Austro-Islamist: Gestoppt auf dem Weg zum Jihad

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Mohamed Mahmoud wollte in Syrien kämpfen. Doch türkische Ermittler nahmen den 27-jährigen Österreicher fest.

Wien. Der Zug in den Heiligen Krieg ist für Mohamed Mahmoud gestoppt. Ausgebremst wurde der Austro-Islamist dabei von türkischen Ermittlern, die ihn in der Stadt Hatay, nahe der syrischen Grenze, festgenommen haben. Der 27-jährige gebürtige Wiener dürfte dort versucht haben, Anschluss an islamistische Kampfgruppen in Syrien zu finden.

Die Festnahme markiert den vorläufigen Endpunkt einer Jihadisten-Karriere, die in Wien ihren Anfang genommen hat. Hier hatte der Sohn ägyptischer Einwanderer Gefallen an einer radikalen Auslegung des Islam gefunden und 2006 mit Aufrufen zum Wahlboykott erstmals den Verfassungsschutz auf sich aufmerksam gemacht. 2007 wurde er schließlich als mutmaßlicher Drahtzieher von Drohvideos gegen Österreich und Deutschland festgenommen - und wegen Bildung und Förderung einer terroristischen Vereinigung zu vier Jahren Haft verurteilt. Bald nach Absitzen der vollen Strafe ging er nach Deutschland, gründete die extremistische Bewegung Millatu Ibrahim und rief zum Heiligen Krieg gegen „die Ungläubigen" auf. Als ihm die Ausweisung drohte, setzte er sich nach Ägypten ab.

Dort vermutete man ihn weiterhin - doch dürfte er seinen Handlungsradius ausgeweitet haben. Denn bei seiner Festnahme in der Türkei hatte er einen offenbar gefälschten libyschen Pass bei sich. Solche Reisedokumente waren zuletzt beliebt unter Jihadisten, die aufseiten extremistischer Rebellen im syrischen Bürgerkrieg kämpfen wollten.

Kontakt zu Terrornetzwerken

Ermittler und Nachrichtendienste gehen nach Informationen der „Presse" derzeit zwei Spuren nach: Demnach könnte sich Mahmoud erstens mit dem Umfeld von Abdelhakim Belhadj eingelassen haben. Der „Emir" der libyschen Hauptstadt Tripolis soll schon vor Monaten Kämpfer nach Syrien entsandt haben. Zweitens erscheint Insidern jedoch auch plausibel, dass Mahmoud in Kontakt mit Jabhat al-Nusra stand, der wohl radikalsten Rebellengruppe in Syrien. Dieser Formation wird ein enges Verhältnis zum Terrornetzwerk al-Qaida nachgesagt. Osama bin Ladens Nachfolger wollen nach Ansicht westlicher Geheimdienste in Syrien Ausbildungslager für Terroristen aufbauen, so wie früher in Afghanistan. Es soll zuletzt auch einen regen Reiseverkehr von Jihadisten aus Europa gegeben haben. Die Gefahr wird so groß eingeschätzt, dass die USA, wie zuletzt die „LA Times" berichtete, Drohnenangriffe auf radikale Islamisten in Syrien erwägen.

Was nun mit Mahmoud geschehen soll, war am Donnerstagnachmittag noch unklar. Grundsätzlich besteht ein Auslieferungsabkommen mit der Türkei. Doch bei der Staatsanwaltschaft Wien wartete man noch auf Unterlagen zum Fall - und auf die Klärung, ob es sich bei der festgenommenen Person auch wirklich um Mohamed Mahmoud handelt. Erst dann wird entschieden, ob man Anklage erheben wird - und ob man in der Türkei einen Antrag auf Auslieferung stellt. Zuständig wären österreichische Gerichte in jedem Fall, denn Mahmoud ist nach wie vor österreichischer Staatsbürger - daran hat sich auch nichts geändert, als er zuletzt in einem Video demonstrativ das Dokument zerriss und verbrannte.
Als mögliche Anklagepunkte sieht Strafrechtlerin Susanne Reindl-Krauskopf von der Uni Wien etwa die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung („Terrorparagraf"). Aber auch die Delikte Landzwang oder gefährliche Drohung in terroristischem Kontext könnte er mit seinen Drohvideos erfüllt haben.

Fluchtgefahr droht

Wird Mahmoud nach Österreich ausgeliefert, ist es wahrscheinlich, dass er gleich in Untersuchungshaft genommen wird - unter anderem wegen Fluchtgefahr. Und sollte die Staatsanwaltschaft Anklage erheben, hat Österreich in einigen Monaten den nächsten großen Terrorprozess. Bei einer Verurteilung nach dem Terrorparagrafen reicht das Strafmaß von einem bis zu fünfzehn Jahren Haft.

Zur Person

Geburt: Mohamed Mahmoud wurde am 18. Juni 1985 als Sohn ägyptischer Eltern in Wien geboren. Sein Vater war in seinem Herkunftsland Mitglied der damals noch verbotenen Muslimbruderschaft – auch in Wien war er als Prediger tätig.
Islamische Jugend: 2005 gründete Mohamed Mahmoud eine eigene Jugendorganisation und rief unter anderem zum Boykott von Wahlen auf. Die Islamische Glaubensgemeinschaft erkannte die Organisation nie an und ging auf Distanz.
Drohvideos: Als 2007 Videos auftauchten, in denen Österreich und Deutschland bedroht wurden, nannte er sich in einem ORF-Report (verdeckt) Mitglied der Global Islamic Media Front, die hinter den Videos steckte.
Verhaftung: Im September 2007 wurden er und seine damalige Lebensgefährtin verhaftet. Ein Gericht verurteilte ihn zu vier Jahren Haft wegen Bildung und Förderung einer terroristischen Vereinigung. Nach Absitzen der Strafe emigrierte er nach Deutschland, als ihm dort die Ausweisung drohte, setzte er sich nach Ägypten ab. Nun wurde Mahmoud in der Türkei verhaftet.

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