"Schon bald" ein EU-Verfahren gegen Ungarn

Viktor Orbán,
Viktor Orbán,(c) REUTERS (LASZLO BALOGH)
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Justizkommissarin Vivian Reding deutet an, dass Brüssel gegen die Verfassungsänderungen in Ungarn vorgehen wird. Derzeit prüfen Experten der Kommission die beschlossenen Novellen.

Brüssel/La. Die Hoffnungen von Premier Viktor Orbán, die von ihm gewünschten Verfassungsänderungen ohne Zwischenrufe aus Brüssel über die Bühne bringen zu können, dürften dieses Mal nicht in Erfüllung gehen. Wie Vivian Reding, die für den Justizbereich zuständige EU-Kommissarin, am Mittwoch angekündigt hat, wird die Brüsseler Behörde „mit großer Wahrscheinlichkeit“ ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn einleiten. Derzeit prüfen Experten der Kommission die vom Parlament in Budapest beschlossenen Novellen zur ungarischen Verfassung, das Ergebnis dieser Prüfung erwartet Reding „schon bald“.

Im März hatte Orbáns Regierungspartei Fidesz, die im Parlament die absolute Mehrheit hat, die Verfassung Ungarns erneut umgeschrieben. Die sogenannte 4. Verfassungsnovelle enthält aus Brüsseler Perspektive gleich mehrere problematische Bestimmungen: Unter anderem soll sich das Verfassungsgericht nicht mehr auf seine Spruchpraxis aus der Zeit vor dem Inkrafttreten der neuen, von Fidesz geschriebenen Verfassung im Jahr 2012 stützen dürfen. Umstritten ist auch jene Regelung, der zufolge die Präsidentin des Nationalen Justizamtes – derzeit eine loyale Fidesz-Parteisoldatin – teilweise auswählen darf, welche Gerichte welche Fälle bearbeiten. Und zu guter Letzt hat das Verbot für politische Werbung im privaten Rundfunk für Verwunderung gesorgt.

Orbán spielt auf Zeit

Orbán hat zuletzt auf Zeit gespielt: Sollte Brüssel feststellen, dass EU-Recht verletzt wurde, sei er zu Verhandlungen bereit. Ob dies reichen wird, bleibt abzuwarten, denn die Kommission scheint mit Ungarn die Geduld zu verlieren. So hat Reding in der Vorwoche vor dem Europaparlament nicht ausgeschlossen, dass im Streit mit Budapest auch der Artikel 7 des EU-Rechts, durch den Ungarn seine Stimme in den europäischen Gremien verlieren würde, zum Einsatz kommen könnte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2013)

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