Ein populärer Kinderfilm wird aus dem Programm genommen, Fahrradwege werden entfernt und Regenbogenfarben verbannt: Wie der Sommerwahlkampf in Spanien zum hitzigen Ideenstreit entbrannt ist und warum Rechtsradikale den Konflikt anstacheln.
„Orlando“ von Virginia Woolf wird im Herbst nun doch nicht im spanischen Städtchen Valdemorillo zu sehen sein. Die rechtsradikale Kulturstadträtin hat beschlossen, die Bühnenadaption des berühmten britischen Romans aus dem Programm zu nehmen. Aus „ökonomischen Gründen“, sagt sie. Von wegen, protestiert das betroffene Theaterensemble, der Stopp der Aufführung sei „Zensur“. Denn der unsterbliche Orlando wandert Hunderte Jahre durch Europas Geschichte, manchmal als Mann, dann wieder als Frau. Nicht einmal dieser wunderschöne und steinalte Transgender darf im Universum der rechtsextremen Vox existieren. Und Vox regiert nun einmal mit der Volkspartei in Valdemorillo, ebenso wie in rund 140 weiteren Städten und drei Regionen.
Die Partei hofft auf den großen Sprung: Sie will bei der Parlamentswahl am Sonntag genug Stimmen erhalten, um als Juniorpartnerin des konservativen Partido Popular ganz Spanien zu regieren. Punkten will Vox mit „Kulturoffensiven“ wie in Valdemorillo: In Santa Cruz de Bezana strich die regierende Vox den Pixar-Disney-Hit „Lightyear“ aus dem Sommerkulturplan, weil sich darin Frauen küssen. In Burgos wurde ein Theaterstück über den Bürgerkrieg abgesagt, in dem Faschisten einen republikanischen Lehrer ermorden.