Niko Alm, Kämpfer gegen Kirchenprivilegien, soll für die Neos bei der Nationalratswahl an den Start gehen. Aber wie passen die unterschiedlichen Zugänge der Kandidaten zusammen?
Wien. Am Dienstag starten bei der neuen Partei Neos die Internetvorwahlen für die Nationalratswahl: Jeder Bürger, der zehn Euro Teilnahmegebühr zahlt, kann seine Lieblingskandidaten erwählen, zu vergeben sind zwischen einem und fünf Punkten. Die Kandidatenliste selbst ist seit Kurzem um zwei prominente Namen reicher: Neben dem Exchef der Hoteliervereinigung, Sepp Schellhorn („Die Presse“ berichtete exklusiv), tritt nun auch Niko Alm für die Neos an.
Die beiden haben freilich unterschiedliche Zugänge: Während Schellhorn ein Wirtschaftsliberaler ist und sich in Salzburg für die ÖVP engagiert, wurde Alm durch Aktionismus bekannt. So kämpfte er erfolgreich dafür, sein Führerscheinfoto mit einem Nudelsieb als „religiöser“ Kopfbedeckung anfertigen zu dürfen. Zudem betreute Alm mit seiner Werbeagentur grüne Wahlkämpfe und arbeitet für das Integrationsstaatssekretariat.
Alm selbst wollte am Montag nicht viel mehr sagen, als dass er ein Antreten für die Neos überlege. Die Zurückhaltung dürfte darin begründet liegen, dass Alm erst kommende Woche als Kandidat hätte publik werden sollen. Denn diese Woche läuft das Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien, das Alm mitinitiiert hat. Und weder Alm noch die Neos wollen, dass das Volksbegehren und die Partei miteinander vermischt werden.
Neos: Auch für Kirchgänger da
Beim Kirchenvolksbegehren ist die neue Bewegung – die Neos treten bei der Wahl gemeinsam mit den Jungen Liberalen (JuLis) und dem Liberalen Forum an – gespalten. JuLis-Obmann Nikolaus Scherak, selbst laut Eigenangabe gläubiger Katholik, ist im Personenkomitee für das Volksbegehren. Seine Parteifreundin Claudia Gamon ist sogar eine der Initiatorinnen des Volksbegehrens. Das Liberale Forum „unterstützt das Volksbegehren, aber nicht intensiv“, wie Obfrau Angelika Mlinar erklärt. Sie sei selbst „spirituell aktiv“, orte aber zu wenig Trennung zwischen Kirche und Staat. Neos-Obmann Matthias Strolz erklärt, dass die Partei als solche das Volksbegehren nicht unterstütze. Seine Partei biete sowohl Kirchgängern als auch kirchenkritischen Leuten eine Plattform. Strolz findet einige Forderungen des Volksbegehrens – etwa, dass eine staatliche und nicht eine kirchliche Stelle Missbrauchsfälle aufarbeiten soll – völlig richtig. „Gleichzeitig würde ich mir wünschen, dass die Arbeit der Kirchen größere Wertschätzung erhält“, meint Strolz im Gespräch mit der „Presse“. So leiste etwa die Caritas gute Arbeit. Strolz war Ministrant, ist aber selbst kein Kirchgänger.
Dass es unterschiedliche Meinungen innerhalb des Wahlbündnisses gibt, wird von den Vertretern nicht als Schwäche gesehen: Der „Honeymoon hat gut funktioniert“, betont Mlinar. Strolz ortet „viele gemeinsame Schnittflächen wie Eigenverantwortung und Nachhaltigkeit“. Sollte es nach einem Parlamentseinzug zu Unstimmigkeiten kommen, sei das auch kein Problem: Einen Klubzwang wird es nicht geben. „Wir werden trotzdem versuchen, eine Linie zu finden, die für alle tragbar ist“, sagt Mlinar. In Kategorien wie rechts oder links zu denken sei ohnedies überholt, meint Strolz.
Weitere Überraschungskandidaten sind jedenfalls nicht geplant. Das würde auch zeitlich schwer fallen, zumal die Vorwahlen bereits anlaufen. Die Internet-User entscheiden zu einem Drittel über die Listenplätze. Die weiteren Punkte vergeben der Neos-Vorstand und die Mitgliederversammlung.
ÖVP-Mitgliedschaft egal
Stimmen fischen wollen die Neos v.a. bei jungen Bürgerlichen, sie könnten insbesondere ÖVP und Grünen wehtun. Laut Neos-Statut ist es kein Problem, wenn Kandidaten in einer anderen Partei Mitglied sind. Schellhorn ist auf Gemeindeebene in Goldegg für die ÖVP aktiv. Alm ist zahlendes Mitglied des ÖVP-Bauernbunds, seit der Bauernbund gefordert hat, dass Atheisten Kirchensteuer zahlen sollen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2013)