Nachruf: Fritz Schwind, ein Jahrhundertgelehrter

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Der Rektor der Universität Wien und Altmeister des internationalen Privatrechts, Fritz Schwind, ist vorige Woche im 100. Lebensjahr in Wien gestorben.

Wien. Festvorträge für den Jubilar waren schon geplant, eine kleine, aber feine Feier im Justizministerium sollte ihn ehren, aber nicht allzu sehr anstrengen, Bundespräsident Heinz Fischer wollte ihn, der im Rollstuhl saß, persönlich besuchen kommen: Fritz Schwind ist nur wenige Wochen vor dem 100. Geburtstag, den der Rechtswissenschaftler am 1.Juni gefeiert hätte, vorige Woche in Wien gestorben.

Schwind war ein Großneffe des berühmten Malers Moritz von Schwind (Namensgeber der Schwindgasse in Wien Wieden). Als Kind winkte er beim Spazierengehen im Hadikpark unweit des Schlosses Schönbrunn noch Kaiser Karl zu, als der in einer Kutsche vorbeifuhr. 1939 habilitierte er sich an der Universität Gießen im römischen Recht. Im März 1941 wurde er zur Wehrmacht einberufen, in der er es bis Kriegsende bis zum Obergefreiten brachte. Als Rommel 1942 in Afrika zu einer großen Offensive ansetzte, zwang die Tropengelbsucht Schwind in ein Sanitätszelt in der Wüste. Dort begann er seine Studien zum Eherecht, die er 1946 – damals Untersuchungsrichter im Grauen Haus in Wien – in den „Juristischen Blättern“ publizierte und die später einen Niederschlag in der Familienrechtsreform von 1978 unter Christian Broda finden sollten. Dem Sozialisten stand Schwind persönlich nahe und politisch fern. Er schrieb für Broda auch das IPR-Gesetz 1978: Das internationale Privatrecht, das regelt, welches Recht bei Fällen mit Auslandsbezügen anzuwenden ist, ist jener Rechtsbereich, den Schwind am stärksten prägte.

An der Universität Wien lehrte er ab 1955 bürgerliches Recht und internationales Privatrecht. Als Leiter des Instituts für Rechtsvergleichung, das er aufgebaut hatte, war er von Berufs wegen mit der Relativität des unterschiedlichen Gesetzesrechts konfrontiert: „Was bei uns im Gesetz steht, ist nicht Ausfluss göttlicher Weisheit“, sagte Schwind einmal zur „Presse“.

Dialog mit „seinen Revoluzzern“

Der Zufall wollte es, dass der feinsinnige und liebenswürdige Gelehrte in den stürmischen Jahren 1967/68 Rektor der Universität Wien war. Er setzte auf Dialog mit „seinen Revoluzzern“, wie er die rebellierenden Studenten im Rückblick fast liebevoll nannte.

Schwind war 13 Jahre lang Präsident des Österreichischen Juristentags. Sein Ruf reichte über die Grenzen Österreichs hinaus. Zur Feier von Schwinds 90.Geburtstags reiste ein (damals) amtierendes Staatsoberhaupt aus dem Ausland nach Wien: der ungarische Präsident Ferenc Mádl, Confrère Schwinds am renommierten „Institut de Droit International“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.04.2013)

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