Wenn sich ein GP-Sieger entschuldigen muss

Wenn sich GPSieger entschuldigen
Wenn sich GPSieger entschuldigen(c) EPA (AHMAD YUSNI)
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Sebastian Vettel übernahm mit dem umstrittenen Malaysia-Sieg die WM-Führung, der Dreifach-Champion wurde für seine Eigenregie aber vom Teamkollegen, Mark Webber, kritisiert und vom eigenen Team gerügt.

Sepang/Wien. Sebastian Vettel konnte sich nicht so recht über den Gewinn des Formel-1-GP von Malaysia freuen. Oft hielt er sich bei der Siegerehrung die Hand vor sein Gesicht, auch blieben die ansonst so übertrieben wirkenden Jubelschreie und Siegesposen aus. Es war ein überaus skurriles Bild, das sich da auf dem Podest von Sepang bot. Denn neben ihm stand Teamkollege Mark Webber, der Australier kochte vor Wut, verwendete Codewörter für offensichtliche Beschimpfungen und wollte sich so gar nicht – wie gewohnt – mit der Rolle des Zweiten, und damit ersten Verlierers, anfreunden.

Vettel hat ein teaminternes „Überholverbot“ ignoriert und mit seinem 27. GP-Sieg in der ewigen Bestenliste zu Jackie Stewart aufgeschlossen. Zudem ist der dreifache Champion nun neuer Führender in der Fahrer-WM. Da sich Mercedes bei der Reihung von Nico Rosberg (Vierter) und Neuzugang Lewis Hamilton (Dritter) sehr wohl an die Teamorder gehalten hatte, wurde Webber doppelt brüskiert. „Ich hatte auf Teamgeheiß schon den Motor gedrosselt“, schimpfte er. „Aber Vettel musste ja unbedingt gewinnen...“

Widerspruch: Rennfahren und F1

Vettel überholte Webber zehn Runden vor Schluss mit einem mitreißenden und über mehrere Kurven gehenden Manöver. Doch diese Aktion hätte es gemäß der entsetzten Teamführung gar nicht geben dürfen. Teamchef Christian Horner war gezeichnet. Er sprach davon, dass allseits bekannt sei, dass beide nach der Kollision von Istanbul 2010 (Vettel schied aus, der in Führung liegende Webber wurde Dritter, Anm.) nie „gemeinsam Weihnachtsurlaub machen“ würden. Doch mit Vettels Entscheid hatte Horner zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison nicht gerechnet. Der Deutsche „überhörte“ bzw. ignorierte alle Anweisungen und „beschloss, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen“, fügte der Teamchef hinzu und blickte ins Leere. Obwohl sein Team eigentlich einen Doppelsieg feiern sollte, musste er sich auf eine unerfreuliche Sitzung einstellen. „Das hätte nicht passieren dürfen.“

In einem Wettrennen wird gemeinhin der schnellste Fahrer gesucht. In der Formel 1 diktiert vorwiegend das Wohl des Teams, oder der jeweilige Status eines Piloten gibt die Strategie vor. Eigenregie gilt als verpönt, und wohl auch deshalb hat sich Vettel wenig später für sein Handeln wie ein Schulkind öffentlich entschuldigen müssen. Kleinlaut sagte er: „Ich habe Mist gebaut, mich über eine Teamorder gestellt. Das war dumm.“

„Wären die Depperten gewesen“

Auch bei Mercedes sorgte die Reihenfolge der Zieleinfahrt für Diskussionen: Rosberg war schneller als Hamilton unterwegs, musste aber zurückbleiben und hielt sich daran. Aufsichtsrat Niki Lauda und Motorsportchef Toto Wolff hatten unterschiedliche Meinungen. „Das war nicht Mercedes-like. Ich hätte sie fahren lassen, natürlich mit Hirn“, sagte Lauda. „Wäre etwas passiert, wären wir die Depperten gewesen“, konterte Wolff.

Während die beiden Österreicher darüber trotzdem gelacht haben, immerhin steht ein Podestplatz zu Buche, ist der „Nichtangriffspakt“ bei Red Bull Vergangenheit. Webber, dessen Vertrag mit Saisonende ausläuft, würdigte Vettel keines Blickes. Doch allein dieses Rennen zeigt, in welche Richtung die WM 2014 verlaufen wird: Vettel bleibt, nicht unerwartet, Nummer eins und strebt den vierten Titel in Serie an. Webber: „Am Ende hat Seb wieder seine eigene Entscheidung getroffen. Wie immer wird er vom Team beschützt.“ Fortsetzung folgt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.03.2013)

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