EU-Kommission für Beitrittsverhandlungen mit Serbien

EUKommission fuer Beitrittsverhandlungen Serbien
EUKommission fuer Beitrittsverhandlungen Serbien(c) REUTERS (MARKO DJURICA)
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Mit dem Kosovo könnten bald Gespräche über ein Assoziierungsabkommen starten. In Belgrad und Prishtina sind nicht alle über die Entwicklungen glücklich.

[Belgrad/Prishtina/ROS/APA] Die EU-Kommission will schon bald mit Serbien über einen Beitritt des Landes zur Europäischen Union verhandeln. Dies geht aus einem Berichtsentwurf der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton hervor, der schon heute, Montag, um 10.00 Uhr im schriftlichen Eilverfahren von den EU-Mitgliedstaaten angenommen werden soll. In einem Fortschrittsbericht zum Kosovo empfiehlt die Kommission zudem die Eröffnung von Verhandlungen mit Prishtina über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit der EU.

Der Vorstoß der EU-Kommission dürfte der von Serbien erhoffte Lohn für die zuletzt demonstrierte Kompromissbereitschaft sein: Serbiens und Kosovos Regierungen haben sich am Freitag in einem als „historisch" geltenden Abkommen über die Selbstverwaltung der serbischen Minderheit im Kosovo geeinigt.

„Serbien hat die Schlüsselpriorität erfüllt, indem es Schritte hin zu einer sichtbaren und nachhaltigen Verbesserung der Beziehungen mit dem Kosovo unternommen hat", heißt es auch in dem EU-Bericht. Auch der Kosovo habe „bedeutende Schritte" zu einer sichtbaren und dauerhaften Verbesserung seiner Beziehungen mit Serbien getan, heißt es in dem anderen Report.

Datum für Verhandlungsstart gesucht

Ein konkretes Datum für den Start der Gespräche nennt die Kommission nicht. Die EU-Außenminister sollen sich heute in Luxemburg mit beiden Berichten befassen und dabei insbesondere über ein Datum für den Beginn der Gespräche mit Serbien und Kosovo beraten.

Die Normalisierung zwischen Belgrad und Prishtina soll im Kontext der EU-Beitrittsverhandlungen mit Serbien angesprochen werden, geht aus dem Bericht hervor. Die Fragen von Justiz und Grundrechten will die EU-Kommission in den Gesprächen früh ansprechen. Während der Beitrittsverhandlungen will die Kommission entsprechende Reformen, auch zu Korruptionsbekämpfung und Anti-Diskriminierung, genau überwachen.

In Serbien und im Kosovo sind die Meinungen angesichts des Abkommens geteilt. Die Verhandlungsführer werden von der Opposition als „Verräter" beschimpft, manch einer soll sogar Todesdrohungen erhalten haben.

Einer der Kritikpunkte: Das Abkommen, das weitgehende Autonomierechte für den Kommunalverband von zehn überwiegend serbisch besiedelten Gemeinden vorsieht, sorge nur für einen „trügerischen Frieden", dessen „schmerzhafte Folgen" für den Kosovo erst später zu spüren sein werde, mäkelte in Prishtina etwa Spend Ahmeti, Vizechef der oppositionellen „Selbstbestimmung". Das Abkommen sei für den Kosovo „noch schlechter" als befürchtet: „Kosovo wird nach ethnischen Linien geteilt: Wenn dieses Abkommen umgesetzt wird, schaffen wir ein zweites Bosnien." Restlos enttäuschte Politiker der Kosovoserben kündeten für den heutigen Montag eine Großdemonstration im serbischen Norden der geteilten Stadt Mitrovica an: Der fast ausschließlich serbisch besiedelte Norden werde sich „nie" der Regierung in Prishtina unterwerfen.

Mit Empörung reagierten auch im serbischen Mutterland vor allem die rechtskonservative DSS und die nationalistische SRS auf den „Verrat": Die frühere Partei des heutigen SNS-Chef Vučić veröffentlichte auf Flugblättern gar die Handy-Nummern der serbischen Verhandlungsführer. Er erhalte praktisch „jede Sekunde eine Todesdrohung", berichtet Vučić lakonisch.

Die Medien beider Staaten reagierten unterdessen weitgehend positiv auf die Einigung. „Nun ist Brüssel am Zug: Datum sofort!", titelte am Wochenende die Zeitung „Blic" mit Hinweis auf die erhofften Beitrittsverhandlungen. Die kommenden Tage werden weisen, ob dieser Wunsch in Erfüllung geht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.04.2013)

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