Telekom-Aktienaffäre: Drei Schuldsprüche, ein Freispruch

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Die Ex-Telekom-Manager Stefano Colombo, Rudolf Fischer und Josef Trimmel wurden zu Haftstrafen verurteilt. Ex-Generaldirektor Heinz Sundt ging frei.

Wien. Dreieinhalb Jahre Haft für Ex-Telekom-Finanzvorstand Stefano Colombo (51); drei Jahre für Ex-Festnetz-Vorstand Rudolf Fischer (59) und drei Jahre teilbedingte Haft (zwei bedingt, eines unbedingt) für Ex-Prokurist Josef Trimmel (55). Mit diesen Strafen - verhängt wegen des Verbrechens der Untreue - endete am Mittwochnachmittag in Wien der erste Telekom-Prozess. Thema war die Aktien-Affäre aus dem Jahr 2004. Der frühere Telekom-Generaldirektor Heinz Sundt (65) wurde im Zweifel freigesprochen. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Bemerkenswert an dem Urteil: Die Manager müssen auch den Schaden in Höhe von knapp zehn Millionen Euro ersetzen. Auch dieser Zuspruch ist nicht rechtskräftig.

Das Verfahren gegen den mitangeklagten Börsenmakler Johann Wanovits (54) wurde wegen eines fehlenden Zeugen ausgeschieden. Der Fall Wanovits wird nun separat weiterverhandelt. Nächster Termin: 5. April.
Staatsanwalt Hannes Wandl hatte im Plädoyer erklärt, dass alle drei angeklagten Ex-Telekom-Vorstände - auch Sundt - in den „Tatplan" eingeweiht gewesen seien. Und: „Das war eine Vorstandsentscheidung." Sundt (Verteidigung: Martin Nemec) fuhr diese Linie: Er habe von einer „Manipulation" des Aktienkurses, wie dies die Anklage sieht, nichts mitbekommen. Daher: „Ich bin negativ berührt, wenn in dem Unternehmen, dem ich vorstehe, Aktivitäten passieren, von denen ich keine Kenntnis habe." Richter Michael Tolstiuk sah letztlich zu wenig Anhaltspunkte für einen Schuldspruch.

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Vor der Urteilsverkündung hatte Fischer Reue gezeigt. „Wir waren Teil eines bestimmten Systems. Das System war an und für sich falsch. Das sehe ich auch ein. Das tut mir leid. Das büße ich jetzt." Dramatischer Nachsatz: Das Ganze hat mein Leben zerstört."

Der Ex-Vorstand der Telekom Austria (TA) schilderte dem Senat die spezielle damalige (und wohl heute noch gültige) Situation der TA - Fischer war ab 1998 ein Jahrzehnt lang im TA-Vorstand gesessen: Die Telekom sei Regulierungen unterworfen gewesen. Sie habe innovativ sein müssen. Und sie habe dem Bund, also ihrem Miteigentümer und ihrem Kunden zugleich, immer alles recht machen müssen. Um in dieser unwirtlichen Umgebung bestehen zu können, habe man es mit Lobbying versucht. Dieses (heutzutage fast schon verpönte) Phänomen sei damals „notwendig" gewesen, „um Chancen wahrnehmen zu können." Und „um Schaden vom Unternehmen" fernzuhalten.

Als Haus- und Hoflobbyist der TA war Peter Hochegger aufgetreten (infolgedessen hatte Hochegger voriges Jahr weitere Auftritte - im Korruptions-U-Ausschuss). Er war auch zur Stelle gewesen, als Börsenmakler Wanovits entlohnt werden sollte. Wanovits hatte im Februar 2004 in Absprache mit Verantwortlichen der Telekom (Sundt will nie dabei gewesen sein) auf eigene Rechnung Telekom-Aktien gekauft. Aktien in so großer Stückzahl, dass der Kurs jene Schwelle (11,70 Euro pro Aktie) erreichte, die den Mitarbeiter-Aktien-Options-Plan schlagend werden ließ und die Ausschüttung von insgesamt etwa neun Millionen Euro an knapp hundert TA-Manager bewirkte.

Scheinrechnung, Scheinstudie

Da die Finanzmarktaufsicht misstrauisch wurde, suchte die Telekom einen Weg, Wanovits unter der Hand für seine Dienste zu bezahlen. Bei mindestens zwei „abenteuerlichen" (Zitat Richter) Bargeldübergaben wechselten insgesamt (laut Hochegger) zwischen 500.000 und 550.000 Euro die Besitzer. Das Geld floss über Hochegger, der es zuvor von der Telekom erhalten hatte. Es war Teil eines Millionenhonorars - offiziell für das Ausarbeiten einer von der TA in Auftrag gegebenen Studie. Dabei handelte es sich um eine Scheinstudie, der man mit einer Scheinrechnung einen akzeptablen Anstrich gab.

Als Überbringer des Geldes traten der sich um den Status eines Kronzeugen bemühende Ex-TA-Vorstand Gernot Schieszler und Ex-Prokurist Trimmel auf. Beide gaben an, - angeblich nach Ermunterung durch Wanovits - in den Geldsack gegriffen zu haben. Jeweils seien um die 15.000 Euro entnommen worden. Trimmel versprach gestern, auch diese Beträge zurückzuzahlen. Seine Prämie aus dem Aktionsplan, 112.350 Euro, hat er refundiert. Dies tat - quasi im letzten Augenblick - auch der von Staranwalt Rudolf Mayer vertretene Ex-TA-Vorstand Colombo: Er überwies seine 2004 erhaltene Prämie an die TA, 196.359,74 Euro.

Fischer hat zwar die damals erhaltene Nettoprämie, knapp 200.000 Euro, noch nicht zurückerstattet, wohl aber jene Summe, die er seinerzeit als Wanovits-Belohnung freigegeben hatte: 500.000 Euro. Sundt hat bisher seine Aktienprämie nicht zurückbezahlt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2013)

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