Sie sind gefährliche kleine Bomben im Boden, die auf jede Erschütterung reagieren. Sie sind geächtet, weil sie Zivilisten, Kinder töten. Eine Geschichte der Minen.
Hanna Plikhtchinskaya wurde im Mai dieses Jahres in ihrer Heimat, der Ukraine, zum Fernsehstar, als „minenräumende Oma“. Die 67-jährige Bäuerin hat nur eine Kuh, mit ihrer Milch schafft sie es, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Doch ohne Heu kann sie die Kuh nicht füttern, und die Wiese darf nicht vermint sein. Also besorgte sie sich im Internet einen Metalldetektor, mit dem sie das Grundstück Schritt für Schritt abgeht. Die Gefahr ist ihr egal, ohne Kuh würde sie ohnehin nicht überleben. Bis jetzt ist der Frau nichts passiert.
Ein Drittel des ukrainischen Gebiets gilt als Folge des russischen Angriffskriegs als vermint. Ein Thema mit Sprengkraft: Bedroht sind auf viele Jahre Menschenleben (bis jetzt wurden mindestens 750 Zivilisten getötet), Ernteerträge, die Wiederaufnahme des wirtschaftlichen und sozialen Lebens. Minen töteten in den vergangenen 30 Jahren weltweit nach Schätzungen etwa eine Million Menschen. Davon waren nur 20 Prozent Kombattanten. Konjunktur haben sie insbesondere in Bürgerkriegen und in asymmetrischen Konflikten. Oft werden Kinder getötet oder verletzt, sie stellen etwa ein Viertel der Opfer dar, auch Jahrzehnte nach dem Ende eines Krieges.
Es ist daher kein Wunder, dass sich die Sachbuchautoren vor allem mit dem humanitären Aspekt beschäftigen. Es überwiegt die Anti-Minen-Literatur. Über Panzer, Flugzeuge und Geschütze gibt es Hunderte von historischen Büchern, Minen werden im Vergleich dazu vernachlässigt. Offenbar regen sie die Fantasie nicht gleichermaßen an, sie gelten als die unheroischen Elemente in der militärischen Ausrüstung. Sie sind in der Erde verborgen, also nicht fotogen und tragen keine eingängigen Namen wie Kalaschnikow oder Blackhawk. Wer damit hantiert, ist kein Held.