Neue Wege durch die Ewige Stadt

Petersplatz
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Die ganze Welt blickt anlässlich der Wahl des Papstes nach Rom, Touristen pilgern in Scharen auf den Petersplatz, um dabei zu sein. Auf vier Reiseseiten berichten Rom-Insider über neue Szeneviertel, Hotels, Restaurants – vor allem aber über den Vatikan.

Alle Rom-Touristen zieht es zum Vatikan, vor dem Enklave, währenddessen und danach. Da trifft die abendländische Kultur sie mit geballter Wucht, und wer sich dem aussetzt, muss mit einschlägigen Symptomen rechnen: Reizüberflutung, Kulturkollaps, innere Leere. Trotzdem lockt einen hier, außer Petersplatz und Peterskirche, der Blick hinter die Fassaden des kleinsten Staates der Welt. Richtig, er ist von hohen Mauern abgegrenzt. Aber von der Kuppel der Peterskirche ist alles zu sehen, auch der runde Turm der berüchtigten Vatikanbank oder – vor den Vatikanischen Gärten – das barocke Bahnhofsgebäude, das längst zum Shoppingtempel für zoll- und steuerfreie Luxusgüter und überteuertes Designer-Outfit umfunktioniert wurde.
Klug ist es übrigens, die Kuppeltour früh am Tag anzugehen. Schon weil man sie mit einem Cappuccino-Frühstück in der einzigen öffentlich zugänglichen Bar des Vatikans unterbrechen kann, derjenigen auf der Dachterrasse des Petersdoms.

Der attraktivste Weg vom Vatikan ins Herz der Stadt führt über die kleine Tiberbrücke bei der Engelsburg, durch die von Antik-Juwelierläden gesäumte Via Coronari zur Piazza Navona. Die ist so etwas wie das große Wohnzimmer der Römer, die ja in Wirklichkeit alle im Freien oder bestenfalls in ihrer jeweiligen Stammbar wohnen, nach Hause gehen sie nur zum Schlafen.
Biegt man von der Via Coronari in die Via della Pace ab, erreicht man das Antico Caffè della Pace. Für Roms Lokalgrößen heißt's hier sehen und gesehen werden um jeden Preis – auch um den der nicht gerade billigen Café-Variationen, Aperitifs und Tramezzini. Von hier ist es, vorbei am frei tragenden Kuppelbau des Pantheon, nicht mehr weit zur Via del Corso, nach wie vor die römische Shopping- und Flaniermeile schlechthin. An ihr liegt auch die wegen ihrer Jugendstilarchitektur sehenswerte Galleria Alberto Sordi. Ansonsten gilt für sie wie für die ganze Via del Corso: Es macht echt Spaß, hier herumzuschlendern, aber das, was die unzähligen Filialen prominenter Designerlabels anbieten, können Sie im Zweifel auch daheim und dort meist günstiger erwerben.

Einmal im Leben über die Treppe


Exklusive römische Shoppingerlebnisse ermöglicht das Labyrinth der kleinen Gassen und Plätze seitlich der Via del Corso, womit wir aber nicht das ganz auf den Tourismus ausgerichtete Quartier zwischen den beiden nach dem Vatikan populärsten Sehenswürdigkeiten Roms meinen, dem Trevi-Brunnen und der Spanischen Treppe. Sicher, in den Brunnen muss man eine Münze geworfen haben und über die Treppe sollte man schon einmal gestiegen sein. Wirklich römisch geht's aber auf der anderen, westlichen Seite der Via del Corso zu. Zum Beispiel hinter der Piazza Colonna mit der antiken Trajanssäule, im Viertel rund um das Parlamentsgebäude des Palazzo Montecitorio. Dort, an der Piazza Campo Marzio, findet sich das Autre-Chose, das stilbewusste Römerinnen von Kopf bis Fuß mit angesagtem Outfit versorgt. Wer sich nicht hineintraut, kann ihnen dabei durch große Glasfenster zuschauen.

Vor allem lässt es sich in dieser Gegend ausgezeichnet essen: Die italienischen Abgeordneten, ob korrupt oder nicht, wissen schon, wo sie ihre Mittagspause am liebsten verbringen. Etwa im Da Gino (Vicolo Rosini, 4) bei Carciofi alla romana: Die gegrillten Artischocken sind ein römisches Must. Oder im Maccheroni (Piazza delle Coppelle, 44). Letzteres klingt schwer touristisch und ist doch ein Lieblingsgasthaus der Einheimischen, denen es weniger ums Ambiente – Holztische, weiße Papierdecken, basta – geht als eher darum, was auf den Tisch kommt: Abbacchio alla cacciatora, Lamm mit Knoblauch, Rosmarin und Anchovis, Ossobuco, Linguine all'amatriciana, kurz: das Beste der römischen Cucina Casalingha. Wörtlich heißt das Hausfrauenküche – muss irgendwie in den Zeiten vor der Erfindung von McDonald und Pizza-Services gewesen sein. Die es beide natürlich auch in Rom gibt. Eine der prominentesten Fleischlaberlfilialen, zugleich ein Treffpunkt der vagabundierenden Backpacker-Szene, findet man am Fuß der Spanischen Treppe.

Zum Dessert, oder wann immer sonst, empfiehlt sich ein Abstecher zum nahen Il gelato (Via Monte d'Oro): Der Eissalon wartet mit mehr als 100 Geschmacksvarianten auf, inklusive Gorgonzola- und Pfeffereis.
Rom wäre keine Weltstadt, besäße sie nicht auch außerhalb ihres historischen Zentrums eine Reihe hochattraktiver Viertel. Eines davon, das zwischen Forum Romanum und Kolosseum gelegene Rione Monti, präsentiert sich als klassischer Fall von Gentrifizierung: Das früher wenig attraktive Kleine-Leute-Quartier wird derzeit von Besserverdienern, Boutiquen und schicken Bars okkupiert. Ein paar alte Läden und Handwerker findet man noch um die wunderschöne Piazza della Madonna dei Monti. Das neue Monti lässt sich am besten bei Contesta Rock Hair (Via degli Zingari 10) bestaunen, einem Friseursalon mit angeschlossenem Modeshop, das Italiens Design-Avantgarde verkauft. Offroad-Labels und sexy Dessous gibt's in der Fashion-Fundgrube Paraphernalia (Via Leonina), die das Jungvolk zur Happy Hour mit Live-DJs lockt. Auch das hippe Nachtleben hat sich im Monti etabliert. Der OS-Club (Via delle Terme di Traiano 4) hat einen großen Garten, Restaurants, Discos, und, für ganz heiße Nächte, einen Pool.

Neben dem Rione Monti bleibt das alte Schlachthofviertel um den Monte Testaccio für römische Nachtschwärmer die Adresse Nummer eins. Hier finden sich neben Dutzenden anderer Discos das Joia (Via Galvani 20) mit seiner betanzbaren Dachterrasse und das Goa (Via Libetta 13): Dessen von Kerzen, Spiegeln, Weihrauch und Blumen geprägter Edel-Ethno-Look kontrastiert mit House- und Jungle-Klängen, die von Italiens besten DJs aufgelegt werden.
Die Entwicklung vom Kleine-Leute- zum Szene-Viertel hat das malerische Stadtquartier Trastevere längst hinter sich. Aber es lohnt immer noch, hier herumzuschlendern oder im Caffè di Marzio auf der Piazza di Santa Maria in Trastevere seinen Cappuccino zu nehmen. Ü-30-Nachtschwärmer treffen sich gern im benachbarten Big Mama (Via San Francesco di Ripa 18) bei Blues-, Jazz- oder Rock.

Tickets & Tipps

Vatikan-Stadt: Der kleinste Staat der Welt hat kaum einen halben Quadratkilometer Grundfläche – die Wiener City hat gewaltige drei Quadratkilometer – und nur 830 Einwohner.

Die Pforten in den Vatikan: Arco delle Campane, Glockenbogen, Porta Sant'Anna. Deutschsprachige Homepage: http://www.vatican.va/phome_ge.htm

Eine Vatican-Card, die alle möglichen Eintritte inkludiert, gibt es nicht. Die einzelnen Preise sind aber nicht so schlimm, problematisch sind die manchmal nötigen Voranmeldungen.

Eintritte ohne Anmeldungen Peterskuppel tägl. 8–18 Uhr (von Oktober bis März 8–16.45, 7 Euro).
Der Petersdom selbst ist frei
(7–19 h, Wintermonate bis 18 h).

Vatikanische Museen (Mo–Sa 9–18), 16 Euro. Mit bis zu zwei Stunden Wartezeit ist zu rechnen. Der letzte Sonntag im Monat ist gratis, aber praktisch sinnlos, einmal wegen des Massenandrangs, zum anderen wegen der zu knappen Zeit (9–14 h).

Mit Anmeldung
Die Vatikanischen Gärten sind nur geführt zu besuchen, für 31 Euro mit mindestens zweitägiger Voranmeldung auf www.museivaticani.va

Das Petrusgrab und die Vatikanische Nekropole erfordern Anmeldungsstress: Fax +39/06/698 730 17 oder E-Mail an scavi@fsp.va, mit bis zu zwei Monaten (!!) Vorlaufzeit muss gerechnet werden. Preis 13 Euro pro Person.

Schweizer Garde: gegründet von Julius II. im Jahr 1506. Der Gardist ist Schweizer Bürger, römisch-katholisch mit einwandfreiem Leumund, zwischen 19 und 30 Jahre alt, mindestens 174 cm groß, ledig und hat eine Lehre oder eine Mittelschule abgeschlossen. Er verdient 1400 Euro monatlich, verpflichtet sich zu mindestens zwei Jahren Dienst, und darf frühestens mit 25 Jahren heiraten.

Audienzen: jeden Mittwoch meist um 10.30 Uhr, je nach Wetter auf dem Petersplatz oder in der Audienzhalle Paolo VI. mit kostenloser Eintrittskarte, nur nach Anmeldung mindestens drei Woche im Voraus. www.pilgerzentrum.de/papstaudienz-und-angelus-gebet

Momentan bleibt die Audienzhalle (10) leer. Der emeritierte Papst hat sich auf den Landsitz Castel Gandolfo zurückgezogen, bis zum Abschluss der Bauarbeiten in seiner Seniorenresidenz, dem ehemaligen Kloster der Klausurschwestern in den Vatikanischen Gärten.

Buchtipp: „Die Geheimnisse des Vatikan“, Corrado Augias, Verlag C. H. Beck

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