Wütender Elvis-Fan verschickte Giftbrief an Obama

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wuetender ElvisFan verschickte Giftbrief(c) Reuters (HANDOUT)
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Ein Musiker aus Mississippi wurde festgenommen. Der Mann soll auch Rizin-Brief an einen Senator gesendet haben.

Washington/Wien. Paul Kevin Curtis liebt Rock 'n' Roll. Eine Leidenschaft, die er zu seinem Beruf gemacht hat: Bei Partys oder Benefizveranstaltung tritt er als Elvis Presley auf. The King ist seine beste Nummer. Aber auch Bon Jovi oder Prince ahmt er gerne nach. Doch der Rocker ist auch voller Zorn. Besonders hasst er Politiker: So sehr, dass er ihnen Briefe mit dem hochgiftigen Pflanzengift Rizin schickte. Einen davon adressierte der 44-Jährige zu Wochenbeginn an den US-Präsidenten höchstpersönlich.

Das Schreiben erreichte Barack Obama nicht, es wurde am Mittwoch an der Poststelle des Weißen Hauses abgefangen. Wenige Stunden später stürmte die Polizei Curtis' Wohnung in der Kleinstadt Corinth im US-Bundesstaat Mississippi und nahm den Mann fest. Der Musiker wird auch beschuldigt, einen mit Rizin versehenen Brief an Senator Roger Wicker geschickt zu haben. Das Schreiben wurde ebenfalls an der Poststelle abgefangen. Wicker stammt aus Tupelo, nur wenige Kilometer von Curtis' Heimatstadt entfernt. Ob Curtis auch der Absender eines mutmaßlichen Giftbriefes an einen Justizvertreter in Mississippi ist, wird noch untersucht. Zudem sollen noch weitere Tests feststellen, ob es sich bei der in den Briefen entdeckten Substanz tatsächlich um Rizin handelt.

„Ich bin KC und unterstütze die Botschaft“

Fest steht, dass der Mann einen wesentlichen Beitrag zu seiner eigenen Festnahme geleistet hat. Nicht nur verschickte er alle seine – laut ersten Tests – verseuchten Botschaften aus Memphis, das etwa 160 Kilometer von Corinth entfernt liegt. Sondern er signierte seine Schreiben auch mit den Initialen seines Namens: „Ich bin KC, und ich unterstütze diese Botschaft“, stand in den Briefen. Der Satz spielt auf die Schlussformel der US-Wahlkampfspots an, mit der Kandidaten ihre Zustimmung zu der in ihrer Kampagne geäußerten Meinung zum Ausdruck bringen.

Curtis scheint nicht wirklich ernst zu nehmende politische Motive gehabt zu haben: „Ich bin an der Front, kämpfe in einem geheimen Krieg... Ich werde so lange ausharren, bis Jesus Christus beschließt, dass ich gehen muss“, heißt es in einem wirren Facebook-Eintrag. In seinen Giftbriefen schrieb der Musiker: „Wer Unrecht sieht und es nicht öffentlich anprangert, macht sich zum stillen Komplizen.“

Anthrax-Terror 2001

Einen direkten Zusammenhang mit den Anschlägen in Boston schließt die Bundespolizei FBI zwar aus. Einige Experten sehen aber sehr wohl einen Konnex zur Attacke auf den Marathon: Der US-Bioterrorismus-Forscher Leonard A. Cole etwa geht davon aus, dass es sich bei Curtis um einen klassischen Trittbrettfahrer handelt. „Solche Menschen animiert die große öffentliche Aufmerksamkeit, die durch Terrorattacken entsteht“, sagt er zur „New York Times“.

Cole erinnert der Fall stark an die Serie von Anthrax-Briefen unmittelbar nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Auch damals wurden die Briefe nur kurze Zeit nach dem verheerenden Attentat verschickt. Die Schreiben mit den tödlichen Erregern gingen an US-Medien und an zwei Senatoren. Fünf Menschen starben und 17 weitere erkrankten. „Die Parallelen zu den Anthrax-Briefen sind evident“, sagt Cole, der ein Buch zu der bisher schlimmsten Bioterrorserie in der amerikanischen Geschichte verfasst hat.

Der Anthrax-Fall wurde nie vollständig aufgeklärt. Nach langwierigen Ermittlungen nahm das FBI 2005 den Forscher Bruce Ivins fest. Nachdem der Mann 2008 Selbstmord begangen hatte, erklärten ihn die US-Ermittler zum „einzigen Schuldigen“. Ein Prozess hat aber nie stattgefunden. Eine Untersuchung der National Academy of Science bezweifelte die Ermittlungsergebnisse des FBI.

Aus der destabilisierenden Panik und Verunsicherungen, die nach dem 11.September entstanden waren und offenbar auch als Nährboden für die Anthrax-Attacken dienten, zogen die US-Behörden aber ihre Lehren. Die „New York Times“ geht davon aus, dass dies der Grund für die außergewöhnlich schnelle Festnahme des Rizin-Brief-Absenders war. Zudem wurden damals die Kontrollen massiv verschärft: Seit der Anthrax-Brief-Serie wird die Post an das Weiße Haus und an das Kapitol außerhalb der Gebäude gescreent. So wurden in den letzten Tage auch die Rizin-Briefe entdeckt.

Auf einen Blick

Die US-Polizei hat im Zusammenhang mit den an Präsident Obama und einen Senator verschickten Giftbriefen einen Mann festgenommen. Das teilte das FBI am Mittwochabend (Ortszeit) mit. Die Briefe waren ersten Tests zufolge mit dem tödlichen Gift Ricin präpariert. Die Briefe sollen in keinem Zusammenhang mit den Bostoner Bomben stehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.04.2013)

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