Verteidigung

Russlands Top-General Gerassimow erstmals seit Wagner-Meuterei wieder aufgetreten

Archivbild von Waleri Gerassimow, russischer Generalstabschef.
Archivbild von Waleri Gerassimow, russischer Generalstabschef.Reuters / Sputnik
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Der drittmächtigste Mann im russischen Militär ist erstmals wieder öffentlich aufgetreten.

Erstmals seit dem Söldner-Aufstand in Russland im vergangenen Monat ist Generalstabschef Waleri Gerassimow wieder öffentlich aufgetreten. Das Verteidigungsministerium in Moskau veröffentlichte Aufnahmen von einer Sitzung am Sonntag, wie Gerassimow über die Abwehr ukrainischer Raketenangriffe auf die annektierte Halbinsel Krim sowie die russischen Regionen Rostow und Kaluga informiert wird. Dabei wurde sein Titel, Chef des Generalstabs der russischen Streitkräfte, verwendet.

Nach dem Abbruch der kurzzeitigen Rebellion der Söldner-Gruppe Wagner am 24. Juni waren einige Top-Generäle nicht mehr in der Öffentlichkeit aufgetaucht. Dies ließ die Gerüchteküche brodeln, ob führende Militärs womöglich voraus von den Plänen des Söldner-Chefs Jewgeni Prigoschin wussten.

Gerassimow (67) ist nach Präsident Wladimir Putin und Verteidigungsminister Sergej Schoigu der drittmächtigste Mann im russischen Militär. Zusammen mit ihnen soll er über eine der drei Aktentaschen verfügen, die Befehle für einen Atomschlag enthalten. Der Armeegeneral – das ist der zweithöchste Dienstgrad in den Streitkräften – wurde am 9. November 2012 von Putin zum Generalstabschef und stellvertretenden Verteidigungsminister ernannt. Drei Tage zuvor war Putins langjähriger Vertrauter Schoigu Verteidigungsminister geworden.

Kommandant des Ukraine-Einsatzes

Gerassimow spielte eine Schlüsselrolle bei der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim im Jahr 2014 und bei Russlands entscheidender militärischer Unterstützung für Syriens Präsidenten Bashar al-Assad im dortigen Bürgerkrieg. Die USA verhängten am Tag nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine Sanktionen gegen Gerassimow mit der Begründung, er gehöre zu den direkt Verantwortlichen. Russland begann die Invasion seines Nachbarlandes am 24. Februar 2022.

Im Jänner 2023 ernannte Putin Gerassimow zum Kommandant des Ukraine-Einsatzes. Armeegeneral Sergej Surowikin, der erst drei Monate zuvor auf diesen Posten berufen worden war, wurde zu einem von Gerassimows drei Stellvertretern.

Kritik an Gerassimow

Viele der nationalistischen Militärblogger, die die Kriegsführung kritisieren dürfen, machten Gerassimow dafür verantwortlich, dass es dem Militär nicht gelungen ist, seinen viel kleineren Nachbarn zu unterwerfen. Und das, obwohl das Militär in den vergangenen 15 Jahren angeblich kostspielig modernisiert wurde. Kritiker im Westen und sogar innerhalb Russlands erklären, die Armee sei naiv gewesen, schlecht ausgerüstet, träge und leide unter chaotischen Kommandostrukturen.

Nachdem es trotz der Teilmobilmachung im vergangenen Jahr nicht gelungen ist, die Fähigkeiten des russischen Militärs ausreichend zu stärken, kursierten monatelang Gerüchte, dass Gerassimow ins Abseits gedrängt werden würde. Befördert wurden die Spekulationen dadurch, dass er für die Öffentlichkeit weitgehend unsichtbar ist.

Bei Manövern im Fernen Osten Russlands im September veröffentlichte der Militärinformationsdienst Swesda ein Video, in dem Putin und Gerassimow weit voneinander entfernt in einer Beobachtungskabine zu sehen sind. Es herrscht peinliche Stille, während sie auf Schoigus Ankunft warteten.

Prigoschin warf Gerassimow und Schoigu Inkompetenz vor

Jewgeni Prigoschin, der Chef der Söldnertruppe Wagner, kritisierte Gerassimow und Schoigu lange massiv und warf ihnen Inkompetenz vor. Dies gipfelte in einer Meuterei am 23. und 24. Juni, mit der Prigoschin die Entlassung der beiden durchsetzen wollte. Er brach die Rebellion ab, nachdem ihm versprochen worden war, dass er ins Exil gehen könne und seine Söldner nicht verfolgt würden.

Gerassimow war seit Anfang Juni nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen worden. Während der Wagner-Meuterei gab es weder eine öffentliche Erklärung von ihm noch einen öffentlichen Auftritt.

Waleri Gerassimow

Gerassimow wurde am 8. September 1955 in Kasan geboren. Er absolvierte 1977 die Kasaner Offiziershochschule für das Panzeroberkommando, 1987 die Malinowski-Militärpanzerakademie und ein Jahrzehnt später die Militärakademie des Generalstabs.

2007 wurde er zum Kommandant des Militärbezirks Leningrad (heute St. Petersburg) und 2009 zum Kommandant des Militärbezirks Moskau ernannt.


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