Darabos freut sich schon auf die ÖVP

Norbert Darabos kommt dorthin, wo er schon immer sein wollte, und verlässt, was er nie verstand. Eine gute Nachricht für das Land, eine schlechte für die Koalition.

Im Nachhinein sagt man dann Strategie dazu: Dass die SPÖ ihre Personalrochade ausgerechnet dann durchzieht, wenn sich die mediale Aufmerksamkeit gerade auf die Freiheitlichen richtet, ist nur auf den ersten Blick verwunderlich. Damit versucht die SPÖ, sowohl potenzielle FPÖ-Konkurrenten rechts der Mitte, also etwa die ÖVP und Frank Stronach, nicht zu selbstsicher werden zu lassen. Oder es war ein groß angelegtes Ablenkungsmanöver: David Brenner tritt heute, Mittwoch, vor den Untersuchungsausschuss. Das sollte keiner merken – Details dazu auf Seite 16.

Aber die üblichen Strategiespielchen einmal beiseitegelassen: Dass Darabos das Verteidigungsressort abgibt, ist ein gutes Signal dafür, dass es Restbestände politischer Kultur in diesem Land gibt. Als Minister war der Burgenländer spätestens nach der verlorenen Abstimmung über die Abschaffung der Wehrpflicht untragbar. Schon zuvor war seine Überforderung in dem ungeliebten Amt in jeder Aussage, in jedem Auftritt spürbar. Dass er nicht einfach auf die Straße gesetzt wird, wie das seine Gegner vielleicht schadenfroh erhofften, ist mit Blick auf Werner Faymann (und alle anderen Parteichefs) verständlich: Wenn jeder Politiker, der für die Partei ein solches Ding der Unmöglichkeit übernimmt, nach der erwarteten Niederlage im Regen stehen gelassen wird, dürfte die Rekrutierung für den ungeliebten Politikerberuf noch schwieriger werden.

Nein, das ist kein Plädoyer für Versorgungsjobs, sondern für klare Verantwortung. Die liegt im Fall der Bundesheer-Nichtentscheidung und der Fehlbesetzung an der Spitze des Ressorts bei Faymann. Dass er den Alt-Bundesgeschäftsführer zurück in die Parteizentrale holt (und Günther Kräuter verabschiedet), zeugt vom Verbesserungspotenzial, das der SPÖ-Chef erkennt.

Tatsächlich gewann Darabos für Alfred Gusenbauer trotz Bawag-Debakels einst überraschend eine Nationalratswahl. In der ÖVP müssten eigentlich die sprichwörtlichen Alarmglocken läuten. Der damals erfolgreiche Wahlkampf hatte eine einzige Stoßrichtung: die Diffamierung des damaligen Bundeskanzlers und ÖVP-Chefs Wolfgang Schüssel. Mit Erfolg. Dass Norbert Darabos nach den persönlichen Angriffen des Koalitionspartners gegen seine Person rund um die Berufsheerdebatte zum Freund der ÖVP mutiert ist, darf bezweifelt werden.

Gerald Klug, der Neue im Amt, gilt auch nicht gerade als Militärexperte. Die Fraktionsführung im Bundesrat ist nicht unbedingt die Management-Feuertaufe, um ein Ministerium mit schwer verunsicherten Mitarbeitern zu übernehmen. Stattdessen hat die Zugehörigkeit zur Arbeiterkammer und der steirischen Landespartei in der parteiinternen Logik als wichtigste Kompetenz den Ausschlag gegeben. Aber dem Mann gebührt wie jedem anderen am Anfang eine Schonfrist, die praktischerweise quasi mit der Nationalratswahl endet.

Viele politische Beobachter haben auch mit einem Austausch von Claudia Schmied im Unterrichtsressort gerechnet. Aber noch einen Erfolg wollte die SPÖ ihrem Widersacher Erwin Pröll wohl nicht gönnen. Inhaltlich spräche viel dafür, nach der Wahl der ÖVP das Unterrichtsressort – und damit den Stillstand – zu überantworten: Mittels Beamtengewerkschaftsblockade führt es die Partei ohnehin. Im Abtausch könnte ein SPÖ-Wissenschaftsminister einer linken Hochschülerschaft vielleicht die Notwendigkeit von Studiengebühren erklären.

Apropos träumen: Die SPÖ-Rochade hat von einer wichtigen Aussage Erwin Prölls abgelenkt. Schon am Wahlabend hat der alte neue Landeshauptmann von Niederösterreich die Einführung eines Mehrheitswahlrechts gefordert. Das sei quasi die Lehre seiner Wahl: Die Wähler wollen klare Entscheidungen und Verhältnisse. Der Mann hat es zwar ohne Mehrheitswahlrecht geschafft, aber er hat recht: Nur dann wäre die ewige Perpetuierung der einst Großen Koalition (ab Herbst vielleicht mit grünem Staatssekretariat) zu verhindern. Nur dann würde es Veränderungen geben. Nur dann würde es echte Reformen geben können. Nur dann würde Personalpolitik nicht nur von koalitionsinternen Grabenkämpfen abhängen. Wenn Erwin Pröll dies durchsetzen könnte, verdiente er die innenpolitische Seligsprechung.

E-Mails an: rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2013)

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