Kleinspender

Warum Vermögende im Verhältnis weniger spenden

APA/BARBARA GINDL
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Trotz hoher Dichte an Wohlhabenden ist das Spendenaufkommen in Österreich geringer als in anderen Ländern. Das IHS suchte die Gründe dafür.

Für gemeinnützige Organisationen wie zum Beispiel das Rote Kreuz, die Caritas oder die Vier Pfoten sind Spenden essenziell, um in ihrer Arbeit tätig zu sein. Zwei Drittel aller Österreicher spenden regelmäßig, durchschnittlich gibt jeder Spender 111 Euro. Im Jahr 2022 führte das in Österreich zu einem Spendenvolumen von 900 Millionen Euro. Zum Vergleich: In der Schweiz wurden im Vorjahr etwa 1,9 Milliarden Euro gesammelt und in Deutschland 12,5 Milliarden Euro. Österreich ist nämlich ein Land der Kleinspender. 85 Prozent der Spendenbeiträge liegen unter 200 Euro. Großspender stellen in der österreichischen Spendenlandschaft eine Ausnahme dar.

Dies führt auch dazu, dass Menschen mit einem geringeren Einkommen im Verhältnis mehr spenden als jene mit höheren Einkommen. In Zahlen heißt das, dass Personen mit einem jährlichen Bruttoeinkommen bis 11.000 Euro 1,94 Prozent von ihrem Einkommen spenden, bei einem Einkommen bis 60.000 pro Jahr fällt der Spendenanteil auf 0,39 Prozent und bei Menschen, die über ein Einkommen von über einer Million pro Jahr verfügen sinkt der Anteil auf nur noch bei 0,12 Prozent, wie der Fundraising Verband Austria erhoben hat.

Spenden aus Verantwortungsgefühl

Interessant ist das, weil die Dichte an wohlhabenden Menschen in Österreich verhältnismäßig hoch ist. Laut einer Schweizer Studie wies Österreich im Pandemiejahr 2020 mit einer Quote von 4,5 Prozent die vierthöchste Millionärsdichte in ganz Europa auf. Davor liegen laut der Studie nur die Schweiz (14,1 Prozent), die Niederlande (7,1 Prozent) und Belgien (5,4 Prozent), so das Institut Redesigning Financial Services.

Das Institut für Höhere Studien (IHS) hat im Auftrag des Fundraising-Verbands in einer qualitativen Studie erstmals nach den Gründen für diese verhältnismäßige verhaltene Spendenaktivität unter Vermögenden in Österreich gesucht und dabei die Frage gestellt, wie eine Kultur der Philanthropie gefördert bzw. entwickelt werden kann. Insgesamt hat das IHS 15 vermögende Personen, davon acht Männer und sieben Frauen, von 30 bis zu 80 Jahren befragt. Dabei wurden jene Menschen als vermögend eingestuft, „die 50.000 Euro mit einer gewissen Leichtigkeit geben können“, erklärt IHS-Verhaltensökonomin und Studienautorin Katharina Gangl.

Bei der Erhebung ist auf die Frage, warum Vermögende spenden, ein Grund herausgestochen. Unter den Befragten, die mitunter aus österreichischen Industriellenfamilien stammen, zeigt sich eine persönliche Verantwortung als Motivation, warum sie spenden. „Das ist ein Grund, der sich in der internationalen Literatur nicht gezeigt hat, weswegen wir davon ausgehen, dass das eine Motivation ist, die sich speziell in Österreich gibt“, erklärt Gangl.

Starker Staat als Spendenbremse

Eine der Barrieren ist laut der IHS-Analyse die in Österreich vorherrschende Mentalität, dass der Staat selbst für das Lösen von Problemen zuständig ist. Zudem ist in Österreich auch die Abgabenquote sehr hoch, weshalb vor allem Vermögende meinen, bereits für die Behebung von sozialen Problemen „bezahlt“ zu haben.

Auch steuerliche Anreize würden den potenziellen Großspendern hierzulande fehlen. Die Folgen: Vermögende würden im Ausland spenden, meint Fundraising-Verband-Austria-Chef Günther Lutschinger. „Wir sehen uns in einem Wettbewerb mit Deutschland, der Schweiz und Liechtenstein. Das sind Länder, in denen österreichische Vermögenden zusätzlich aktiv sind.“

Im internationalen Vergleich würden die Spendenden in Österreich neben den fehlenden steuerlichen Anreizen auch auf bürokratische Hürden und eine mangelnde Rechtssicherheit stoßen, heißt es. Das Spenden müsse hierzulande attraktiver werden. Ab 1. Jänner 2024 tritt ein Gemeinnützigkeitspaket in Kraft, das die Absetzbarkeit von Spenden im gemeinnützigen Sektor erleichtern soll. Ein Paket, das von Lutschinger und anderen gemeinnützigen Organisationen begrüßt wird. „Zudem bleibt damit auch die Wertschöpfung im Land.“ Anhand der Befragung hat das IHS konkret 36 Maßnahmen herausgearbeitet, die eine Förderung der Kultur und Philanthropie unter Vermögenden stärken soll. Zwei Maßnahmen haben sich dabei als besonders vielversprechend herauskristallisiert: Zum einen brauche es einen niederschwelligen Austausch unter potenziellen Philanthropen, um sich gegenseitig zu helfen, zum anderen sei ein differenzierter öffentlicher Diskurs über Philanthropie und Spenden notwendig. Gangl meint: „Förderlich sei auch eine heterogene Darstellung von Spendern in der Öffentlichkeit, sodass potenzielle Spender motiviert sind, Teil von etwas zu sein.“


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