Der Mann, der durch die Donau schwamm

Mann durch Donau schwamm
Mann durch Donau schwamm(c) AP (Regional Government of Ucayali)
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Der Slowene Martin Strel erzielte zwei Weltrekorde in der Donau. Er schwamm in 58 Tagen durch den gesamten Fluss.

Martin Strel erzählt von seinen Erlebnissen in den Gewässern dieser Welt, als ob man sich gemeinsam auf eine tollkühne Expedition vorbereiten würde: Im Amazonas gibt es diese heimtückischen kleinen Fische, Candirus, die beim Urinieren im Wasser in den menschlichen Körper eindringen und dort, nun ja, Schaden anrichten. „Also“, sagt Strel, „vorsichtig sein! Nicht urinieren!“ Als der Profi-Schwimmer im Jahr 2007 den gesamten Amazonas durchschwamm, habe er sich fast als Wissenschaftler bezeichnen können. Er habe genau gelernt, welcher Art von Krokodilen, Piranhas und Schlangen er unterwegs begegnen würde. Heute weiß er: Mit Krokodilen und Schlangen kann man durchaus gemeinsam schwimmen. „Aber nicht anfassen!“

Piranhas und andere tierische Schreckensgestalten begegneten dem 58-Jährigen auf der Donau, die er bereits vor dem Amazonas durchschwommen hatte, nicht (obwohl Enten, die gerade Junge bekommen haben, nicht unaggressiv sind mit ihrem Schnabel, warnt er). In der Donau stellte Strel auch zwei Weltrekorde auf: Die Strecke von der Quelle im Schwarzwald bis zur Mündung im Schwarzen Meer schaffte er in 58 Tagen. Ein Jahr später schwamm er in einem Abschnitt dieses Flusses über 84Stunden durch – ein Rekord im Nonstop-Schwimmen.

Seitdem hat Strel mit immer waghalsigeren Projekten von sich reden gemacht: Zwei Jahre nach der Donau schwamm er den Mississippi hinunter, dann den Río Paraná in Südamerika, den Jangtsekian, den mit über 6300 Kilometern längsten Fluss Chinas – und schließlich den Amazonas. Mit seinen Projekten, die vor allem in den betroffenen Ländern durchaus üppige Medienaufmerksamkeit erlangten, habe er er vor allem auf die heutige Umweltverschmutzung aufmerksam machen wollen, so Strel. In anderen Worten: Wir müssen uns um sauberes Trinkwasser (und Schwimmwasser) bemühen.


Wie ein Schiff. Die Idee, durch die Donau zu schwimmen, kam Strel kurz nach dem Jugoslawienkrieg. Er habe damit ein positives Signal setzen wollen, indem er als nunmehriger Slowene im Zeichen des Friedens durch andere Donauländer im ehemaligen Jugoslawien schwamm. Die Organisation war nicht einfach: Sponsoren finden, Genehmigungen holen, Visa beantragen, die drei Boote ausstatten, die ständig neben ihm mitfuhren (und wo er meistens auch übernachtete) – und natürlich auch frische Lebensmittel besorgen, denn unterwegs, so Strel, „sollten Sie nur frisch Zubereitetes essen!“ Die deutsche und österreichische Strecke sei zwar hübsch, aber nicht ungefährlich gewesen: Teilweise fließt die Donau sehr schnell, sie ist (zumindest bis Ungarn) sehr kalt, außerdem sind hier viele Strudel und noch mehr Schleusen vorhanden. An diesen Stellen wurde Strel übrigens wie ein Schiff „behandelt“: Er schwamm in die Schleuse, wartete, bis das Wasser sank, und schwamm auf der nunmehr tieferen Ebene weiter. Waren die Schleusen belegt, passierte Strel die Strecke schnell auf dem Landweg („Sie dürfen keine Zeit verlieren!“).

Zwischen Wien und Bratislava sei der Strom besonders schnell. Während seines Nonstop-Rekords ist der Schwimmer auf dieser Strecke mitten in der Nacht und im Regen mit einem Cargo-Schiff zusammengestoßen; er geriet unter das Schiff, verlor den Anschluss zu seinem Team und vor allem verlor er seine Kopflampe, die später von seinem Team gefunden wurde, was wiederum das Schlimmste befürchten ließ. Es sei aber alles gut ausgegangen, erzählt Strel, genauso bei der Piranha-Attacke im Amazonas (er zeigt seine lange Narbe zwischen den Schulterblättern) sowie beim Einschlag eines Blitzes auf eine Betonnung (Kennzeichnung von Schifffahrtswegen) im Mississippi, der just in dem Moment passierte, als er vorbeischwamm. Die Wucht des Einschlages habe ihn an Land katapultiert, ohnmächtig sei er geworden, weitergeschwommen ist er später trotzdem.

Mittlerweile will Strel die physischen und psychischen Strapazen solcher Projekte nicht mehr riskieren. Durch den Nil werde er zum Beispiel nicht schwimmen. Heute lebt der Slowene die meiste Zeit in den USA, dreht Dokumentarfilme und bietet Abenteuer-Schwimmtouren in aller Welt an (Strel Swimming). Mit sechs Jahren habe er sich das Schwimmen übrigens selbst beigebracht. Im Fluss.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2013)

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