Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt

Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.

Gesundheit: Kampf um das Apothekenmonopol

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Laut EU-Vorgabe muss auch Österreich ab 2014 den Versandhandel für rezeptfreie Medikamente erlauben. Doch die heimischen Apotheken bremsen.

Wien. Immer mehr ausländische Versandapotheken expandieren nach Österreich. Der Schweizer Konzern „Zur Rose“ hat durch die Kooperation mit der Drogeriekette DM die Zahl der Kunden in Österreich auf 100.000 verdoppelt. „Zur Rose“ verkauft über 500 hierzulande zugelassene Arzneimittel namhafter Hersteller mit Rabatten von bis zu 40 Prozent. Für Fragen zu den Produkten stehen Mitarbeiter am Telefon von Montag bis Samstag von 7 bis 23 Uhr und am Sonntag von 9 bis 22 Uhr zur Verfügung. Wegen des Apothekenmonopols müssen Kunden allerdings von Tschechien aus beliefert werden.

„Zur Rose“ ist kein Einzelfall. Im Vorjahr startete die niederländische Apotheke Venlo in Österreich den Handel mit rezeptfreien Medikamenten und Pflegeprodukten. Venlo behauptet, in ganz Europa über eine Million zufriedener Kunden zu haben. Auch hier können sich Kunden über eine telefonische Hotline beraten lassen. Der Versand der Produkte erfolgt im Regelfall innerhalb von ein bis zwei Werktagen.

 

Internethandel als Gefahr?

Vergangenen Herbst ist die Drogeriekette Bipa auf den Trend aufgesprungen. Über eine Kooperation mit der deutschen Versandapotheke Mycare kann man im Onlineshop von Bipa rezeptfreie Medikamente bestellen. Auch Bipa wirbt mit Preisvorteilen von bis zu 40 Prozent im Vergleich zu den niedergelassenen Apotheken.

Anstatt sich auf neue Herausforderungen einzustellen, bekämpft die Apothekerkammer die Konkurrenz aus dem Internet. Auf Pressekonferenzen wird betont, im Ausland bestellte rezeptfreie Medikamente, sogenannte OTC-Präparate, seien „brandgefährlich“. Werden die Arzneimittel falsch kombiniert, können schwerwiegende gesundheitliche Probleme auftreten. Daher dürfte in Österreich am Apothekenmonopol nicht gerüttelt werden.

Doch in der Europäischen Union laufen die Uhren anders. Die Behörden in Brüssel schreiben vor, dass ab 2014 auch in Österreich ein Versandhandel mit rezeptfreien Medikamenten erlaubt sein muss. Das Gesundheitsministerium arbeitet gerade an einer Verordnung, wie die EU-Vorgabe umzusetzen ist. Was macht nun der Österreichische Apothekerverband? Er ist von den EU-Regeln nicht begeistert und will daher mit „Click and Collect“ ein Internetsystem aufbauen, das den Versandhandel möglichst ausbremsen soll.

Laut Plänen des Apothekerverbands soll sich der Kunde künftig die Produkte im Internet ansehen, die Medikamente bei seiner Wunschapotheke bestellen und die reservierte Ware dort abholen können. Von den 1300 öffentlichen Apotheken sollen zunächst 400 mitmachen. Dann soll das System sukzessive erweitert werden. Ob die im Internet vorbestellten Medikamente billiger werden, ist unklar. Der Preis sei für den Kunden „nicht das Entscheidende“, sondern der Kunde wolle Seriosität und Beratung, sagte Christian Müller-Uri, Präsident des Apothekerverbands, der APA.

Dabei gibt es seit Jahren Kritik, dass in Österreich nicht rezeptpflichtige Medikamente viel zu teuer sind. Die Seniorenvertreter von SPÖ und ÖVP, Karl Blecha und Andreas Khol, fordern eine Aufweichung des Monopols. Nicht rezeptpflichtige Arzneien sollten auch von geprüften Drogerien verkauft werden dürfen. Das würde die Preise senken. In anderen europäischen Ländern ist das längst der Fall. Die Drogeriekette DM bietet in ihren ungarischen und kroatischen Filialen auch Medikamente an.

 

„Preisbildung den Marktkräften entzogen“

In einer Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) heißt es: „Eine Deregulierung der Spannen und ein weitgehender Wegfall der Apothekenpflicht für nicht rezeptpflichtige Medikamente könnte den Preiswettbewerb deutlich beleben.“ Durch eine durchgehende „Regulierung der Wertschöpfungskette, vom Fabrikabgabepreis über den Großhandelspreis bis zum Apothekerabgabepreis, ist die Preisbildung den Marktkräften entzogen“, kritisiert das Wifo. Bei einer Änderung seien „substanzielle Preissenkungen“ ohne Qualitätsverlust zu erwarten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2013)