Lesben-Urteil: Bischöfe besorgt

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Kardinal Christoph Schönborn warnt gemeinsam mit Bischof Klaus Küng vor einer drohenden „Umdeutung des Familienbilds“.

Wien/Red. Die römisch-katholische Kirche macht kein Hehl daraus, dass sie über die jüngste Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) nicht glücklich ist. Man müsse das Urteil, das es Homosexuellen erlaubt, Kinder des Partners zu adoptieren, zwar „wohl zur Kenntnis nehmen“. „Wir betrachten es aber mit Sorge“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Kardinal Christoph Schönborn und Familienbischof Klaus Küng.

Problematisch sei am Urteil, dass „es eine weitere Entwicklung in Richtung Umdeutung des Familienbildes vorzeichnet“, heißt es in der via Kathpress verbreiteten Stellungnahme. Zwar stellen die kirchlichen Vertreter fest, „dass jeder Mensch seine Würde hat und dass seine Einstellungen, Überzeugungen, Qualitäten, auch seine sexuelle Orientierung zu respektieren sind.“ Wenn man aber die „an sich richtige Forderung, jede Art von Diskriminierung zu unterbinden“, auf das Familienrecht übertrage, „nimmt man bedenkliche Konsequenzen in Kauf“, warnten Kardinal Schönborn und Bischof Küng. Denn die Identität eines Menschen sei untrennbar mit dem eigenen Vater und der eigenen Mutter verknüpft. „Und das Kind leidet am meisten, wenn Familien zerbrechen oder wenn es nicht in der Geborgenheit der Familie im Sinne der Ehe zwischen Vater und Mutter aufwachsen kann“, heißt es in der kirchlichen Stellungnahme.

Der EGMR in Straßburg hatte entschieden, dass man ledige homosexuelle Paare nicht anders behandeln dürfe als unverheiratete Heterosexuelle. Da Letzteren in Österreich das Recht auf Stiefkindadoption gewährt wird, müsse man diese Möglichkeit auch homosexuellen Paaren geben. Bereits bisher hatte das österreichische Recht Einzelpersonen (und damit auch Homosexuellen) gestattet, ein Kind zu adoptieren. Durch das EGMR-Urteil dürfte es aber nun erstmals möglich werden, dass ein Kind zwei rechtliche Mütter oder zwei rechtliche Väter erhält. Allerdings sagt der EGMR auch, dass man im Adoptionsrecht zwischen verheirateten und ledigen Paaren differenzieren kann. So wäre es rechtlich in Ordnung, wenn überhaupt nur Verheiratete gemeinsam ein Kind adoptieren dürfen. Da eine Ehe in Österreich nur zwischen Mann und Frau gestattet ist, könnte man über diesen Umweg erreichen, dass homosexuelle Paare weiterhin keine Stiefkinder adoptieren dürfen. Für Schwule und Lesben gibt es in Österreich bloß eine Eingetragene Partnerschaft.

Kritik von FPÖ und BZÖ

Die Regierung hat sich aber im Lichte des EGMR-Urteils dazu entschieden, das Adoptionsrecht nicht einzuschränken, sondern zu öffnen: Justizministerin Beatrix Karl will noch im März eine Regierungsvorlage einbringen, die auch Homosexuellen die Adoption von Stiefkindern ermöglicht. Verboten bleibt Schwulen und Lesben hingegen weiterhin, ein fremdes Kind gemeinsam zu adoptieren. Diesen Wunsch hatte SPÖ-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek gehegt. BZÖ-Europaabgeordneter Ewald Stadler ärgert sich aber bereits, dass Karl überhaupt Homosexuellen mehr Rechte gewährt: „Damit gefährdet die ÖVP unser bewährtes Ehe- und Familienbild“, kritisierte Stadler. FPÖ-Mandatar und Johannes Hübner rügte indes die Straßburger Richter: Das Urteil sei ein „völlig unakzeptabler Eingriff in die Rechte souveräner Staaten, ihre familienpolitische Ordnung selbst zu regeln“, sagte Hübner. Man müsse die Frage aufwerfen, ob Österreich nicht eine „Totalreform“ des Systems des Menschenrechtsgerichtshofs verlangen sollte.

Bekannt wurde am Freitag auch, dass die ursprünglich für März geplante Frühjahrsvollversammlung der Bischofskonferenz ausfällt. Grund ist die Abwesenheit des Vorsitzenden, Kardinal Christoph Schönborn, der zur Papstwahl in Rom weilt. Einen Ersatztermin gibt es vorerst nicht. Die nächste ordentliche Vollversammlung beginnt am 17.Juni in Mariazell.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.02.2013)

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