Stöckl lächelt für die Harmonie der Welt

Die neue Gesprächssendung des ORF wirkt wie eine Kaffeejause ohne Kaffee: betulich und fad.

Nur nicht streiten! Nur nicht durcheinanderreden! Alles nur keine Zwietracht! Wir sind doch alle so verständnisvoll! Unter diesem Motto, so scheint es, hat der ORF seine klassische, einmal wehmütig wiederbelebte, nun angeblich „endgültig“ verabschiedete Diskussionssendung „Club2“ durch eine neue Gesprächssendung ersetzt: Barbara Stöckl, bekannt u.a. von der ORF-Konsumentenschutzsendung „Help-TV“, lädt unter dem Signet „Stöckl.“ jeweils vier „very inspiring people“ an einen runden, von gelben Strichen in drei Sektoren à 120 Grad geteilten Tisch.

Wofür der Punkt steht, darüber lässt sich rätseln, die Tischdekoration soll wohl an das Friedenszeichen erinnern. Entsprechend schien Stöckl bei der Premiere besorgt, dass nur alles friedlich und harmonisch bleibt, dass ja niemand ausfällig wird: Selten sieht man ein so bemühtes, leider chronisch vom Einfrieren bedrohtes Lächeln wie auf ihrem Gesicht während dieser Sendung, deren 60 Minuten einem wie 90 Minuten „Club 2“ vorkamen, so zäh war das Gespräch im gnadenlos ausgeleuchteten Studio. Die Weinkaraffe auf dem Tisch blieb unberührt; man hätte wohl lieber Kaffee servieren sollen.


In dieser Atmosphäre eines Kaffeekränzchens ohne Koffein fielen den Teilnehmern vor allem Stehsätze ein. Ein junger Mensch müsse sich eben „den Schädel einrennen“, erklärte Schriftstellerin Vea Kaiser, die Gesellschaft solle bei jungen Menschen „das kritische Bewusstsein fördern“. Man müsse nur wollen, dass man zu sich finde, verkündete Schauspieler Karl Merkatz, und jeder müsse mit seinem Leben fertig werden. Der Mensch sei wie ein Baum, und ein Baum brauche Wurzeln, predigte Genetiker Markus Hengstschläger. Stronach-Halbbruder Hans Adelmann sprach noch salbungsvoller und gütiger als in seinem Buch. Alle waren gütig, weise und einsichtig; und Stöckl lächelte wohlwollend, lächelte verständnisvoll, lächelte, als ob sie sämtliche Widerwärtigkeiten und Unhöflichkeiten dieser Welt weglächeln müsste.

Ein Vorschlag: Der ORF möge diese Sendung noch zweimal bringen, ergänzt durch kollektives Absingen von Raimunds „Hobellied“ am Schluss. Dann hätte er das auch probiert, und dann soll er wieder eine ganz normale Diskussionssendung installieren. Muss ja nicht „Club 2“ heißen.

E-Mails an: thomas.kramar@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.02.2013)

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