Am 1. Mai 1933 wagte die KPÖ in Wien zu viel

Engelbert Dollfuß
Engelbert Dollfuß Presse Archiv
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Trotz Demonstrationsverbots gingen die Kommunisten in manchen Bezirken auf die Straße. Das war ihr Ende als Partei.

Wien/Hws. Mit einem spektakulären Aktenfund kann der Politologe und KPÖ-Historiker Manfred Mugrauer aufwarten. Sein Beitrag für die Alfred-Klahr-Gesellschaft, die sich der Geschichte der Arbeiterbewegung widmet, behandelt das Verbot der KPÖ im Mai 1933 durch die christlich-soziale Bundesregierung (Dollfuß/Fey). Erstmals wird jenes Dokument veröffentlicht, das den Beginn vom Ende der Mehrparteiendemokratie in Österreich markiert.

Die Medien standen schon unter Vorzensur, der Schutzbund war schon aufgelöst. Während die Sozialdemokraten angesichts eines allgemeinen Aufmarschverbots am 1. Mai nur einen „Bummel“ auf den Gehsteigen absolvierten, wagten die Kommunisten in einigen Wiener Arbeiterbezirken doch Kundgebungen. Tags darauf griff die Regierung durch:

ÖStA/AdR, BKA Inneres,
Sign. 22/gen., Kt. 4875
Bundeskanzleramt
Generaldirektion f. öffentliche
Sicherheit 150.386 - GD 1

Betr.: Geplante Aktionen der kommunistischen Partei Oesterreichs am 1. Mai 1933; Einschreiten gegen den Parteivorstand und gegen den Verein „Oesterr. Arbeiterwehr“.

Aus den bei der kommunistischen Partei Oesterreichs saisierten Flugzetteln und sonstigem Propagandamaterial wurde festgestellt, dass die genannte Partei anlässlich der heurigen Maifeier Weisungen erlassen hatte, welche die Anwendung illegaler Mittel, den Sturz der Regierung, die Errichtung einer Bauern- und Rätediktatur, die Aufforderung zu Sabotageakten u.s.w. bezweckten.

Mit Rücksicht darauf ergeht der Auftrag, sämtliche Funktionäre der kommunistischen Partei Oesterreichs (Land-, Kreis-, Bezirks- und Zellenleiter) sowie die Funktionäre des Vereines „Oesterr. Arbeiterwehr“ unverzüglich in Haft zu nehmen (§ 177 St.P.O.), sie als verantwortliche Leiter und Vermittler dieser ungesetzlichen Agitation der zuständigen Staatsanwaltschaft nach §§ 58c, 59 c, 65b, 85 (§ 9) 300 und 305 St.G. zur Anzeige zu bringen und bei den nach der Strafprozessordnung gegebenen Voraussetzungen dem Strafgerichte einzuliefern.

Wegen Gefahr im Verzug ist auch ohne richterlichen Befehl (§ 141 St.P.O.) bei den betreffenden Funktionären eine eingehende Hausdurchsuchung vorzunehmen und über die erzielten Ergebnisse ist zusammenfassend an das Bundeskanzleramt (Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit, Abt. 1) zu berichten.
2. Mai 1933
Der Staatssekretär: Fey

Es folgten Razzien und Massenverhaftungen ab dem 3.Mai. 800 Funktionäre seien in Haft genommen worden, schildert Mugrauer. Viele kamen freilich gleich wieder frei, weil ihnen nichts nachgewiesen werden konnte. Alle Unterorganisationen im Umfeld der KPÖ wurden von der Polizeidirektion nach dem Vereinsrecht aufgelöst. Am 26. Mai kam dann mit Runderlass das endgültige Aus. Jede kommunistische Betätigung war ab dem 31. Mai 1933 in Österreich verboten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.04.2013)

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