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OMV bestätigt größten Gasfund in Österreich seit 40 Jahren

Nach Probebohrungen in Wittau (NÖ) gab die OMV grünes Licht für die neue Gasförderung. Geplant ist auch der Bau einer Pipelineanbindung zur naheliegenden Gasanlage Aderklaa.
Nach Probebohrungen in Wittau (NÖ) gab die OMV grünes Licht für die neue Gasförderung. Geplant ist auch der Bau einer Pipelineanbindung zur naheliegenden Gasanlage Aderklaa. Andrei PUNGOVSCHI / AFP
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In Wittau (NÖ) werden die förderbaren Ressourcen auf 48 TWh geschätzt. Die Gasproduktion in Österreich soll damit um 50 Prozent steigen.

Der heimische Öl- und Gaskonzern OMV hat einen Gasfund in Wittau (NÖ) bekannt gegeben. „Wir haben seit fünf Monaten Explorationsbohrungen in Wittau in Niederösterreich gemacht“, sagte OMV-Chef Alfred Stern am Freitag. Es handle sich dabei und dem größten Gasfund in Österreich seit 40 Jahren. Die förderbaren Ressourcen schätzt die OMV auf 48 Terawattstunden (TWh), das entspreche rund 28 Millionen Fass Öläquivalent. „Wir können damit die jährliche Gasproduktion der OMV in Österreich um ca. 50 Prozent steigern“, so Stern. Die OMV plant den Bau einer Pipelineanbindung an ihre Gasanlage in Aderklaa, rund 10 km vom Fund entfernt. Die Gasförderung soll im ersten Quartal 2025 starten. Insgesamt werden in Österreich derzeit pro Tag rund 16.000 Barrel Öl und Gas gefördert, 50 Prozent davon entfallen auf Gas.

Der auch für Rohstoffe zuständige Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) begrüßte den Fund. „Der Gasfund in Niederösterreich hilft, die Abhängigkeit von Russland weiter zu reduzieren“, sagte er laut einer Aussendung am Freitag. Laut der Interessenvertretung IG Windkraft entspricht die Energiemenge des Erdgasfundes ungefähr jener Menge, die 100 Windräder erzeugen. Sie forderte die OMV auf, in erneuerbare statt in fossile Energie zu investieren und das Erdgas im Boden zu belassen.

Konzernumsatz gesunken

Im zweiten Quartal 2023 verringerte sich der Konzernumsatz der OMV um 39 Prozent auf 8,98 Milliarden Euro, das (um Lagerhaltungseffekte bereinigte) CCS Operative Ergebnis vor Sondereffekten fiel deutlich um 1,76 Milliarden auf 1,18 Milliarden Euro, was auf schwächere Ergebnisse in allen drei Geschäftsbereichen zurückzuführen ist. Im Bereich Energy reduzierte sich das Operative Ergebnis vor Sondereffekten deutlich auf 895 Mio. Euro (Q2/22: 1.784 Mio. Euro), bei Chemicals & Materials sank es ebenfalls signifikant auf 7 Millionen (Q2/22: 602 Mio. Euro), während sich das CCS Operative Ergebnis vor Sondereffekten von Fuels & Feedstock auf 283 Millionen Euro halbierte (Q2/22: 578 Millionen Euro).

„Das erste Halbjahr war ereignisreich“, sagte Stern und verwies auf sinkende Rohstoff- und Energiepreise und kleinere Gewinnmargen, und auch das Konsumwachstum sei eingeschränkt. „Das hat unser Geschäft im ersten Halbjahr natürlich maßgeblich beeinflusst“, so der CEO. Das Ergebnis sei dennoch ein sehr gutes, wenn auch nicht mehr auf dem Rekordniveau des Vorjahres. Der durchschnittliche Brent-Rohölpreis sei heuer im 1. Halbjahr im Vergleich zum Vorjahr um 26 Prozent auf 80 US-Dollar pro Fass gesunken, der durchschnittliche Gaspreis in Österreich (CEGH) fiel um 53 Prozent auf 47 Euro/MWh.

Die OMV erwartet für 2023 einen durchschnittlichen Brent-Rohölpreis zwischen 75 und 80 US-Dollar pro Fass, bisher war man von einem Ölpreis von mehr als 80 Dollar (71,91 Euro) ausgegangen (2022: 101 Dollar/Barrel). Der durchschnittlich realisierte Gaspreis für heuer wird bei rund 30 Euro je Megawattstunde (MWh) erwartet (vorherige Prognose: rund 35 Euro/MWh, 2022: 54 Euro je MWh). Die THE-Preisprognose (für den virtuellen Handelsplatz in Holland) liegt bei rund 40 Euro je MWh. Für 2023 wird eine OMV-Raffinerie-Referenzmarge in Europa zwischen 8 und 10 Dollar pro Fass erwartet (2022: 14,7 Dollar).

Vier Milliarden Euro für Neptun Deep

Für das lange verzögerte Erdgas-Förderprojekt Neptun Deep im Schwarzen Meer hat die OMV im Juni endgültig grünes Licht gegeben. Die zuständige OMV Tochter Petrom erarbeitet aktuell gemeinsam mit dem Partner den Field Development Plan, der in weiterer Folge von den rumänischen Behörden genehmigt werden muss. „Wir haben gute Fortschritte gemacht und meinen, dass wir dort bis 2027 die Produktion starten können“, sagte der OMV-Chef. Die Investitionssumme liegt in den nächsten Jahren bei 4 Milliarden Euro, auf die OMV Petrom entfallen davon rund 2 Milliarden Euro.

Zur möglichen Fusion der Chemiegeschäfte von Borealis und Borouge hielt sich Stern noch bedeckt. Wann es eine Entscheidung geben wird, wollte der OMV-Chef aufgrund der laufenden Verhandlungen nicht sagen. „Die Idee ist, dass wir gemeinsam mit der ADNOC ein globales Polyolefin-Powerhouse bauen“, es gehe also nicht um die gesamte Chemie. Ziel sei es, als „gleich berechtigte Partner eine gemeinsam kontrollierte und börsennotierte Plattform für unser Polyolefin-Geschäft zu schaffen“. Die Borouge-Börsennotierung aus dem vergangen Jahr „wollen wir gerne aufrechterhalten“, sagte Stern, Genaueres sei allerdings Gegenstand der Verhandlungen. Polyolefine sind Kunststoffe, die in Verpackungen, im Automobilbau oder im medizinischen Bereich zum Einsatz kommen.

Flüssigerdgas über Rotterdam

Weiters habe die OMV einen langfristigen Liefervertrag für Flüssigerdgas (LNG) mit BP unterzeichnet. Der Vertrag läuft ab 2026 für 10 Jahre und sieht die Lieferung von bis zu 1 Million Tonnen LNG pro Jahr vor. Über den LNG-Terminal in Rotterdam (Niederlande) soll das Flüssigerdgas nach Europa kommen und dann über Pipelines auch nach Österreich weiterverteilt werden. Der Vertrag sei „ein weiterer Baustein“ in der Diversifizierung des Gaseinkaufs der OMV.

Die OMV plant für heuer organische Investitionen in Höhe von rund 3,8 Milliarden Euro, nach 3,7 Milliarden Euro im Vorjahr. Die Gesamtproduktion der OMV wird heuer voraussichtlich auf rund 360.000 Fass pro Tag zurückgehen (2022: 392.000 Fass pro Tag), vor allem weil die russische Produktion nicht mehr als Eigenproduktion ausgewiesen wird. Daneben gebe es natürliche Förderrückgänge in Norwegen und Rumänien. Der Auslastungsgrad der Raffinerien wird auf ca. 80 Prozent geschätzt.

Angesichts der Klimakrise will die OMV bis 2050 klimaneutral werden, dazu soll der Unternehmensfokus in Zukunft vor allem auf nachhaltigen Treibstoffen und Chemikalien liegen, statt wie bisher auf der Erdöl- und Erdgasförderung. Dennoch baut die OMV ihre Gasförderung weiterhin aus. „Wir sind uns bewusst, dass wir aus fossilen Energieträgern nicht über Nacht aussteigen können, es braucht eine Transformation“, sagte Stern. Gas spiele hier eine zentrale Rolle als „Brückentechnologie“ weil es einen niedrigeren CO2-Fußabdruck als andere fossile Energieträger habe. Kritik am Ausbau der OMV-Gasförderung kommt dabei immer wieder von Umweltschutzorganisationen und NGOs, zuletzt etwa von Greenpeace oder Attac. (APA)

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