Asyl: Protest gegen "Polizeiwillkür" nach Verhaftung

Turbulenter Polizeieinsatz am Rooseveltplatz
Turbulenter Polizeieinsatz am Rooseveltplatz(c) APA/HERBERT P. OCZERET (HERBERT P. OCZERET)
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Die Aktivisten sehen eine gezielte Aktion. Das Inneministerium betont, dass Abschiebungen nach Pakistan prinzipiell sehr wohl möglich seien.

Die Festnahme eines der Votivkirchen-Flüchtlinge am Donnerstagabend in Wien sorgt weiter für Aufregung. Ein Sprecher des Flüchtlingscamps sprach am Freitag gegenüber von polizeilicher Willkür. "Die Amtshandlung war kein Zufall. Es stellt sich die Frage, ob die Fremdenpolizei hier nicht ein eigenes Süppchen kocht. Da wurde gestern ausgerechnet jener Mann aus einer Gruppe mehrerer Asylwerber gerissen, der noch vor kurzem mit der Polizei verhandelt hat und einer der Sprecher der Flüchtlinge war." Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) wies die Vorwürfe zurück.

Laut ihm sei der 33-jährige Pakistani im Park vor der Kirche im Rahmen einer fremdenrechtlichen Kontrolle von einem Zivilpolizisten zu Boden gerissen worden - "ohne ihn vorher überhaupt anzusprechen". Der Sprecher des "Refugee Camps" betonte, der Mann - gegen ihn liegt ein rechtskräftiger, negativer Asylbescheid vor - habe erst in der Vorwoche eine schwere Operation nach einem Schädel-Hirn-Trauma gehabt.

Über den Pakistani ist am Freitag die Schubhaft verhängt worden. Das bestätigten am Freitag Nadja Lorenz, die Wiener Anwältin des Mannes, sowie die Polizei.

Abschiebung möglich oder nicht?

"Wir haben ihm gestern noch die nötigen Medikamente bringen können und verhandeln jetzt um eine Freilassung." Er zeigte sich optimistisch, dass der Mann bald freikommt. "Er kann nur 48 Stunden festgehalten werden. Wir glauben nicht, dass er in Schubhaft genommen wird, schon aus gesundheitlichen Gründen nicht." Zumal gebe es mit Pakistan kein Rücknahmeübereinkommen, eine Abschiebung sei de facto nicht möglich.

Dem widerspricht das Innenministerium. Abschiebungen nach Pakistan seien im Rahmen eines seit 1. Dezember 2010 geltenden EU-Rückübernahmeabkommens sehr wohl möglich und hätten in der Vergangenheit auch stattgefunden. Es werde auch in Zukunft wieder Abschiebungen geben. Allerdings werde als Prämisse immer die freiwillige Heimreise angestrebt.

Laut Klaus Schwertner von der Caritas ist die Lage in der Kirche derzeit ruhig. "Aber die Verunsicherung ist groß, für viele ist unklar, wie es weiter geht." Aktuell seien keine Proteste geplant, man wolle aber auf der schon länger geplanten, für heute 15 Uhr angesagten Kundgebung vor der Kirche weiter beraten.

Mikl-Leitner: "Keine politisch motivierte Aktion"

Innenministerin Mikl-Leitner verteidigte am Freitag die Amtshandlung der Polizei und stellte eine politisch motivierte Aktion in Abrede: "Wir haben von der ersten Minute mit viel Fairness Gespräche geführt und gesagt, dass wir uns jedem Einzelschicksal widmen. Aber wir haben auch klar signalisiert, dass es keine strukturellen Änderungen im Asylwesen und kein Bleiberecht für alle geben wird." Zugleich warf sie den Unterstützern der Flüchtlinge in der Kirche "moralisches Unvermögen" vor. "Sie machen den Asylwerbern Hoffnungen, die nicht zu erfüllen sind."

Auch der Sprecher der Wiener Polizei, Roman Hahslinger, sprach von einer "routinemäßigen Kontrolle". Streifen der Fremdenpolizei habe es im Votiv-Park zuletzt mehrfach gegeben, weil dort zuletzt immer wieder Menschen ohne Aufenthaltsbewilligung aufgegriffen wurden. Insgesamt seien am Donnerstagabend neun Personen kontrolliert worden, neben der Festnahme des Pakistani habe es drei weitere Anzeigen gegeben.

Österreicherin griff Polizisten an

Hahslinger bestätigte, dass gegen eine 47-jährige Österreicherin Anzeige wegen tätlichen Angriffs und schwerer Körperverletzung erstattet wurde. Die Frau wollte offenbar die Festnahme des Pakistani verhindern und habe einen Beamten von hinten attackiert, seine Jacke zerrissen und ihn dabei leicht verletzt.

Im Zuge der Amtshandlung seien auch sieben bis acht Flüchtlinge ins benachbarte Uni-Gebäude gelaufen und schlossen sich dort in einem Büro ein. "Wir sind dann aber nach zwei Stunden abgezogen, ohne dass es zu einem Einsatz kam", so Hahslinger.

(APA)

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