Go West! Voestalpine landet in Texas

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Billige Energie, billige Arbeiter: Der US-Bundesstaat Texas lockt die Voestalpine über den Atlantik. Das Unternehmen baut um 550 Millionen Euro ein neues Werk in den USA.

Linz/Auer. Es ist die größte Investition, die der Linzer Konzern jemals außerhalb der österreichischen Grenzen getätigt hat. Rund eine halbe Milliarde Euro (genau 550 Millionen Euro) nimmt der Stahlkocher in die Hand, um ein neues Werk bei Corpus Christi im US-Bundesstaat Texas zu bauen. Bis zuletzt war auch ein Standort in Kanada im Gespräch.

Das Paradoxe an der Geschichte: Die Voestalpine stellt in Texas nicht etwa ein Stahlwerk in die grüne Wiese, um die lokale Automobilindustrie zu beliefern. Das heimische Unternehmen will dort Ersatzrohstoffe erzeugen, um die Produktion in Österreich konkurrenzfähig zu halten. Ab 2016 sollen im neuen Werk in den USA zwei Millionen Tonnen heiß brikettierte Eisenstücke („Eisenschwamm“) erzeugt und danach als Ersatz für teureres Eisenerz nach Linz und Donawitz verschifft werden. Der günstige Ersatzrohstoff soll die Produktionskosten in Österreich um etwa 15Prozent drücken, sagt ein Konzernsprecher.

„Mit offenen Armen empfangen“

Dass sich das trotz des langen Transportwegs ausgeht, hat einen einfachen Grund: Die USA im Allgemeinen und Texas im Speziellen setzen voll auf die Re-Industrialisierung des Landes und bieten der Voestalpine so günstige Konditionen, dass Europa nicht mithalten kann.

Den augenscheinlichsten Unterschied gibt es beim Energiepreis. Während Europa zögert, verfolgt Amerika seit Jahrzehnten konsequent den Abbau von unkonventionellem Erdöl und Erdgas aus Schiefergestein. Die Folge des Schiefergas-Booms: Erdgas kostet in den USA gerade einmal ein Viertel so viel wie in Europa.

Aber die niedrigen Energiepreise haben nur den letzten Anstoß zum Gang raus aus Europa in die USA gegeben, bestätigt der Konzern. Ebenso wichtig waren der direkte Meerzugang und nicht zuletzt, dass man in Texas „mit offenen Armen empfangen wurde“. Voestalpine-Chef Wolfgang Eder münzt das für die „Presse“ in konkrete Zahlen um: „Industriegrundstücke kosten in der EU 100 bis 200 Euro pro Quadratmeter, in den USA zehn Euro. Ein Facharbeiter kostet in Oberösterreich 49.000 Euro pro Jahr, im Süden der USA 37.000 Euro. Die Umweltstandards sind in den USA wie in Europa, nur CO2 ausgenommen. Da geht man einen anderen Weg.“ In der Europäischen Union hätte sich eine derartige Anlage für die Voestalpine nicht gerechnet.

Neuer Kartellverdacht

In Europa leidet der Stahlsektor an massiven Überkapazitäten. Und die großen Unternehmen zudem an wiederholten Kartellvorwürfen. Zuletzt gab es Ende Februar Hausdurchsuchungen bei Thyssen Krupp und Voestalpine wegen mutmaßlicher Absprachen im Automobilsektor („Die Presse“ berichtete). Das Linzer Unternehmen hat den Behörden hier volle Kooperation zugesichert, rätselt aber noch über den Vorfall: „Wir wissen nicht einmal, ob es überhaupt ein Kartell gegeben hat, geschweige denn, ob wir Beschuldigte sind“, sagt ein Voestalpine-Sprecher. Die internen Ermittlungen hätten noch keine Hinweise geliefert.

Für das laufende Geschäftsjahr 2012/13 erwartet der Linzer Konzern ein Betriebsergebnis von 800 Mio. Euro. Eder geht auch von einer Vollauslastung der Werke aus, obwohl er einen globalen Aufschwung in der Stahlbranche erst in der zweiten Jahreshälfte erwartet. Am Mittwoch sank der Kurs der Voestalpine-Aktien um gut 2,5 Prozent. 14 von 24 Analysten raten zum „Kauf“ des Papiers, zehn zum „Halten“, keiner zum „Verkauf“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.03.2013)

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