Die Gerüchte stimmten: Der Machtkampf zwischen Print und Online kostet Georg Mascolo und Mathias Müller von Blumencron ihren Job. Der Verlag hat sie abberufen und beurlaubt.
Ein plötzlicher Abgang: Der "Spiegel"-Verlag hat die beiden Chefredakteure des "Spiegel", Georg Mascolo und Mathias Müller von Blumencron, mit sofortiger Wirkung abberufen und beurlaubt. Grund seien "unterschiedliche Auffassungen zur strategischen Ausrichtung", teilte der Verlag am Dienstag in Hamburg mit. Über die Nachfolge in der Chefredaktion soll in Kürze entschieden werden. Bis auf Weiteres werde die Redaktion von den beiden stellvertretenden Chefredakteuren, Klaus Brinkbäumer und Martin Doerry, geleitet.
Erste Gerüchte über die Ablösung der Doppelspitze streute bereits am Freitag das "Hamburger Abendblatt". Von der Geschäftsführung gab es am Montag weder eine Bestätigung noch ein Dementi zur diesen Spekulationen.
Ab 2008 im Amt
Mascolo und Müller von Blumencron übernahmen die Leitung des "Spiegel" im Februar 2008. Sie lösten Stefan Aust ab, seinen Posten nach mehr als 13 Jahren im Streit räumen musste.
Die beiden Chefredakteure sollen sich auf persönlicher Ebene von Anfang an nicht verstanden haben. Der Graben zwischen den Chefredakteuren habe sich Anfang 2011 noch vertieft, als ihre bisher gemeinsamen Zuständigkeiten aufgeteilt wurden und Mascolo nur mehr für den gedruckten "Spiegel" und von Blumencron für alle digitalen Marken unter dem Namen "Spiegel", also auch "Spiegel Online" verantwortlich war. "Spiegel Online" hatte aber weiterhin einen eigenen Chefredakteur, Rüdiger Ditz, der das Nachrichtenangebot im Internet nun weiterhin verantwortet.
Seit vergangenem Frühling soll der Haussegen zwischen dem Print-Chef Mascolo und dem Digital-Verantwortlichen Müller von Blumencron endgültig schief gehangen haben. Grund dafür war Mascolos Vorschlag, künftig Geld für "Spiegel Online" (SpOn) zu verlangen (mehr dazu hier).
Zu den Personen
Der 46-jährige Georg Mascolo hat sich einen Ruf als Enthüllungsjournalist erworben, war US-Korrespondent des „Spiegel“ und Leiter des Hauptstadtbüros in Berlin, bevor er zum Chefredakteur gekürt wurde.
Der 53-jährige Mathias Müller von Blumencron hat das News-Portal "Spiegel Online" zur wichtigsten Adresse im deutschsprachigen Internet-Nachrichtengeschäft gemacht.
Wer folgt auf die Doppelspitze?
Deutsche Zeitungen spekulierten am Montag bereits über mögliche Nachfolger. Eine Doppelspitze, da waren sie sich einig, werde es nicht mehr geben. Das "Hamburger Abendblatt" sieht Jakob Augstein, Stiefsohn von "Spiegel"-Gründer Rudolf Augstein und Verleger der Wochenzeitung "Der Freitag" in der Favoritenrolle für die Chefredaktion.
Zudem wurden Gabor Steingart, früherer Leiter des "Spiegel"-Hauptstadtbüros, der stellvertretende Chefredakteur der "Bild Zeitung", Nikolaus Blome, dpa-Chefredakteur Wolfgang Büchner sowie Medienexpertin und Buchautorin Miriam Meckel genannt.
''Der Spiegel'' und seine Chefs
Das Magazin wurde 1947 von Herausgeber und damaligem Chefredakteur Rudolf Augstein gegründet. Von 1973– bis 1994 führten ihn drei Chefredakteurs-Duos, zuletzt Wolfgang Kaden und Hans Werner Kilz. Stefan Aust stand ab 1994 an der Spitze der Redaktion.
Chefredakteure
1947 bis 1959: Rudolf Augstein
1959 bis 1961: Hans Detlev Becker
1962 bis 1968: Johannes K. Engel und Claus Jacobi
1962 bis 1963: Leo Brawand
1969 bis 1969: Johannes K. Engel
1969 bis 1973: Johannes K. Engel und Günter Gaus
1973 bis 1986: Erich Böhme und Johannes K. Engel
1986 bis 1989: Erich Böhme und Werner Funk
1990 bis 1991: Werner Funk und Hans Werner Kilz
1991 bis 1994: Wolfgang Kaden und Hans Werner Kilz
1994 bis 1994: Hans Werner Kilz
1994 bis 2008: Stefan Aust
2008 bis 2013: Mathias Müller von Blumencron und Georg Mascolo
(APA/dpa)