Ex-McDonalds-Chef: 'Menschen am Land weniger kritisch'

PK MCDONALDS: SCHWERLA
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Vom Boss zum Burgerbrater. Andreas Schwerla hat den Job als Chef von McDonald's Österreich an den Nagel gehängt und führt künftig zwei Filialen selbst. Verdienen wird er wohl besser als zuvor. Ein "Presse"-Interview.

Die Presse: Wurstsemmel oder Burger?

Andreas Schwerla: Das ist relativ einfach. Ich bin seit 28 Jahren bei McDonald's und esse nach wie vor zwei bis drei Mal die Woche dort. Ich würde mich also für den Burger entscheiden.

Anfang April sind Sie als Chef von McDonald's Österreich abgetreten und führen jetzt zwei Restaurants als Franchisenehmer. Ist das nur gut fürs Privatleben oder auch für die Geldbörse?

Das liegt an mir. Der wirtschaftliche Antrieb war aber nicht der Grund für den Schritt. Ich habe als Geschäftsführer ein solides Gehalt bekommen. Ich wollte nicht mehr Geld. Ich konnte mir nur nicht vorstellen, noch weitere 20 Jahre Angestellter zu sein. Als Unternehmer muss ich drei Jahre das Unternehmen aufbauen, gute Leute suchen. Dann kann ich mich entspannen.

Wie viel bekommt man denn als Chef von McDonald's Österreich?

Um die 180.000 bis 220.000 Euro.

Und Franchisenehmer liegen darüber?

Absolut. Durch die Zahl der Filialen haben die meisten zu meiner Zeit mehr verdient als ich. Wenn Sie ein neues Restaurant eröffnen, macht das etwa 2,5 Mio. Euro Umsatz. Franchisenehmer müssen 800.000 Euro investieren und bekommen 20 Prozent Rendite. Das sind 150.000 Euro vor Steuern, Entnahmen und Zinsen. Aber nein, da war kein Neid, um die Frage zu beantworten, die ich von Ihren Augen ablese. Ich bin seit 28 Jahren bei McDonald's, 15 Jahre in Führungspositionen. Das kann man nur eine gewisse Zeit tun.

Wie sind Sie zur Fast-Food-Kette gekommen?

Ich habe in der Schulzeit immer in der Filmindustrie gejobbt. Mein Ziel war, Kameramann zu werden. Mit 18 wollte ich ein Auto. Jobs gab es nur bei McDonald's. Also hab ich das zwei, drei Wochen gemacht, um mein Auto zu finanzieren.

Sie haben aber nicht in drei Wochen so viel Geld verdient, dass Sie sich ein Auto leisten konnten.

Natürlich! Ich weiß nicht, was Sie mit 18 für ein Auto hatten. Meines war 700 Mark teuer und in dreieinhalb Wochen verdient.

Wie hoch war Ihr Stundenlohn damals?

8,50 Mark. Für 1985 war das ordentlich. Siemens zahlte 7,50 Mark.

Wie viel verdienen Einsteiger heute?

1000 bis 1400 Euro netto. Je nachdem, was man genau macht.

Was wurde aus Ihrer Filmkarriere?

Es hat mich nach meinen Erfahrungen bei den Bavaria Filmstudios nicht mehr gereizt. Da war alles sehr wild und exzessiv. Drogen und Alkohol haben da eine große Rolle gespielt. Das hat mich eher erschreckt. Das Unstrukturierte hat mich gestört. Ich bin nach der Matura bei McDonald's geblieben und habe Burger gebraten, war Hausmeister und an der Kassa. McDonald's ist klar strukturiert. Da habe ich mich wohler gefühlt.

Warum nimmt McDonald's offiziell keine neuen Franchisenehmer mehr?

Es sitzt doch einer vor Ihnen.

Aber Sie sind die absolute Ausnahme.

Wir haben uns entschieden, nur noch mit bestehenden Franchisenehmern zu wachsen. Unsere 48 Franchisenehmer haben 160 Restaurants. Die könnten auch mehr führen. Wenn wir sagen würden, dass wir neue Franchisenehmer suchen, hätten wir am Tag 4000 Bewerbungen. Wenn wir neue Franchisenehmer nehmen, was vielleicht in fünf Jahren der Fall sein kann, wissen wir auch schon, auf wen wir zugehen.

Wie kommt man denn in diesen Klub?

Es gibt keinen Klub. Es gibt ein Gremium, das Kandidaten ansieht. Wenn sich ein Unternehmer, Angestellter oder Bankdirektor interessiert und wir uns näherkommen, dann geht es ins Restaurant. Da sehen wir, ob er zu uns passt oder nicht.

Warum sind die McDonald's-Filialen in manchen Städten zur Gänze in der Hand einer einzigen Familie?

Das klingt ja fast wie Mafia. Es ist so, dass wir Franchisenehmer haben, die ihre ganze Familie mit einbringen. Es gibt keine anderen Strukturen als bei anderen Firmen. In Graz haben wir einen Partner, der zehn Betriebe führt. In Wien haben wir zwölf Franchisenehmer.

Gibt es eigentlich auch Franchisenehmer, die keinen Gewinn erwirtschaften?

Durch McDonald's ist noch kein Unternehmer in finanzielle Probleme geraten. Wenn er nebenbei in private Geschichten investiert, kann das schon passieren.

Wie investieren Sie privat?

Als Angestellter zahlt man erst einmal viel Steuern. Ich habe gelernt, dass Wertpapiere nur Sinn machen, wenn man sich damit beschäftigt. Das habe ich einige Jahre probiert. Dann bin ich auf Immobilien umgestiegen. Am meisten ärgere ich mich, dass ich vor fünf Jahren, als ich nach Wien kam, keine Wohnung gekauft habe. Ich bin aus München, das ist ein teurer Immobilienmarkt. Wien schien mir sehr günstig. Aber alle haben gesagt, es sei schon teuer. Seither sind die Preise 40 Prozent gestiegen. Heute investiere ich mein Geld in mein Unternehmen.

Warum haben Sie sich gerade die Standorte St. Pölten und Krems für Ihre Filialen ausgesucht?

Menschen auf dem Land sind entspannter, lockerer und weniger kritisch. Die Voraussetzungen, Geschäft zu machen, sind dort einfach perfekt.

Kritik gibt es ja auch an der Qualität bei McDonald's. Das Gerücht, dass in den Chicken McNuggets Haut, Haare und Klauen sind, hält sich etwa schon sehr lange.

Ich kann Ihnen sagen, unsere Produkte sind einwandfrei. Da ist das drinnen, was drauf steht. Ich würde nicht mein gesamtes Geld investieren, wenn ich wüsste, dass solche Mythen stimmten. Wir tun viel, um diese Geschichten zu relativieren. Jeder Journalist kann sich bei uns alles anschauen.

Woher kommen diese Mythen?

Ich kann nur darüber reden, was die Wahrheit ist, und lasse mich nicht auf Menschen ein, die eine Marke verwenden, um ihre Meinung niederzuschreiben.

Wo gehen Sie denn gern Essen?

Ich bin ein bodenständiger Esser. Ich mag gute Küche in einem Ambiente, das eher einfach ist. Plachutta ist zum Beispiel ein Restaurant, wo ich gern abends essen gehe. Weil es da gute Qualität gibt, das österreichische, klassische Produkt für einen fairen Preis.

Haben Sie eine preisliche Schmerzgrenze, wenn es ums Essen geht?

Ich habe kein Problem, viel Geld für Essen auszugeben. Ich gehe einmal im Jahr in ein Toprestaurant, weil meine Frau das liebt. Ich bin gern dabei, um mir das einmal anzuschauen. Ich sehe dann, wie viele Menschen da in der Küche und im Service arbeiten und weiß, warum man so viel Geld für das Essen zahlen muss. Sonst wäre das alles nicht finanzierbar. Als Fachmann aus der Branche weiß ich, wenn man ein High-End-Produkt macht, kann man das nicht für 12,50 Euro verkaufen, weil es schon im Einkauf so viel kostet.

Die Idee, Vegetarier zu werden, ist Ihnen nie gekommen?

Ich glaube nicht, dass der Mensch zum Vegetarier geboren ist. Ich bin Fleischesser, mir schmeckt Fleisch. Ich respektiere Menschen, die das machen wollen. Aber für mich ist das nie infrage gekommen.

Zur Person

Andreas Schwerla (Jahrgang 1966) stammt aus München und fing 1985 bei McDonald's Deutschland als Burgerbrater an. Drei Jahre später, mit 22, schaffte er es zum jüngsten Restaurantmanager Deutschlands. Nach dem Mauerfall baute er 200 McDonald's-Filialen in den neuen Bundesländern auf. 2004 wurde er Mitglied der deutschen Geschäftsführung, 2008 wechselte er an die Spitze von McDonald's Österreich. Seit April ist Schwerla Franchisenehmer der Filialen in St. Pölten und Krems. McDonald's betreibt hierzulande 179 Restaurants. Im vergangenen Jahr setzte die Kette in Österreich 548 Mio. Euro um.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.04.2013)

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