben Orte wie Gamlitz, Kitzeck, Leibnitz, St. Nikolai und die Schilcher Weinstraße rund um Stainz einen besonderen Klang in den Ohren der Käufer. Weshalb fast niemand, der dort einen Besitz hat, sich freiwillig davon trennt. „Im Sausal gibt es die prächtigsten Häuser, aber die werden so gut wie nie oder zu maßlos überzogenen Preisen verkauft“, sagt Peter Hack, Inhaber des gleichnamigen Immobilienunternehmens aus Wien, der sich auf diese Gegend spezialisiert hat. „2022 gab es in dieser Region genau drei Verkäufe, die zu Preisen von zwei bis 3,2 Millionen Euro realisiert worden sind.“ Womit sich die Transaktionen keinesfalls außerhalb der Norm im Luxussegment der Region bewegen: „Viele Verkäufe befinden sich im Bereich um eine Million Euro. Und dann steckt man noch eine Million hinein für eine schöne Küche und andere Adaptionen, schließlich will man am Wochenende mit Freunden gemütlich zusammensitzen“, erklärt der Makler.

Zeitgemäße Anforderungen an den Zweitwohnsitz in den Weinbergen

Wünsche, die sich hier nach Hacks Beobachtung immer häufiger auch Wiener erfüllen: „Die waren bisher nicht so stark vertreten. An die südsteirische Weinstraße zog es bisher vor allem Interessenten aus dem Westen.“ Seit zwei Jahren müssen Tiroler und Vorarlberger nun aber verstärkt mit Wienern um die raren Zweitwohnsitze rittern. Besonders dicht ist das Gedränge auf Käuferseite dann, wenn es sich um Anwesen mit historischen Elementen und/oder historischem Charme handelt.

Diese Objekte sind hierzulande aber seit Dekaden so gut wie ausverkauft. Zu den neuen Anforderungsprofilen zählt mittlerweile das Thema Nachhaltigkeit: „Gesucht wird das autarke Haus, das von der Sonne geheizt wird und bei dem ich meine Autos an die Steckdose anstecken kann“, bringt es Hack auf den Punkt. Außerdem lasse sich bei den Fassaden momentan eine Rückkehr zu Naturfarben beobachten: „Neon-Häuser sind jetzt out“, meint der Makler. Beim Vergleich der Lagen in der südsteirischen Weinregion sieht er Leibnitz auf dem Weg nach oben: „Da tut sich viel in Sachen Infrastruktur und Angebot. Denn die Leute, die hier am Wochenende ihre Freunde zu Gast haben, wollen denen auch etwas besonders Gutes bieten – da gibt es in Leibnitz immer mehr Möglichkeiten“, hält Hack fest.

Vinophile Ferienhäuser

Die Wachau meldet seit Jahren „ausverkauft“, das Kamptal wird dadurch gefragter. In der südsteirischen Weinregion wurden 2022 lediglich drei Luxusobjekte verkauft – das Angebot von Häusern nahe den Reben ist knapp. Vereinzelt blitzen Angebote aber auf: etwa das um 1850 erbaute Lehmhaus (links oben) auf einem rund 12.000 Quadratmeter großen Grundstück in Güssing mit mehr als 70 Quadratmetern Wohnfläche, vermittelt von Südburgenland Immobilien, Kaufpreis 229.000 Euro.

Das Motto „Gut, aber aus“ gilt bereits seit Langem für die Wachau (NÖ). Hier noch etwas mit Charme und Blick zu finden, ist ungefähr so leicht, wie ein Seegrundstück im Salzkammergut zu ergattern. Weshalb die Weinliebhaber schon seit einigen Jahren im Kamptal auf die Suche gehen – das Loisium hat schließlich vorgemacht, dass sich hier wunderbar zwischen Weinstöcken leben lässt. Mit ein Grund, warum der Umkreis von Langenlois zu den begehrtesten Gegenden gilt, wie Remax-Maklerin Sylvia Wolf, die das Gebiet Krems-Ost betreut, berichtet. „Außerdem sind Hadersdorf, Strass und Wagram gefragt, und Grafenegg wird gerade wieder hip.“

Neues im Kamptal

Dort gebe es auch durchaus hochpreisige Immobilien um 800.000 bis 1,2 Millionen Euro. „Zudem haben sich in der Festivalstadt auch einige kleine Entwickler auf gute Architektur in schönen Lagen spezialisiert, entsprechend gibt es auch ein paar Angebote im Neubau.“ Grundsätzlich sei den Kunden wichtig, dass es eine gewisse Infrastruktur in der Nähe gibt, dafür aber keine Nachbarn – oder zumindest genügend Abstand zu diesen. „Und die Nähe zum Kamp oder zur Wachau ist natürlich auch immer gefragt“, erzählt die Mak­lerin.

Bei den Häusern sind wie in allen Weinregionen Bauwerke mit Geschichte und Charme gesucht, die hier laut Wolf auch noch alle paar Monate auf den Markt kommen: „Ich habe gerade erst eine Immobilie aus dem 11. Jahrhundert besichtigt, die jetzt verkauft werden soll und lang als Gasthaus genutzt wurde. Da gibt es natürlich einen gewissen Renovierungsstau. Aber viele Kunden suchen genau solche Objekte, für die man einen niedrigeren Preis zahlt und die man dann genau so sanieren kann, wie es dem persönlichen Geschmack entspricht.“ (sma)


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