UN-Konferenz: Erdoğan geißelt "Schmähung" von Muslimen

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UDer türkische Premier übte beim Forum "Allianz der Zivilisationen" in Wien heftige Kritik an Syriens Regime, Islamophobie und dem Sicherheitsrat.

Wien/W.s. Es sollte um Themen wie Religionsfreiheit gehen, Pressefreiheit und Migration. Doch der türkische Premier Recep Tayyip Erdoğan nützte am Mittwoch seinen Auftritt beim „5. Globalen Forum der Allianz der Zivilisationen“ der UNO, um den Bogen weiter zu spannen: In seiner Rede zur Eröffnung der Konferenz in der Wiener Hofburg verlangte er eine Reform des UN-Sicherheitsrates. „Vertritt der Sicherheitsrat die ganze Welt?“, fragte er. Und gab auch gleich die Antwort: „Nein.“ Erdoğan kritisierte, dass die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates, die USA, Russland, Großbritannien, Frankreich und China, mit Vetos alle Entscheidungen im höchsten UN-Gremium zu Fall bringen können und dass sich die nicht ständigen Mitglieder, die turnusmäßig wechseln, deshalb nicht wirklich einbringen könnten.

„Warum können wir Syrien nicht helfen? Weil zwei ständige Mitglieder des Sicherheitsrates blockieren.“ Moskau und Peking weigern sich, jede UN-Resolution zu akzeptieren, die Syriens Regime einseitig verurteilt oder Maßnahmen legitimiert, die Syriens Machthaber Bashar al-Assad in Schwierigkeiten bringen könnten.

Attacke gegen Israel

Die türkische Regierung gehört zu den heftigsten Kritikern des Assad-Regimes. In der Türkei befindet sich das Hauptquartier der aufständischen „Freien Syrischen Armee“. Das Land hat zigtausende syrische Flüchtlinge aufgenommen. „Jeden Tag sterben in Syrien Kinder. Und die Welt hat darauf nicht reagiert“, donnerte Erdoğan. Der türkische Premier zeigte sich nicht nur über die Lage in Syrien besorgt. Er konstatierte auch einen „Anstieg von Rassismus in Europa“ sowie eine „Schmähung“ von Muslimen. „Muslime dürfen nicht beleidigt werden“, klagte Erdoğan. Islamophobie sei ein Verbrechen – ebenso wie Faschismus und Antisemitismus, sagte Erdoğan und verstieg sich dazu, im selben Atemzug auch noch den Zionismus zu nennen. Erdoğan war zuletzt immer wieder als massiver Kritiker Israels aufgetreten.

Der Emir von Katar, Scheich Hamad bin Khalifa al-Thani, wurde in seiner Israel-Kritik noch deutlicher: Der israelisch-palästinensische Konflikt gehe auf „Kolonialismus“ zurück, sagte er bei seinem Auftritt in der Hofburg. Die Versuche des syrischen Regimes, den Aufstand niederzuschlagen, bezeichnete er als „Genozid“. Katar gehört zu den wichtigsten Unterstützern der syrischen Rebellen. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon warnte vor „konfessioneller Gewalt“ in Syrien – angesichts des Mosaiks an Stämmen, Sprachen und Religionen. Präsident Assad und ein Teil seiner Führungsclique gehören zur religiösen Minderheit der Alawiten. Unter den Rebellen gibt es radikale sunnitische Gruppen, die den Kampf gegen Assad auch als Kampf gegen die „ungläubigen“ Alawiten ansehen .

Außenminister Michael Spindelegger, der neben Bundespräsident Heinz Fischer als Vertreter Österreichs an der Konferenz teilnahm, zeigte sich auf eine Journalistenfrage hin grundsätzlich bereit, Wien zum Austragungsort von Syrien-Verhandlungen zu machen. Das Problem sei aber, wie Syriens Opposition geeint werden könne. In seiner Rede forderte Spindelegger eine „Entpolitisierung“ des Themas Migration, das ebenfalls auf dem Kongress besprochen wurde. Es müssten die ökonomischen, sozialen und kulturellen Vorteile der Zuwanderung hervorgehoben werden.

Bei dem Kongress, an dem 1200 Personen teilnahmen, wurde auch der Vorsitz über die „Allianz der Zivilisationen“ von Portugals Ex-Präsidenten Jorgé Sampaio an den katarischen Diplomaten Nassir Abdulaziz al-Nasser übergeben.

Auf einen Blick

Die „Allianz der Zivilisationen“ ist eine Initiative des UN-Generalsekretärs, die 2005 ins Leben gerufen wurde. Sie entstand im Gefolge der Anschläge vom 11.September 2001 und des „Krieges gegen den Terror“ der US-Regierung. Die Initiative soll unter anderem für einen Dialog zwischen der sogenannten westlichen und der sogenannten islamischen Welt sorgen. Das „5. Globale Forum der Allianz der Zivilisationen“ findet bis heute, Donnerstag, in der Wiener Hofburg statt. Daran nehmen Vertreter aus etwa 130 Staaten teil, darunter zahlreiche Außenminister sowie Staats- und Regierungschefs.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2013)

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