Offshore-Leaks: Datensatz größer als bisher bekannt

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Dem Magazin Focus wurden die Daten von mehr als 100.000 Personen in Deutschland zugespielt.

Die Affäre um die massenhafte Nutzung von Steueroasen zieht immer weitere Kreise. Nach Informationen des deutschen Nachrichtenmagazins "Focus" betreffen Daten auf einer dem Magazin zugespielten Festplatte mehr als 100.000 Personen allein in Deutschland. Das Blatt berichtete am Samstag im Voraus, es habe Daten über 260 Millionen Ein- und Auszahlungen in Steueroasen sowie Anfragen über Kontostände oder Kundenberatungen erhalten. Der deutsche Wirtschaftsminister Philipp Rösler forderte, die Daten für Ermittlungen den Behörden zu übergeben.

"Focus" ist nach der "Süddeutschen Zeitung" und dem NDR das dritte deutsche Medium, das nach eigenem Bericht einen umfangreichen Datensatz mit Informationen über die Nutzung von Steueroasen erhalten hat. Demnach ließ es die Daten von einem Kölner Computer- und Bankexperten prüfen. Die Zahl der in Deutschland betroffenen Nutzer von Steueroasen wäre nach dem Bericht höher als bisher vermutet. Namen nannte das Magazin aber nicht.

Steueroptimierung "Schlüsselfrage"

Die Ausnutzung legaler Steuerschlupflöcher richtet aus Sicht des Internationalen Währungsfonds (IWF) mehr Schaden an als Steuerparadiese. Maßnahmen gegen die sogenannte Steueroptimierung seien "die Schlüsselfrage", sagte eine IWF-Sprecherin der Nachrichtenagentur AFP. Durch Steueroptimierung sei es möglich, mit mehr oder weniger komplexen Operationen ganz legal Steuerabgaben zu umgehen. Eine Gefahr für die Finanzstabilität sieht der Fonds in den Niedrigsteueroasen nicht.

In den vergangenen Tagen berichteten Medien weltweit über ein Datenpaket über verschleierte Kapitalbewegungen in Steueroasen, das das Internationale Konsortium für investigative Journalisten (ICIJ) anonym erhalten hatte. In den ersten Berichten war von mehr als 130.000 Personen aus gut 170 Ländern die Rede. In mehr als 2,5 Millionen Dokumenten seien mehr als 120.000 Briefkastenfirmen genannt, mit deren Hilfe Steuern vermieden würden.

Focus lehnt Datenweitergabe ab

Vizekanzler Rösler forderte ebenso wie zuvor das deutsche Finanzministerium die Übergabe der Daten. Er hoffe sehr, dass die Informationen schnell den Behörden in Deutschland zur Verfügung gestellt würden, sagte er der "Rheinischen Post". "Die 'Focus'-Chefredaktion lehnt die Weitergabe dieser vertraulich übermittelten Daten ab, um den gesetzlich verankerten Informantenschutz nicht zu gefährden", sagte ein Sprecher des Magazins am Samstag jedoch zu Reuters. Die "Süddeutschen Zeitung" und der NDR hatten die Bitte der deutschen Regierung ebenfalls unter Verweis auf den Quellenschutz abgelehnt.

Unterdessen verschärfte sich der Ton in der innerdeutschen Debatte, wer die Schuld an möglichen Steuerhinterziehungen trägt. SPD-Chef Sigmar Gabriel warf den unionsgeführten Bundesländern Bayern und Hessen Beihilfe zur Steuerhinterziehung vor. "Wir meckern über Steueroasen in Europa und haben sie in Wahrheit auch in Deutschland", sagte Gabriel der "Bild am Sonntag". "Es kann nicht so sein, dass Bundesländer wie Hessen und Bayern ungeniert mit wenig Steuerfahndern und seltenen Steuerprüfungen als besondere Art der Wirtschaftsförderung werben und so Beihilfe zur Steuerhinterziehung leisten."

"Merkel scheinheilig"

Zudem sieht Gabriel eine Mitverantwortung der deutschen Regierung. "Angela Merkel und Wolfgang Schäuble sind scheinheilig, wenn sie jetzt so tun, als hätten sie von der Milliardenverschiebung nichts geahnt und gewusst", sagte der Parteichef. "Es ist eine große Schande für Deutschland, dass unsere Regierung das alles durch ein Steuerabkommen mit der Schweiz auch noch legalisieren wollte."

(APA/Reuters/AFP)

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