Das Heer der Köche, Kellner und Chauffeure

Bekommt der Kanzler Konkurrenz? Ist die Reduzierung der Systemerhalter wirklich die Lösung? Kommt da noch mehr? Und vor allem: Muss das alles wirklich sein?

Er hat erst 35 Tage seines auf sechs Monate anberaumten Präsenzdienstes in der Rossauer-Kaserne hinter sich. Doch in dieser kurzen Zeit hat Gerald Klug in seiner Verwendung als Verteidigungsminister die seinem Vorgänger nicht sonderlich ergebenen Militärs ebenso für sich eingenommen wie sein schwarzes Pendant im Sicherheitsbereich, Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, sowie die eigenen Genossen und all jene, die an den beliebten Beliebteste-Politiker-Umfragen teilnehmen, denn in den entsprechenden Rankings ist er rasant nach oben geschnellt.

Ob Werner Faymann sich schon fürchtet? Immerhin wird der vermeintliche Lückenbüßer aus dem ungeliebten Bundesrat, sofern er nicht noch schwere Fehler macht, bald als sozialdemokratische Personalreserve auch noch für höhere Aufgaben gehandelt werden. Nicht zuletzt im Hinblick auf die Zeit nach der Nationalratswahl. Und Werner Faymann ist nicht gerade dafür bekannt, dass er innerparteilicher Konkurrenz gelassen bis generös gegenübersteht.

Dass allerdings auch Gerald Klugs Bäume nicht in den Himmel wachsen, wurde gestern offensichtlich. PR-technisch nicht ganz ungeschickt, vor der Kulisse der Seetaler Alpen, mit Johanna Mikl-Leitner an seiner Seite, präsentierte der Verteidigungsminister die Eckpunkte der Heeresreform. Genau genommen war es nur ein Eckpunkt: Die Zahl der Systemerhalter soll reduziert werden. Konkret sollen schon heuer weniger Rekruten als Köche, Kellner und Chauffeure eingesetzt werden. Und in den kommenden Jahren soll sich das Verhältnis Systemerhalter zu Kampfsoldaten dann von 60:40 auf 40:60 drehen.

Weitere Maßnahmen sollen folgen. Aber noch nicht heute. Ende Juni ist dafür auch noch Zeit. Immerhin: 40 Millionen Euro sollen noch dieses Jahr in die Verbesserung der Infrastruktur fließen, dies sei ein Ergebnis der Befragung der Grundwehrdiener. Doch auch hier: Details könnten noch keine genannt werden, die Umfrage sei zwar fertig, aber noch unter Verschluss.

So regieren SPÖ und ÖVP – drei Monate nach der Heeresvolksbefragung, die eigentlich eine Zivildienstvolksbefragung war – gemäß dem Motto: Wir wissen zwar nicht genau, wo wir hinwollen, dafür sind wir langsamer dort.

Wenigstens ist nun keine Rede mehr vom Grundwehrdienst als „Abenteuerurlaub“. Einmal abgesehen davon, dass dieser angesichts nicht selten schikanöser – im schlechtesten Fall sadistischer, im besten Fall einfach dummer – Ausbildner recht schnell zum „Albtraumurlaub“ werden kann: Dafür ist das Bundesheer eigentlich nicht da – jungen Männern ein Erlebniscamp zu bieten. Und auch nicht als Ausbildungsstätte des zweiten Bildungswegs, als eine Art Volkshochschule, in der die Rekruten nachlernen, was sie in der Schule versäumt haben oder noch gern gelernt hätten.

So gesehen wäre ein Berufsheer, in dem Menschen, die für diese Tätigkeit professionell ausgebildet werden und dieser dann auch professionell nachgehen, tatsächlich die bessere Option als 18-Jährige, die mit ihrer Zeit nichts Besseres anfangen dürfen, zwangszubeschäftigen. Aber nachdem das Heeresplebiszit, das eigentlich ein Zivildienstplebiszit war, im Jänner so ausgegangen ist, wie es ausgegangen ist, ist diese Option fürs Erste vom Tisch.

Somit bleibt also nur die „Reform“ des Bestehenden. Eine Reduzierung der Systemerhalter kann allerdings nicht die Lösung sein. Zumal auch nicht jeder zum Infanteristen oder Pionier geboren ist. Hier zeigt sich ja auch eine der großen (Lebens-)Lügen österreichischer Präsenzdiener: Viele jammern zwar über den „Leerlauf“ in der Schreibstube, im Offizierscasino oder hinter dem Lenkrad, wollen aber gleichzeitig genau einen dieser begehrten Systemerhalterjobs. Denn diese werden einem ja eher selten aufgezwungen, meist wird sogar mit Beziehungen nachgeholfen, einen solchen zu ergattern.

Ehrlicher wäre es daher, gleich nur jene zu Soldaten zu machen, die das auch wirklich wollen und können. Aber wie gesagt: Die Heeresvolksbefragung, die eigentlich eine Zivildienstvolksbefragung war, ist eben so ausgegangen, wie sie ausgegangen ist. Mit allen Konsequenzen.

E-Mails an: oliver.pink@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Bundesheer
Innenpolitik

Verjüngung an der Spitze des Heeresressorts

Mehr als 100 Bewerbungen gibt es für die Spitzenjobs im Verteidigungsministerium. Othmar Commenda dürfte neuer Generalstabschef werden und damit Edmund Entacher nachfolgen.
oesterreichs Heer kauft Drohnen
Politik

Österreichs Heer kauft Drohnen um 16 Millionen Euro

In diesem Jahr kauft das Bundesheer erstmals unbemannte Flugobjekte. Im Sommer soll der Zuschlag dafür erteilt werden. 2016 werden weitere Drohnen beschafft.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.