Nationalratswahl: Und wieder versuchen es die Liberalen

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Am Samstag stimmen die Neos über die Kooperation mit dem LIF ab. Die JuLis sind schon mit dabei. Eine Spurensuche im liberalen Lager.

Wien. Mit „Tupperpartys“ ins Parlament? Neos-Sympathisanten veranstalten derzeit in ganz Österreich solche politischen Salons bei sich zu Hause. Die Neos-Kandidaten stellen dort ihr Programm vor und diskutieren mit den Gästen – im besten Fall sind Opinion Leader darunter, die die Botschaft auch weitertransportieren. „Wir holen die Politik in die Wohnzimmer zurück“, sagt JuLis-Chef Nikolaus Scherak. Die JuLis sind bereits im Oktober ein Wahlbündnis mit den Neos eingegangen. Heute, Samstag, folgt das Liberale Forum. Die Neos stimmen über den Kooperationsvertrag mit dem LIF ab.

Somit rückt das liberale Lager wieder näher zusammen. Unter dem Dach der Neos, die von den ehemaligen ÖVP-Mitstreitern Matthias Strolz – er war beim Wirtschaftsbund – und Beate Meinl-Reisinger – sie arbeitete für Christine Marek und Othmar Karas – angeführt werden. Die JuLis sind als Jugendorganisation aus dem LIF hervorgegangen. LIF-Chefin Angelika Mlinar wird nun auf Platz zwei der Neos-Liste kandidieren.

„Ich unterstütze das“, sagt LIF-Gründerin Heide Schmidt. Die Chancen, in den Nationalrat einzuziehen, würden dadurch erhöht. Auch wenn es bei gewissen Themen verschiedene Zugänge gebe, sei ein „tragfähiger Nenner“ gefunden: die Eigenverantwortung.

Was sind – neben dieser gemeinsamen Klammer – nun also die Unterschiede? Eine Spurensuche im (bisher) zersplitterten liberalen Lager Österreichs:

Die Neos. Programmatisch sind die Neos eine leicht konservativere Spielart ihrer neuen Bündnispartner. Unumstritten sind die wichtigsten Wahlkampfthemen: Schulautonomie, Schuldenabbau, personenbezogenes Wahlrecht, Steuerhoheit für die Länder (oder deren Abschaffung), Reduzierung der Parteienförderung um 75 Prozent und ein „Bürgergeld“ statt aller bisherigen Sozialleistungen. Finanziert werden die Neos aus Spenden. Inwieweit der Industrielle Hans-Peter Haselsteiner finanziell unter die Arme greift, ist noch ungewiss. Dem Vernehmen nach will der langjährige LIF-Sponsor erst abwarten, wie das Projekt so läuft.

Die JuLis. Sie sind wirtschaftsliberaler als ihre ehemalige Mutterpartei LIF. Gesellschaftspolitisch sind die JuLis – etwa bei der Frage der Gleichstellung Homosexueller – eindeutig liberal, bei den Neos hingegen ist die genaue Haltung noch nicht geklärt. Ähnliches gilt für die Drogenpolitik. Beim Steuersystem sind die JuLis für eine Flat Tax, im Programm der Neos findet sich das nicht.

Das LIF. Die gesellschaftspolitischen Positionen decken sich mit jenen der JuLis. Und während etwa die Neos nur von einer Zusammenlegung aller Krankenkassen sprechen, ist das LIF dezidiert für eine Versicherungspflicht statt einer Pflichtversicherung.

Das BZÖ. Auch mit dem BZÖ haben die JuLis und das LIF in der Vergangenheit Gespräche über eine allfällige Kooperation geführt. Doch daraus wurde – trotz Sympathien für die Person Josef Bucher – nichts, da sich das BZÖ nie so wirklich vom Haider-Erbe lösen konnte. Dem LIF war das seinerzeit glaubwürdig gelungen. Das BZÖ steht heute weniger für eine Politik à la FDP, an der sich die anderen liberalen Parteien orientieren – die JuLis haben ihren Namen sogar von deren Jugendorganisation –, sondern erinnert eher an die Schweizer SVP: wirtschaftsfreundlich zwar, vor allem auf Klein- und Mittelbetriebe fokussiert, aber schon auch dem Rechtspopulismus nicht ganz abgeneigt.

Das Team Stronach. Ähnliches gilt für das Team Stronach – was sich nicht zuletzt an den personellen Überschneidungen zeigt. Erst am gestrigen Freitag wechselte mit Martina Schenk erneut eine BZÖ-Nationalratsabgeordnete zum Team Stronach.

Mit Frank Stronach haben sich übrigens auch JuLis-Chef Scherak und die JuLis-Spitzenkandidatin für die ÖH-Wahl, Claudia Gamon, zum Essen getroffen. Sie durften sich – wie kaum anders zu erwarten – an einem Monolog des Polit-Patriarchen erfreuen. An eine Wiederholung ist nicht gedacht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.03.2013)

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