Nur Sat1 wollte Karl-Theodor zu Guttenbergs Abziehbild haben

(c) SAT1/Hardy Brackmann
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Die Politsatire "Der Minister" über den Aufstieg und Fall eines Adeligen zum Verteidigungsminister bleibt sehr nah an der Realität. Schon allein Katharina Thalbach als Kanzlerin Murkel ist ein Fernsehfest. Heute im Hauptabend.

Karl-Theodor zu Guttenberg ist nicht zur Filmpremiere nach Berlin gekommen. Doch Produzent Nico Hofmann wollte daraus kein Drama machen. Er glaube dem im März 2011 zurückgetretenen Ex-Minister, dass er am selben Abend einen anderen Termin hatte, sagte er der „Welt“. Eine beschwichtigende Geste, die unterstreicht, worum es dem Team bei ihrer TV-Satire ging: Nur niemanden böswillig denunzieren, sondern eine reale Geschichte zwar mit fiktiven Figuren, aber penibel nacherzählen. Schließlich liefert die Realität genug Komik, da muss (fast) nichts mehr hinzugefügt werden.

„Der Minister“ heißt also nicht Guttenberg, sondern Franz Ferdinand von und zu Donnersberg (Kai Schumann). Und als er der Kanzlerin Angela Murkel (Katharina Thalbach) bei einem Empfang seine Ehefrau (Alexandra Neldel) umständlich mit all ihren Adelstiteln vorstellt, sagt die Staatschefin im veilchenfarbenen Kostüm ungerührt: „Reizend, so viele Titel. Ich habe leider nur einen Doktor.“ Der selbstsichere Chefredakteur der größten Boulevardzeitung des Landes "Blitz-Kurier" steht daneben und klugscheißt: „Ja, Herr Freiherr, ihre Chefin findet nur akademische Titel sexy.“ Also muss ein Doktor her. Dabei behilflich ist dem aufstrebenden Minister Max Drexel, sein bester Freund, Spindoktor, Berater und Ghostwriter in einem.

Fiktiv sind hier nur die Namen

Hallo Anspielung!, so tönt es in jeder Szene. Die Protagonisten sind perfekte Abziehbilder ihrer realen Vorbilder: der Chefredakteur (wie Kai Diekmann), der Ehemann der Kanzlerin (Joachim Sauer), die Verlegerwitwe (Friede Springer), ja sogar der mächtige CSU-Mann in Bayern (Horst Seehofer), der beim Telefonat mit der Kanzlerin vor seiner Modelleisenbahn sitzt. Vielleicht wollte den Film deshalb kein anderer Sender als Sat1.

Während Kai Schumann als Minister mit runder Nickelbrille, Gelfrisur und wiegendem Schritt (auch den hat er von Guttenberg abgeschaut) nicht viel Spielraum für Entwicklung hat, beweist Katharina Thalbach, nach ihrer Darstellung von König Friedrich II. im Vorjahr, ein weiteres Mal ihr Gespür für die Mächtigen. Sie gibt die Kanzlerin genauso ernsthaft und zurückhaltend wie die reale, fügt ihr aber scharfen Zynismus bei, den man an Angela Merkel zwar nicht kennt, der aber gut zu ihr passen würde. Am Küchentisch mit ihrem Mann bespricht Murkel den Umbau des Kabinetts und warum sie Baron Donni vom Wirtschafts- zum Verteidigungsminister machen will: „Das ist ein politischer Friedhof: Es gibt Dinge, von denen wollen die Menschen nicht wissen, wie sie gemacht werden: Gesetze, Kriege – und Wurst.“ In der Realität war Minister Guttenberg bei seinem Wechsel ins Verteidigungsministerium im Oktober 2009 schon einer der beliebtesten Politiker des Landes. Dank der Medien. Gerade die Springer-Blätter „Bild“ und „Welt“ schrieben Hymnen auf „den promovierten Adligen mit einer ebenso adligen, attraktiven Frau“. Die Geschichte vom Aufstieg und Fall des Politikers ist also auch eine über die Manipulationsmacht der Medien. Als Baron Donni zu Beginn seiner Karriere („Ich spiele mit dem Gedanken, ein Zoon politikon zu werden“) einsichtig sagt: „Ich fürchte, es könnte hinderlich sein, dass ich eigentlich keine politische Vision habe“, redet ihm sein Freund noch zu: „Umso besser. Du bist nach allen Seiten offen.“ Die Medien bemerken den Schwindel erst, als er unübersehbar ist.

Apropos Medien: Die deutschen Blätter haben den Film vorab ungewöhnlich hymnisch gelobt. Er sei dank dem zitatenreichen Drehbuch und wenig Geschmacklosigkeiten so lustig wie sonst nur britische oder amerikanische Produktionen. Vielleicht ein Indiz, dass die Medienbranche noch viel zu sanft weggekommen ist.

Dienstag, 12. März, um 20:15 Uhr auf Sat1, danach zeigt der Sender die Doku "Abgeschrieben - Die Guttenberg-Story", ab 22.20 Uhr

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2013)

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