Stoff zum Staunen bis in alle Ewigkeit

Vatikanische Museen
Vatikanische Museen(c) EPA (Vatican/Ho)
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Vatikanische Museen: Fassungslos vor Bewunderung und meist völlig erschöpft verlassen die Besucher eine der größten und wichtigsten Kunstsammlungen der Welt.

Julius II., Papst von 1503 bis 1513, war nicht zimperlich. Mit dem Schwert nahm der streitbare Gotteskrieger an vorderster Front an der Eroberung der Festung Mirandola in der Po-Ebene teil. Gleichzeitig aber war der Papst auch ein Mann des Glaubens und der größte Kunstmäzen seiner Zeit, des beginnenden 16. Jahrhunderts. Noch  heute stellt die Skulpturensammlung von Papst Julius II. das Herzstück der Vatikanischen Museen dar. Die Sixtinische Kapelle (Nr. 8 in der Grafik), mit deren bildhafter Ausgestaltung Julius II. Michelangelo Buonarotti beauftragt hat, ist bald wieder der stilvolle Schauplatz einer spannenden Papstwahl und seit Dienstag für Touristen bis auf Weiteres geschlossen.

Kulturell gesehen erwiesen sich die Päpste als Avantgardisten, sie förderten Ausnahmekünstler wie Michelangelo Buonarotti und öffneten schon früh, früher als viele europäische Regenten, im 18. Jahrhundert ihre Kunstsammlungen für die Allgemeinheit. Ein Must in den Vatikanischen Museen ist die Galleria delle Carte Geografiche – die Google Maps alla Vaticana. Vierzig Landkarten sind al fresco an die Wände und auf die gewölbte Decke gepinselt. Die Karten zeigen sämtliche Regionen Italiens und die früher riesigen päpstlichen Besitzungen, geordnet nach Meeresstränden, thyrrenisch, ligurisch, adriatisch.

Dass der Vatikan eine Männerdomäne ist, wird deutlich an Kunstwerken wie dem Pinienzapfen im Cortile della Pigna (5), einem vier Meter hohen phallischen Objekt aus Bronze. Im antiken Rom befand  sich der Zapfen am anderen Tiberufer, irgendwo in der Nähe des Pantheon. Im Mittelalter wanderte das hoch aufragende Teil in den Vorhof der alten Peterskirche. Seit dem Jahr 1604 ist der Zapfen am heutigen Standort zu bewundern.

Glatte Haut aus Marmor


Männliche Mobilitätsinsignien sind naturgemäß auch im Vatikan ein Thema: Sänften, Kutschen, Autos und die erste Lokomotive, die 1929 in den Vatikan einfuhr, sind im Padiglione delle Carrozze zu besichtigen. Dieser Teil der Vatikanischen Museen ist allerdings in den Papstgemächern des Lateran-Palastes (9) untergebracht. Ein weiteres absolutes Muss in den Vatikanischen Museen ist die Laokoongruppe: ein Mann mit seinen beiden Söhnen im Todeskampf – in Marmor gefasste reine Dramatik aus dem ersten Jahrhundert n. Chr.
Natürlich ist in dem ausufernden Kunstparcours der Päpste auch für das leibliche Wohl gesorgt, es gibt die typische italienische Bar, in der bei Espresso und Tramezzino der Marsch durch die zahlreichen Säle verdaut werden kann, und auch eine Art Mensa, damit bis zu sieben Stunden Museums-Rallye körperlich durchhaltbar sind.

Der Höhepunkt der Museen heißt Apollo von Belvedere. Glatte Haut aus Marmor, Riemchensandalen, bis über die Fußgelenke neckisch verschlungen, eine kunstvolle Lockenfrisur, die von attischen Frauenfiguren bekannt ist. Den Umhang (die Chlamys) mit dramatischem Faltenwurf hat der Apollo von Belvedere lässig über einen Arm drapiert. In seinem gestreckten Arm ist ein Bogen zu ergänzen, aus dem der Gott soeben einen Pfeil abgeschossen hat.

Der riesige Statuenhof des Belvedere (6) in den Vatikanischen Museen gab dem antiken Beau seinen Namen, seitdem er dort im Jahr 1511 auf Geheiß Julius II. einen Standplatz bis in die Ewigkeit gefunden hat. Der Kopf des Apollo von Belvedere diente Michelangelo als Vorbild für das Haupt des Weltenrichters Jesus Christus in der Sixtina (. Für den Erfinder der Archäologie, J. J. Winckelmann, war die Skulptur „das höchste Ideal der Kunst unter allen Werken des Altertums“. Goethe textete brieflich angesichts der wunderschönen Statue frustriert an Herder: „Apollo von Belvedere, warum zeigst du dich in deiner Nacktheit, dass wir uns der unsrigen schämen müssen?“

Die Vatikanischen Museen sind jedenfalls Orte der Kontemplation über alle Aspekte des Lebens, überhöht durch Kunst. Nur das Schlangestehen am Eingang sollte man sich sparen – und zuvor online das Ticket besorgen.

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