Ex-Telekom-Vorstand Fischer: "Es tut mir leid"

TelekomProzess Heute soll Urteil
TelekomProzess Heute soll Urteil(c) APA (Helmut Fohringer)
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Auch ihm sei vieles verschwiegen worden, sagt der Angeklagte Rudolf Fischer im Prozess um die Kursmanipulation. Heute sollen die Urteile fallen. Den Angeklagten drohen 10 Jahre Haft.

Im Telekom-Prozess um eine Kursmanipulation im Jahr 2004 will heute Richter Michael Tolstiuk die Urteile gegen vier Angeklagte fällen. Der Vorwurf lautet auf Untreue, der Strafrahmen beträgt bis zu zehn Jahre Haft. Angeklagt sind die ehemaligen Telekom-Top-Manager Rudolf Fischer, Stefano Colombo, Heinz Sundt und Josef Trimmel. Das Verfahren gegen den Broker Johann Wanovits wird ausgeschieden, hier steht noch eine Zeugenaussage für den 13. März an.

Staatsanwalt Hannes Wandl beantragte Schuldsprüche für die verbliebenen vier Angeklagten.Sie hätten Untreue gegenüber der Telekom Austria verwirklicht. Der Strafrahmen liegt bei "qualifizierter Untreue" (ab 50.000 Euro Schaden) zwischen einem und zehn Jahren Haft.

Anwälte: Zweifel an strafrechtlicher Relevanz

In den Schlussplädoyers der Verteidiger haben alle Anwälte unisono angezweifelt, dass die Vorwürfe überhaupt strafrechtlich relevant wären und ein Schaden für die teilstaatliche Telekom Austria entstanden sei. Die Verteidiger von Rudolf Fischer und Stefano Colombo versuchten die Aussagen des "Kronzeugen" Gernot Schieszler als unglaubwürdig darzustellen, während der Anwalt von Heinz Sundt, Martin Nemec, seinen Mandanten durch Schieszler entlastet sieht. Fischers Verteidiger, Universitätsprofessor und Anwalt Wolfgang Brandstetter, sieht in dem Fall keine "Untreue" verwirklicht.

"Was früher Geschäfte auf Grund guter Beziehungen waren ist heute Korruption", so Colombo-Verteidiger Rudolf Mayer. Er betonte auch, dass Colombo seinen Bonus gleich zurückgezahlt habe. Allerdings erfolgte die Auszahlung im Jahr 2004, die Rückzahlung wurde heute, 11 Jahre später, bekannt gegeben. Der Verteidiger von Josef Trimmel, Horst Winkelmayer, sieht nur eine Nebenrolle seines Mandanten. Er sei quasi nur dabei gewesen und habe sich auf das "Okay" durch die Vorstände verlassen.

Bis auf Fischer haben alle auf nicht schuldig plädiert, Fischer hatte ein Teilgeständnis über einen Schaden von 500.000 Euro abgelegt. Fischer bezeichnete sein Handeln heute als "im Sinne des Unternehmens gerechtfertigt", zeigte gleichzeitig aber auch Reue. "Wir waren Teil eines Systems, das System war augenscheinlich falsch", meinte Fischer. Er habe immer geglaubt, im Interesse des Unternehmens zu handeln und nichts Unrechtes zu tun. "Es tut mir leid", so der langjährige frühere Vorstand. Er büße jetzt seine Fehler. "Das Ganze hat mein Leben zerstört".

In Kürze: Die Anklage

Dem ehemaligen Generaldirektor Heinz Sundt, seinem damaligen Finanzchef Stefano Colombo und Festnetzchef Rudolf Fischer sowie dem seinerzeitigen Prokuristen Josef Trimmel wird vorgeworfen, dem Broker Johann Wanovits rund eine Million Euro aus der Kassa der Telekom bezahlt zu haben, um den Aktien-Kurs über die Schwelle von 11,70 Euro zu heben.

Dadurch wurde ein Bonusprogramm ausgelöst, das den angeklagten Vorständen rund 200.000 Euro netto an Bonus brachte - pro Person.

"Auch mir wurde vieles verschwiegen"

Vieles von dem, was er im Prozess gehört habe, sei auch für ihn "neu" gewesen. So habe er nichts vom engen Verhältnis zwischen dem - nun als Kronzeugen auftretenden - Ex-Telekom-Vorstand Gernot Schieszler und dem Lobbyisten Peter Hochegger gewusst. "Auch mir wurde vieles verschwiegen", sagte Fischer.

Der Vorstand habe das Gefühl gehabt, dass hier im Grunde genommen nichts Unrechtes geschehe, weil man einen "befreundeten Banker" habe, der auf eigenes Buch gehandelt habe. Auf die Frage von Staatsanwalt Hannes Wandl, warum er das damals dem Aufsichtsrat nicht gesagt habe, der nach der Ursache des Kurssprungs in letzter Minute fragte, meinte Fischer: "Ich hätte aus heutiger Sicht kein Problem damit, das zu tun".

Schiefe Optik, aber nichts Strafbares

Ex-Generaldirektor Heinz Sundt hat sich heute am achten Verhandlungstag im Telekom-Prozess genauso wie Ex-Finanzvorstand Stefano Colombo einmal mehr unwissend gegeben. Sundt will nichts von der Kursmanipulation mitbekommen haben. Er habe sich sehr wohl dafür eingesetzt, dass der Telekomkurs auf legalen Wege steige, etwa durch Gespräche mit Siemens. Hier kam Sundt allerdings in Erklärungsnotstand, da er dem "WirtschaftsBlatt" nach dem medial breit diskutierten Kurssprung vom Februar 2004 entrüstet erklärte, es habe keine Versuche zu einer Kurspflege gegeben.

Der zweitangeklagte Colombo meinte in seiner Erklärung: "Ich muss ehrlich sagen, ich hatte kein Wissen davon, was jetzt bekannt wurde. (...) Ich bin nicht der Schuldige." Zum Telekom-Lobbyisten Peter Hochegger, der eine eigene Zutrittskarte für das Konzerngebäude hatte, habe er nie Kontakt gehabt. Seine eigene Schuld sieht Colombo darin, dass er das "Phänomen Schieszler" ("Kronzeuge" und Ex-Telekom-Prokurist Gernot Schieszler, Anm.) nicht erkannt habe.

"Bankomat der Republik"

Der Telekom-Prozess im Wiener Landesgericht könnte der Auftakt zu einer ganzen Reihe von Prozessen rund um den teilstaatlichen Konzern sein. Eine weitere Anklage ist bereits rechtskräftig: Vor Gericht müssen sich unter anderem Hochegger, Fischer und der ehemalige FPÖ/BZÖ-Abgeordnete Klaus Wittauer verantworten.

Im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zeichnete sich ein Bild der Telekom Austria als "Bankomat der Politik" unter der damaligen Bundesregierung Wolfgang Schüssel ab. Die Liste derer, gegen die ermittelt wird, reicht vom ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser über den Ex-FPÖ-Spitzenpolitiker Gernot Rumpold bis hin zum ehemaligen ÖBB-Chef Martin Huber. Für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.

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