Acht Tote bei Brand: Türkei hält Anschlag für möglich

Bei dem Brand in Backnang kamen acht Menschen ums Leben.
Bei dem Brand in Backnang kamen acht Menschen ums Leben.(c) REUTERS
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Ein technischer Defekt ist laut Polizei die wahrscheinlichste Ursache für den Brand bei Stuttgart. Der türkische Präsident zieht "alle Möglichkeiten in Betracht".

Die Ermittler haben eine groß angelegte Untersuchung des verheerenden Feuers mit acht Toten in Backnang nahe Stuttgart begonnen. "Wir sind mit großem Aufgebot dabei", sagte Polizeisprecher Klaus Hinderer am Montag. Unter anderem werde untersucht, ob marode Stromleitungen das Feuer in der Wohnung ausgelöst haben könnten.

Der Mieter, der vor der türkischstämmigen Familie in der Wohnung wohnte, hatte am Brandort von Problemen mit der Elektrik berichtet. Auch ein Holzofen kommt nach bisherigen Erkenntnissen der Polizei als Ursache infrage. Brandstiftung wurde bisher ausgeschlossen.  "Ein technischer Defekt im Gebäude ist am wahrscheinlichsten", sagte der leitende Kriminaldirektor Ralf Michelfelder am Montag in Backnang.

Gül fordert vollständige Aufklärung

Der türkische Staatspräsident Abdullah Gül forderte eine vollständige Aufklärung. Angesichts rechtsextremistischer Anschläge in Deutschland in der Vergangenheit hält die Türkei auch einen politischen Hintergrund für möglich. Wegen fremdenfeindlicher Brandanschläge in der Bundesrepublik in den vergangenen Jahren "ziehen wir alle Möglichkeiten in Betracht", sagte Gül nach türkischen Medienberichten vom Montag.

Auch das türkische Außenamt erklärte, Ankara erwarte von den deutschen Behörden, dass sie "ernsthaft" in alle Richtungen ermittelten. Das gelte auch nach ersten Angaben der deutschen Polizei, wonach es in Backnang keine Hinweise auf einen Anschlag gebe. In der türkischen Presse wurde am Montag sowohl über einen Anschlag als auch über einen Unfall als Auslöser des Feuers spekuliert.

Bei rechtsextremen Anschlägen auf von Türken bewohnte Häuser in Mölln und Solingen waren 1992 und 1993 insgesamt acht Menschen getötet worden. Auch nach der Brandkatastrophe von Ludwigshafen, bei der im Jahr 2008 neun Türken starben, wurden in der Türkei Vorwürfe laut, das Feuer sei von Neonazis gelegt worden. Die Mordserie der rechtsextremen Terrorzelle NSU, der acht türkischstämmige und ein griechischstämmiger Bürger sowie eine Polizistin zum Opfer gefallen waren, hatte in der Türkei die Sorge um fremdenfeindliche Tendenzen in Deutschland weiter verstärkt.

Ermittlungen fortgesetzt

Die Polizei wollte am Montag auch Augenzeugen des Feuers vernehmen, bei dem eine 40-jährige Mutter und sieben ihrer zehn Kinder ums Leben gekommen waren. Sonntagfrüh hatten auch Privatleute bei der Bekämpfung des Brandes geholfen. Der Betreiber eines benachbarten Lokals rettete drei Mitglieder der Großfamilie.

Die Überlebenden - Mutter, Bruder und der elfjährige Sohn der verstorbenen 40-Jährigen - seien noch in psychologischer Behandlung in der Klinik, hieß es. Auch der getrennt von der Familie lebende Vater wird nach dem Verlust seiner früheren Partnerin und von sieben Kindern betreut. Die Leichen der Mutter und der Kinder werden an diesem Montag obduziert. Sie sind vermutlich im Schlaf erstickt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat unterdessen bestürzt auf das Unglück reagiert. Die Kanzlerin sei zutiefst erschüttert, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter am Montag in Berlin. Mit Blick auf skeptische Äußerungen aus der Türkei zur deutschen Ermittlungsarbeit betonte Streiter: "Die Bundeskanzlerin hat keinen Zweifel, dass die zuständigen Stellen nicht ruhen werden, bis die Brandursache aufgeklärt ist."

(APA/AFP/dpa)

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