Wien: Aushöhlung von Mitsprache?

(c) Clemens Fabry
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Das neue Wiener Petitionsrecht sollte gleich bei der ersten Sitzung des zuständigen Ausschusses verwässert werden.

Wien. Die rot-grüne Vorfreude war groß: „Der neue Wiener Petitionsausschuss wird bürgernah, offen und ein klares Bekenntnis zur BürgerInnenbeteiligung“, hieß es Mittwochvormittag in einer gemeinsamen Aussendung des SPÖ- und des Grünen-Klubs anlässlich der Konstituierung des neuen Ausschusses. Was die Koalitionsvertreter dabei aber nicht erwähnten, war ein Beschlussantrag, den sie einbringen wollten – und der die gesamte Idee des Petitionsrechtes gleich in der ersten Sitzung ad absurdum geführt hätte: Eingebrachte Petitionen, die schon Gegenstand eines rechtlichen beziehungsweise behördlichen Verfahrens sind, sollten vom Ausschuss gar nicht behandelt, sondern gleich an die entsprechende Fachstelle weitergeleitet werden.

Im Klartext würde das bedeuten, dass zahlreiche Anliegen von Bürgern im Petitionsausschuss gar nicht behandelt würden, weil gerade ein Widmungsverfahren läuft oder eine andere behördliche Maßnahme gesetzt wurde.

Für die Opposition war dies Anlass für heftige Reaktionen: „Der Ausschuss wird durch diesen Zusatz entmannt, wenn ich es so salopp sagen kann“, meinte ÖVP-Chef Manfred Juraczka. Und FPÖ-Klubchef Gudenus sieht darin einen Beweis dafür, dass die Rathausregierung Angst vor dem Bürger habe. Die ÖVP äußerte zusätzlich auch noch rechtliche Bedenken. Das Petitionsrecht wurde im Jänner per Landesgesetz beschlossen, dies könne man nicht einfach durch einen Beschlussantrag wieder aushebeln.

Das waren Argumente, die schließlich doch noch akzeptiert wurden. Denn in der ersten Ausschuss-Sitzung am Mittwochnachmittag wurde von den Vertretern der rot-grünen Koalition zwar zuerst noch ein abgeänderter Antrag vorgebracht, der Antrag schließlich aber ganz zurückgezogen. Als Alternative wird nun eine Arbeitsgruppe gegründet, die „die genauen Spielregeln des Ausschusses“ erarbeiten wird – und die gleich nach Ostern tagen soll.

Missverständnis

Im SPÖ-Klub hieß es, man habe mit dem Entschließungsantrag nur effizienter werden wollen, dies sei aber missverstanden worden. Das Petitionsrecht haben grundsätzlich alle in Wien hauptgemeldeten Bürger. Um eine Petition einbringen zu können, sind 500 Unterschriften nötig. Der Ausschuss muss sich die Anliegen anhören, kann den Einbringer zu einer Stellungnahme bitten, muss sie aber nicht behandeln.

Anlässlich der konstituierenden Sitzung wurde eine von der VP organisierte Petition zur Umgestaltung der Mariahilfer Straße zur Fußgängerzone eingereicht. Mehr als 4000 Menschen haben die Forderung unterschrieben, dass „die Bürger des sechsten und siebten Bezirkes zur Zukunft der Mariahilfer Straße befragt werden“ sollen.

Schon vor einigen Wochen hat eine Initiative „In der Wiesen“ (bei Alt Erlaa) eine Petition eingereicht. Wann diese beiden und weitere in Planung befindlichen Petitionen im Ausschuss behandelt werden, ist noch offen; ein weiterer Ausschusstermin wurde nicht fixiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.03.2013)

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