Europäischer Elektroschrott landet in Ghana

APA/SÜDWIND
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Ghana importiert jedes Jahr zehntausende Tonnen Elektroschrott. Der meiste dürfte gar nicht auf den Deponien des afrikanischen Staates landen.

Die Augen tränen, die Haut juckt, der Husten ist so hartnäckig wie das Brennen der Atemwege: 7000 Kinder und Jugendliche kommen tagtäglich auf eine Elektroschrottdeponie in der ghanaischen Hauptstadt Accra, um unter den Altgeräten nach verwertbaren Resten wie etwa Kupferkabeln zu suchen. Die durchschnittliche Ausbeute eines Arbeitstags: Ein halbes Kilo Material, das umgerechnet einen Euro und damit ein bis zwei einfache warme Mahlzeiten bringt. Ein Großteil der Altgeräte stammt aus den Industrieländern und hätte gar nicht auf der Deponie landen dürfen. Darauf machte jetzt die entwicklungspolitische Organisation "Südwind" nach einem Lokalaugenschein aufmerksam.

"Die Kinder und Jugendlichen, die auf der Deponie nach verwertbaren Resten sammeln, leben mit 70.000 anderen Menschen im benachbarten Slum 'Sodom und Gomorra'. Viele von ihnen kommen aus dem ärmeren Norden Ghanas und sind ohne Eltern in Accra", berichtete Christina Schröder von "Südwind" gegenüber der Austria Presseagentur. Die Tätigkeit auf der Deponie stelle für viele einen Zuverdienst oder einen "Einsteigerjob" in der Hauptstadt dar: Sobald ein bisschen Geld für "Investitionen" überbleibt, können die Burschen und Mädchen umsteigen, zum Beispiel auf einen Job als Straßenhändler, die Kaugummis oder Wasser offerieren oder Telefonwertkarten.

41 Millionen Tonnen Elektromüll im Vorjahr

2012 wurden weltweit rund 41 Millionen Tonnen Elektromüll produziert. Ghana importierte nach Angaben des Sekretariats des Basler Übereinkommens - eine Vereinbarung zum umweltgerechten Abfallmanagement und der Kontrolle grenzüberschreitender Transporte gefährlicher Abfälle - im Jahr 2010 rund 40.000 Tonnen Elektroschrott. 85 Prozent der Elektrogeräte, die ihren Weg in das westafrikanische Land fanden, stammen aus Europa. Der Export in Nicht-OECD-Länder ist zwar verboten, aber Kontrollen, speziell in großen Häfen wie zum Beispiel Antwerpen, können nur stichprobenartig durchgeführt werden. Im Rahmen des dokumentierten Systems wird nur ein Drittel des in der EU anfallenden Elektroschrotts gesammelt. Österreich gehört übrigens zu den Meistern im Sammeln.

Also landen alte Kühlschränke, Fernseher und Computer in Ghana. "Seit unserem letzten Lokalaugenschein im Jahr 2009 ist die Deponie größer geworden", sagt Ines Zanella von "Südwind". Ein Bach, der an der Halde vorbeifließt, sei schwarz, und fließe ins Meer. Die Flüssigkeit, die sich in den Ozean ergießt, mute an wie Erdöl, schilderte Christina Schröder, Gift, das von Fischen aufgenommen wird. "Dabei lebt das Land vom Fischfang. Auch europäische Fangflotten seien dort unterwegs. "Vieles landet auf unseren Teller - verpestet von unserem Elektroschrott." Auch jeder Technologieschub bilde sich auf der Deponie ab: Eine neue Generation an Fernsehern oder Computern lässt die Menge der entsorgten Vorgängergeräte ansteigen.

Kein Zugang zum Gesundheitssystem

Die gesundheitlichen Langzeitfolgen für die Kinder auf der Deponie sind nach Angaben der Organisation an Ort und Stelle kein Thema. "Viele der Betroffenen haben keinen Zugang zum Gesundheitssystem, da sie nicht registriert sind. Damit sehen sie nie einen Arzt." Die Risiken sind ihnen mangels Informationen nicht bewusst. Bei den Regierungsstellen sei zwar ein Problembewusstsein vorhanden, so Schröder und Zanella - wie man das Problem löst, weiß allerdings noch niemand.

"Südwind" will die Hersteller in die Pflicht genommen wissen: Keine gefährlichen Inhaltsstoffe mehr, eine längere Haltbarkeit, transparente Entsorgungsketten. Behörden sollten verstärkt kontrollieren und Konsumenten Informationen für verantwortungsvolles Recycling sorgen, indem sie Altgeräte entweder zu Sammelstellen der Gemeinde bringen oder zu einem "ReUse"-Zentrum, das für Reparatur und Wiederverwertung in Österreich sorgt.

(APA)

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