Zuwanderung: Hundstorfers Angst vor Akademikern als Lohndrücker

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Niedrigere Hürde für Rot-Weiß-Rot-Karte? Der Sozialminister bremst bei der Senkung der Einkommensgrenze.

Wien/Ett. Ist die Einkommensgrenze von knapp 2000 Euro brutto für hoch qualifizierte Zuwanderer aus dem Ausland zu hoch? Der Nationalrat hat zwar in der Vorwoche Erleichterungen für ausländische Zuwanderer, die als Fach- und Schlüsselkräfte nach Österreich kommen, beschlossen. Während aber diese Änderungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte, die die Einwanderung regelt, noch nicht einmal in Kraft sind, ist die Diskussion über weitere Korrekturen beim Zuzug von Spitzenkräften aus dem Ausland voll im Gang. Dabei prallen in der Regierung aber jetzt Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP) und Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) aufeinander. Konfliktpunkt ist die vorgeschriebene Mindesthöhe der Entlohnung, die Voraussetzung für den Erhalt der Rot-Weiß-Rot-Karte ist.

Derzeit liegt die Einkommensgrenze für ausländische Zuwanderer mit Schlüsselqualifikationen bei knapp unter 2000 Euro brutto, sonst ist die Möglichkeit der Zuwanderung verbaut. Staatssekretär Kurz bemüht sich schon seit Längerem darum, diese Bezugsgrenze niedriger anzusetzen. In Diskussion ist eine Bandbreite zwischen 1600 und knapp 2000 Euro brutto. Kurz kann sich dabei auf eine aktuelle Studie des Österreichischen Integrationsfonds stützen: Demnach mache es die 2000-Euro-Grenze häufig unmöglich, dass das Potenzial ausländischer Studierender von der Wirtschaft genützt werde. Der Staatssekretär bezweifelt, dass es sinnvoll ist, „jungen Menschen um viel Geld eine erstklassige Ausbildung“ zu finanzieren und ihnen dann keine Chance zu geben, das in Österreich einzusetzen.

Gegen Nettolohn von 1200 Euro

Sozialminister Hundstorfer hat massive Vorbehalte. Er rechnet vor, dies hätte bei den Löhnen für Ausländer mit Studienabschluss in Österreich eine Senkung von rund 1400 Euro netto im Monat auf rund 1200 Euro netto zur Folge. Er wolle nicht, dass Akademiker mit einem solchen Gehalt Einzug auf dem heimischen Arbeitsmarkt halten, stellte er zuletzt in einer Fragestunde des Parlaments klar. Kurz befürchtet, dass beim Festhalten an der derzeitigen Lohngrenze die Hürde für ausländische Zuwanderer mit Studienabschluss zu hoch sein werde. Dabei würden derartige Fachkräfte in manchen Branchen in Österreich dringend gebraucht.

Der Sozialminister und Ex-ÖGB-Präsident liegt auf Linie der Gewerkschaften und der Arbeiterkammer. Diese fürchten freilich weniger einen plötzlichen übergroßen Ansturm von Akademikern aus dem Ausland.

Nachteil für Österreicher wird befürchtet

Es besteht vielmehr im Sozialministerium, bei ÖGB und Arbeiterkammer die Angst, dass billigere Fachkräfte, die aufgrund einer gesenkten Einkommensgrenze nach Österreich kommen, dann auch zu Lohndrückern für die heimischen Uni-Absolventen werden. Von diesen kämpfen viele schon jetzt damit, dass sie vorerst nur einen Job mit einem prekären Beschäftigungsverhältnis erhalten.

Gerade im Vorfeld der Nationalratswahl schränkt dies den Bewegungsspielraum des Sozialministeriums bei Verhandlungen mit dem Innenministerium und den Sozialpartnern ein. Wie „Die Presse“ berichtete, gibt es allerdings Kritik, weil häufig statt Hochqualifizierter in erster Linie Sportler, etwa Eishockeyspieler, auf diese Weise rascher den Weg nach Österreich gefunden haben.

Durch die schon beschlossenen Änderungen wird die bürokratische Abwicklung erleichtert. Unternehmen in Österreich, die Bedarf für hoch qualifizierte Zuwanderer aus dem Ausland haben, können ab Juli dieses Jahres den Antrag auf eine Rot-Weiß-Rot-Karte auch bei den zuständigen Behörden stellen. Bisher mussten dies die Arbeitnehmer selbst noch im Ausland tun. Damit wird einem Wunsch der Wirtschaft entsprochen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.03.2013)

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