Team Stronach: „Anti-Wutbürger“ mit radikalen Vorschlägen

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Team Stronach. (c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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Die Partei legt das endredigierte Programm vor: 50 parteiunabhängige Bürgervertreter sollen in den Nationalrat entsendet werden. Die Familienbesteuerung soll eingeführt, die Gruppenbesteuerung abgeschafft werden.

Wien. Frank Stronach hat sich Unterstützung geholt. Um zu beweisen, dass das Team Stronach keine Einmannpartei ist, versammelte der 80-Jährige am Dienstag rund 20 Mitstreiter im Palais Ferstel – unter anderem auch Ex-Westbahn-Chef Stefan Wehinger und den streitbaren Landwirt Leo Steinbichler.

Gemeinsam präsentierte man das endredigierte Parteiprogramm, wiewohl der Wortführer freilich Frank Stronach war: „Wir sind keine Wutbürger, wir sind weder links noch rechts“, stellte er klar. Die Partei versteht sich als „weltoffene, heimatverbundene, sozialökonomische politische Bewegung“, die bekanntlich die Staatsschulden reduzieren und die Eurozone reformieren will. Allerdings gibt es auch neue, teils radikale Forderungen:

Demokratie: Der Nationalrat soll von 183 auf 150 Abgeordnete verkleinert, das Wahlrecht reformiert werden. 100 Mandatare werden demnach über die Parteilisten gewählt. Daneben soll es 50 unabhängige Bürgervertreter geben.

Wie die gewählt werden? Österreich wird in 50 Regionalwahlkreise aufgeteilt. Jeder Bürger, der 250 Unterschriften gesammelt hat und seit zwei Jahren politisch unabhängig ist, kann sich bewerben. Der Kandidat mit den meisten Stimmen zieht dann in den Nationalrat ein.

Steuern: Bei der „Fair Tax“ handelt es sich nun doch nicht um eine Flat Tax, denn die Stronach-Partei will das progressive Steuersystem beibehalten. Allerdings sollen die Tarife in der Einkommensteuer gesenkt werden – wenn auch vorerst offen bleibt, auf welche Prozentsätze. Das steuerfreie Einkommen soll jedenfalls auf 12.000 Euro pro Jahr angehoben werden. Ab zwei Kindern können Familien in die Familienbesteuerung wechseln, sprich: Sämtliche Einkommen werden dann gemeinsam versteuert.

Im Unternehmensbereich fällt die Gruppenbesteuerung. Betriebe, die im Ausland investieren, sollen ihre Verluste nicht mehr von der Steuer abziehen können. Nur Investitionen im Inland können abgesetzt werden – das soll Arbeitsplätze schaffen. Gewinne, die im Unternehmen bleiben, werden mit zehn Prozent besteuert. Dieser Tarif ersetzt die 25-prozentige Körperschaftsteuer. Alternativ kann der Betrieb die zehn Prozent auch seinen Arbeitnehmern ausbezahlen.

Arbeitsmarkt und Pensionen:Die Stronach-Partei tritt für einen einheitlichen Arbeitnehmerbegriff ein: Die Unterschiede zwischen Arbeitern, Angestellten und Beamten werden beseitigt. Finanzielle Anreize sollen die Bürger motivieren, mit 65 Jahren weiterzuarbeiten.

Attraktiver soll die private Pensionsvorsorge werden: Bis zu zehn Prozent des Einkommens, die freiwillig in eine Pensionskasse eingezahlt werden, sind steuerlich absetzbar. Der Staat garantiert für den Betrag, die Pensionskasse darf mit diesem Geld nicht spekulieren.

Gesundheit: Das Gesundheitswesen wird aus einer Hand finanziert, alle Verwaltungsebenen (Bund, Länder, Kassen) werden zur Österreichischen Gesundheitsversicherung fusioniert. Eine Grundversicherung (über diese eine Kasse) ist vorgeschrieben, für Zusatzleistungen kann man seine Versicherung frei wählen. Außerdem erhält jeder Bürger ein Gesundheitskonto, auf das er monatlich eine Prämie – anstelle der Sozialversicherung – einzahlt. Wer gesund lebt und dadurch weniger Kosten verursacht, bekommt Geld zurück.

Justiz: Der weisungsfreie Untersuchungsrichter soll wiedereingeführt werden. Die obersten Richter und Kontrollorgane werden direkt vom Volk gewählt, um sie dem politischen Einfluss zu entziehen.

Exekutive: Um die Polizei zu entlasten, sollen kleinere Delikte (Falschparken etwa) an einen Ordnungsdienst ausgelagert werden.

Tirol wird zur Chefsache

Jedes Mitglied im Team Stronach verpflichtet sich insofern dem Parteiprogramm, als es einen Ehrenkodex unterschreiben muss. Wer sich nicht daran hält, wird ausgeschlossen. Die Frage, ob er inhaltlich auch überstimmt werden könne, beantwortete Stronach nicht.

Er selbst wird als Spitzenkandidat in die Nationalratswahl gehen und – wenn der Parlamentseinzug gelingt – ein Mandat annehmen. Ob als Klubobmann oder einfacher Abgeordneter, ließ Stronach offen.

Zunächst muss ohnehin eine andere Frage geklärt werden: Kann die zerstrittene Tiroler Landespartei vor der Landtagswahl am 28. April wieder geeint werden? Am Mittwoch fliegt der Parteichef nach Innsbruck. „Ich werde eine Ansprache halten und dann eine Entscheidung treffen“, sagte Stronach. Und schloss nicht (mehr) aus, dass er die Liste des abgesetzten Landesgeschäftsführers, Hans-Peter Mayr, doch noch unterstützt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2013)

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