Österreichs Eigennutz für Drohnen und Oasen

Militärexporte trotz Neutralität, Empörung über Steuersünder aus der eleganten Steueroasenvariante heraus: Die moralische Haltung der Politik passt sich allem an.

Auf technische Innovationen, Weltmarktführer in Nischen und international enorm erfolgreiche Unternehmen kann und darf man auch zu Recht stolz sein, wenn man nicht wie Christoph Leitl für die Wirtschaftskammer lächelt. Dass Südkorea Drohnen in Österreich kauft und nicht umgekehrt ist eine kleine Sensation. Dass man derartiges Gerät nicht nur zur zivilen Verwendung, sondern gegebenenfalls auch für rein militärische Zwecke – ja, die sind manchmal auch notwendig – verwendet, dürfte klar sein, zumal die produzierende erfolgreiche Firma das durchaus ebenso verlautbart hat, wie der Käufer einen Hinweis darauf gab: Die südkoreanische Marine könnte schon bald nicht nur patrouillieren.
Vielleicht war das Wirtschaftsressort aber einfach einen Schritt weiter und hatte die Realität in die rechtliche Einschätzung (als ziviles Gerät) bereits aufgenommen. Österreichs Neutralität ist nicht immerwährend, sondern immer biegbar. Das erlebten wir zuletzt im Vorwahlkampf um die Wehrpflicht als unsere Neutralität nach Schweizer Vorbild für die SPÖ plötzlich perfekt mit einem Berufsheer in Einklang zu bringen war. Dazu passt die letzte politische Entscheidung des erfolglosen Verteidigungsministers, aber glaubwürdigen SPÖ-PR-Experten Norbert Darabos: Österreich will ebenfalls Drohnen beschaffen. Wenn schon nicht Berufsheer, dann zumindest die Drohnen dafür: Ein modernes Heer brauche auch moderne Ausrüstung, so der Darabos-Tenor. Wichtiger wären ordentliche Kasernen, sichere Lkw und eine zeitgemäße Ausstattung der Rekruten. Aber das klingt natürlich nicht so professionell wie das Darabos und sein Nachfolger Klug gerne hätten. Auf dem glatten internationalen Parkett geht das genau so: Bei der Unesco-Aufnahme Palästinas bezog Österreich wie selbstverständlich die Mehrheits-Position der arabischen und einiger europäischer Länder gegen Israel. So interpretiert die österreichische Staatsspitze Neutralität: Wenn ein Konflikt ausbricht, können wir uns bei Bedarf zwar heraushalten. Wenn wir aber Lust oder Sympathien für eine Seite haben, dürfen wir uns sanktionslos einmischen. Neutral heißt auf Österreichisch ungeniert und nicht unparteiisch. Der politische Mut, diese völlig sinnfreie Form der Neutralität abzuschaffen, fehlt völlig. Wolfgang Schüssel verbrannte sich als letzter die Finger daran. Das Bekenntnis zur alten Neutralität passt aber einfach zu gut zum politischen Wickie, Slime und Paiper-Biedermeier im Land. Erst diese Woche beschlossen SPÖ und ÖVP folgerichtig die Verlängerung der Neutralität wieder in der bedeutenden österreichischen Sicherheitsdoktrin.

Auch an einem anderen, österreichischen Unikum wagt kein Politiker ernsthaft zu rütteln: das noch vorhandene (zugegebenermaßen schon etwas aufgelockerte) Bankgeheimnis bleibt bestehen. So groß kann der Zorn über ein paar Tausend angeprangerte Milliardäre, ihre Briefkästen und Vermögen auf irgendwelchen Inseln gar nicht sein. Obwohl die angesichts der eignen Steuerlast und Härte der Finanzämter bei kleinsten Ungenauigkeiten enorm und gerechtfertigt ist. Aber die Privatsphäre in der Bank, die bleibt nach übereinstimmenden Aussagen aus SPÖ und ÖVP dennoch unberührt. Da glauben wir zwischen Kopfschütteln und Empörung doch lieber das nette Märchen, dass die russischen Eigentümer der Penthäuser am Kohlmarkt und Umgebung wegen des guten Wetters, der Luft und der tollen öffentlichen Schulen ins Land gekommen sind. Die Investitionen in diese teuren Eigentumswohnungen sind sicher mit in Moskau sorgsam erarbeiteten und penibel versteuerten Rubel erfolgt.

Diese lokale Gutgläubigkeit hat möglicherweise aber einen bösen Ursprung: Der Steuer entzogenes Geld ist in dem Augenblick gut, wenn es zu uns kommt. Böse sind nur Zypern, die Jungfern und andere Briefkästen-Inseln. Wie die Maxime für österreichische Politik generell lautet: Der Zweck heiligt die Verdrehung und der Zweck heißt Eigennutz.
Wie kommt es eigentlich, dass dieser in einem angeblich funktionierenden und dank Sozialpartner-Kontrolle unverrückbaren Sozialstaat in Politik und Gesellschaft immer so wichtig ist?

E-Mails an: rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Printausgabe, 06.04.2013)

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