Der verstorbene BBC-Moderator soll hunderte Kinder und Jugendliche missbraucht haben. Die Polizei hatte bereits 1964 Beweise für den Missbrauch.
Im Missbrauchsskandal um den einstigen BBC-Starmoderator Jimmy Savile hat die britische Polizei laut einer unabhängigen Untersuchungskommission komplett versagt. Die Polizei habe schon vor knapp 50 Jahren erste Hinweise erhalten, heißt es in dem am Dienstag vorgestellten Bericht der unabhängigen Aufsichtsbehörde für die Ordnungskräfte des Königreiches. Die Beamten hätten 1964 aber Beweise ignoriert und seien auch später neuen Vorwürfen gegen Savile nicht nachgegangen.
214 Straftaten- darunter 30 Vergewaltigungen
Der internen Untersuchung zufolge gibt es in den britischen Polizeiarchiven fünf Anzeigen und zwei mutmaßliche Beweismittel gegen Savile. Einem Untersuchungsbericht der Polizei zufolge hat der 2011 gestorbene Savile mindestens 214 Straftaten begangen - darunter mehr als 30 Vergewaltigungen.
Tatorte waren zum Teil das Gelände der BBC, aber auch Krankenhäuser und sogar Heime für psychisch Kranke und Hospize. Ein Fall hat sich dem Report zufolge in einer Anstalt für psychisch kranke Straftäter abgespielt. Die jüngsten Opfer sind nach Angaben der Polizei acht Jahre alt gewesen.
450 potentielle Opfer
Insgesamt hatten sich 450 Menschen bei der Polizei gemeldet, die Savile missbraucht haben soll. Nicht alle wurden von der Polizei vernommen. In fast drei Viertel der Fälle waren die Opfer zum Tatzeitpunkt noch Jugendliche. In den meisten Fällen habe Savile eine Situation ausgenutzt, erklärte die Polizei. In einigen Fällen habe es aber auch "Planungen" gegeben. "Saviles Profil als Täter ist riesig, opportunistisch und ausbeuterisch", heißt es in dem Bericht. Er habe sich seine Prominenz für seine Taten zunutze gemacht.
Der Moderator ist 2011 gestorben und kann nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden. Die Polizei untersucht Vorwürfe von 150 weiteren potenziellen Opfern auch gegen andere Tatverdächtige - teils aus dem Umfeld Saviles. Mindestens neun Männer waren bereits unter dem Vorwurf sexueller Straftaten vorläufig festgenommen, dann aber gegen Kaution wieder freigelassen worden. Darunter der ehemalige Pop-Star Gary Glitter, der Comedien Freddie Starr, der BBC-Moderator Stuart Hall und der Publizist Max Clifford.
Affäre lange Zeit verschwiegen
Die Affäre war von der BBC lange Zeit verschwiegen und erst am 4. Oktober vergangenen Jahres vom Konkurrenzsender ITV in einer Dokumentation ans Licht gebracht worden. Als dies bekannt wurde, musste der damalige BBC-Generaldirektor George Entwistle gehen. Die Affäre erschütterte die BBC bis ins Mark. Die Sendeanstalt bangt um ihren bis jetzt ausgezeichneten Ruf. Es soll untersucht werden, wie eine der bekannteste Fernsehfiguren des Landes so lange unerkannt - oder gar von Kollegen gedeckt - sein Unwesen treiben konnte. "Er hat ein Doppelleben geführt", sagte Ermittler Spindler.
(APA/AFP)