Apple erhält 200 Euro pro nicht verkauftem iPhone

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Europäische Mobilfunkbetreiber beschweren sich über strikte Vorgaben von Apple: Wer nicht eine bestimmte Anzahl von iPhones verkauft, muss Strafe bezahlen. Jetzt untersucht die EU.

Wien/rie. Etwas stellt jeder Gesprächspartner gleich vorweg klar: „Ich habe nie mit Ihnen gesprochen.“ Wenn es um kritische Bemerkungen über Apple geht, will niemand mit dem Namen in der Zeitung stehen. Vor allem dann nicht, wenn man für einen österreichischen Mobilfunkbetreiber arbeitet, der iPhones verkauft. Ist die Anonymität zugesichert, hört man das: „Was Apple bei den Verträgen mit uns betreibt, grenzt schon an Erpressung.“

Das denken sich offenbar andere Mobilfunkbetreiber in Europa auch. Sie haben jetzt eine Beschwerde bei der EU wegen der Verträge eingebracht, die ihnen Apple diktiert hat, berichtet die „New York Times“. Es ist keine offizielle Beschwerde und deshalb gibt es bisher keine offizielle Untersuchung. Die EU bestätigte am Freitag aber auf Anfrage, dass man wegen der Verträge ermittelt.

Wie diese Verträge aussehen, erzählt ein Mitarbeiter eines österreichischen Mobilfunkbetreibers, der natürlich nicht genannt werden will: „Apple schreibt vor, wie viele Handys man in einem bestimmten Zeitraum verkaufen muss. Erreicht man diese Zahl nicht, muss man pro nicht verkauftem Handy zwischen 200 und 300 Euro an Apple als Werbekostenzuschuss bezahlen.“

Apple schreibt TV-Spots vor

Auch die Werbespots, die über Apples iPhone im TV laufen, müssen von den Mobilfunkbetreibern bezahlt werden. „Wir dürfen am Ende unser Logo einblenden, aber das war's“, berichtet ein Mitarbeiter eines anderen Mobilfunkunternehmens. Beim Werbespot selbst hat man nichts mitzureden: „Man gibt uns vielleicht zwei Spots zur Auswahl. Aber wir können nicht verlangen, dass ein spezielles Feature des iPhones beworben wird.“

Die Vorschriften, die Apple macht, gehen bis in kleinste Details. „Wenn es ein neues Produkt von Apple gibt oder das Handy ein neues Feature erhält, schreibt man uns genau vor, wie das zu bewerben ist. Die Presseinformationen kommen von Apple, wir dürfen nicht einen einzigen Satz hineinschreiben – nur unseren Briefkopf oben draufsetzen.“ Auch die Art und Weise, wie Handys in den Filialen präsentiert werden und in welchem Umfeld, werde vorgeschrieben.

Ein Mitarbeiter kommentiert die Verträge mit Apple durchaus selbstkritisch: „Wir haben uns da selbst hineingeritten. Am Anfang, als das iPhone neu war, gab es von Apple Exklusivverträge mit bestimmten Anbietern – und dafür hat man große Zugeständnisse gemacht.“ Als auch andere Anbieter das iPhone erhielten, habe man die Verträge nur geringfügig modifiziert. „Jeder war froh, dass er das iPhone im Programm hat. Die Bedingungen waren fast egal.“ Und das Unternehmen habe seine Marktmacht damals einfach ausgespielt.

Apple erklärte in einer Stellungnahme auf die Kritik, dass alle Verträge mit den Mobilfunkbetreibern den lokalen Gesetzen und Vorschriften entsprechen würden.
Dass es jetzt Unmut gibt und die Mobilfunkunternehmen gegen Apple aufbegehren, ist auch ein Indiz dafür, dass die Bedeutung des und der Hype um das iPhone schwinden. Im Weihnachtsquartal 2012 kam Apple in Westeuropa mit den Verkäufen des iPhone auf einen Marktanteil von 24,7 Prozent. Im gleichen Quartal 2011 waren es noch 26,9 Prozent. Hauptkonkurrent Samsung konnte dagegen deutlich zulegen: von 27,6 Prozent im Weihnachtsquartal 2011 auf 40,6 Prozent im Jahr 2012.

„Weniger arrogant“

Die schwindende iPhone-Hysterie spürt man offenbar auch bei Apple. Das Unternehmen sei jetzt „ein bisschen weniger arrogant“ als unter dem verstorbenen Firmengründer Steve Jobs, meinte Stephane Richard, Chef von France-Telecom-Orange, bei der Handymesse in Barcelona.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.03.2013)

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