Österreich, das Land der Poolbesitzer

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Der Swimmingpool ist längst kein Luxusobjekt mehr, mittlerweile gehört er zur Grundausstattung jeder Kleingartensiedlung. Österreich hat ein besonders dichtes Netz an Schwimmbecken. Das freut die Poolbranche - und die Wasserversorger.

Österreich schwimmt. Und das nicht nur in Seen, Teichen oder Freibädern (die übrigens heuer in Wien ihren beinahe in Stein gemeißelten Eröffnungstermin von 2. Mai auf 26. April vorverlegt haben). Nein, die Österreicher nehmen die Dreifaltigkeit „Mein Haus, mein Auto, mein Pool“ wörtlich und schwimmen zu Hause. Ein Blick über die Gartenzäune in so gut wie jeder grünen Ecke des Landes macht deutlich: Spätestens heute wird geputzt, geschrubbt und Wasser eingelassen. Die Schnellen unter den Poolbesitzern – die Poolbranche schätzt ihre Anzahl auf etwa 90.000 bis 150.000 – haben sich schon im Wasser oder auf der Gartenliege davor positioniert – und blicken stolz auf einen Sommer daheim, im eigenen kleinen Paradies. Die Außenwelt mag angesichts der wirtschaftlich unsicheren Zeiten ein bisschen unrund sein. Doch gerade deshalb macht es sich der Poolbesitzer im Garten gemütlich und investiert in etwas, was sich auszahlt: die eigene Lebensqualität.

„Es sind sehr gute Zeiten für die Poolbranche“, sagt Kurt Lang, Geschäftsführer des Österreichischen Verbandes der Schwimmbad- und Saunawirtschaft (ÖVS). Vor allem in den vergangenen acht Jahren hat er ein steigendes Interesse an privaten Schwimmbädern beobachtet. Den Grund sieht Lang nicht nur in der Krise – „Wenn es rundherum unangenehm ist, investieren die Leute in die eigenen vier Wände und in den Garten inklusive Pool“ –, sondern auch im Wellness- und Gesundheitstrend. Und: Lang erkennt für seine Branche durchaus noch Potenzial. Laut einer vom Marktforschungsinstitut Integral durchgeführten Studie träumt nämlich beinahe jeder zweite Österreicher von einem Pool. Allerdings macht die Studie „So wohnt Österreich 2013“ auch deutlich, was den Bewohnern noch wichtiger ist als Wasser – eine Garage zum Beispiel. Oder eine Terrasse. Für 97 Prozent der Österreicher hat die Traumimmobilie einen Balkon, eine Loggia oder eine Terrasse. 92 Prozent wünschen sich eine Garage oder ein Carport. Immerhin 82 Prozent sehnen sich nach einem Garten, 46 Prozent nach einem Swimmingpool – und zehn Prozent besitzen auch einen solchen. „Im Vergleich zu Deutschland ist Österreich wesentlich dichter mit Pools besiedelt“, so Lang.

Wolfgang Grabner, Geschäftsführer von Cranpool, sieht das ähnlich: „Die Großhändler wissen, dass Österreich ein sehr interessanter Markt ist, trotz Alpen und der klimatischen Gegebenheiten.“ Einen Grund dafür können beide aber nicht nennen. Das fehlende Meer allein kann es wohl nicht sein. Denn Frankreich gilt nach wie vor als stärkster Poolmarkt in Europa.


Poolspitze Vorarlberg. Andreas Weissenbacher, Verkaufsleiter der Pool & Wellness City, kann hingegen von regionalen Unterschieden berichten. In absoluten Zahlen gibt es die meisten Pools in Wien und Niederösterreich. „Pro Kopf gerechnet gibt es aber in Vorarlberg die meisten Schwimmbäder“, sagt Weissenbacher. Auch er spricht von guten Zeiten für die Poolbranche: „Der Umsatz ist in den vergangenen zehn Jahren konstant gewachsen.“ Begründet sieht er das im Angebot an preisgünstigen Pools. „Bis vor zehn, 15 Jahren war der Pool noch ein absolutes Luxusgut. Jetzt gibt es immer mehr Alternativen, die einen Pool für viel mehr Menschen erschwinglich machen.“

Weissenbacher spricht damit die sogenannten Aufstellbecken an, die für viele eine Art Einstiegsdroge in das Leben als eigener Bademeister darstellt – und die mit Ausnahme der ausschließlich aus einer Plane bestehenden schlumpftopfähnlichen Pools ebenso eingegraben werden können. Wobei die Österreicher in Sachen Pool schon ein bisschen weiter sind und speziellere Lösungen verlangen – auch, um sich vom Nachbarn abzuheben. Also sind weniger sogenannte Einstückpools, also Polyesterpools mit einer fix vorgegebenen Form gefragt, als betonierte Pools mit Folienauskleidung. Denn die können in Form und Farbe individuell gestaltet und den eigenen Ansprüchen angepasst werden.

Genau so einen Pool hat auch Doris Mader in ihrem neuen Zuhause. Die 37-jährige Wienerin ist gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten vor einem Jahr ins niederösterreichische Gänserndorf gezogen. „Ich war schon immer eine Wasserratte, es war immer mein Traum, einen Pool zu haben“, sagt Mader, die wegen einer Erkrankung seit zehn Jahren querschnittsgelähmt ist und im Rollstuhl sitzt. Gerade deshalb hat der Pool für sie neben der Entspannung und Abkühlung noch einen weiteren Wert: „Das Schwimmbecken ist genauso geplant, dass es für mich passt. Ich nutze es auch als Rehab, um die Beweglichkeit zu erhalten“, sagt Mader, die im Vorjahr bei den Paralympics in London im Tischtennis die Silbermedaille erzielte. Nach den anstrengenden Vorbereitungen auf die Meisterschaft will sie heuer den Sommer daheim nutzen – wenn auch nicht allein. Denn der Pool hat Leben in den Garten gebracht. „Es haben sich schon alle möglichen Leute zum Schwimmen angemeldet“, sagt sie. „Denen drück ich aber vorher einen Spaten in die Hand – ein Teil vom Garten ist ja noch Baustelle.“


Neid auf den Nachbarn. Tatsächlich schweißt so ein Pool nicht nur die Nachbarschaft zusammen. Es ist auch die beste Werbung für weitere Becken. „Kaum hat einer in einer Siedlung einen Pool, hat der Nachbar spätestens nach zwei Jahren auch einen“, meint Lang. Besonders deutlich wird das in Kleingartensiedlungen, bei denen ein kleines Schwimmbecken schon beinahe zur Grundausstattung gehört. Auch das ist ein Beweis dafür, dass ein Pool längst nicht mehr nur ein Luxusobjekt für jene ist, die es sich leisten können. Allerdings: Wer mehr Geld hat, kann auch auf ein entsprechendes Angebot zurückgreifen. Während ein einfaches Aufstellbecken um ein paar hundert bis tausend Euro zu haben ist und betonierte oder Einstückpools zwischen 15.000 und 30.000 Euro kosten, hat die Poolbranche noch luxuriösere Varianten im Angebot. „Edelstahlpools ziehen eine ganz andere Klientel an“, sagt Weissenbacher. „Da geht es ab 60.000 Euro los.“

Eine ganz andere Gruppe ziehen hingegen Biopools an, bei denen auf Chemie verzichtet wird – oder auch Schwimmteiche. „Die haben durchaus ihre Berechtigung und sind eine gute Ergänzung“, sagt Geschäftsführer Lang. „Man soll keine Glaubensfrage daraus machen.“ Allerdings: „Ich persönlich schwimme schon lieber in klarem Wasser als in einer trüben Suppe.“ Rund 15 Prozent macht der Anteil der Schwimmteiche am Schwimmanlagenmarkt aus, schätzt das seit 1985 bestehende heimische Unternehmen Biotop. „In den vergangenen zehn Jahren ist die Nachfrage nach Schwimmteichen relativ stark gestiegen. Das hat auch zur Entwicklung von Naturpools geführt“, sagt Biotop-Gründer Peter Petrich. In den Jahren 2010 und 2011 konnte sein Unternehmen Steigerungsraten von an die 15 Prozent verzeichnen. Bei der natürlichen Variante geht es übrigens bei 35.000 Euro los. Dafür spart man sich das jährliche Einlassen und Putzen.

Der Großteil der Poolbesitzer muss Jahr für Jahr hektoliterweise Wasser aus den Leitungen holen. Was in manchen Regionen gelegentlich zu Wasserknappheit führen kann. Wenn auch meist nur jene Gemeinden betroffen sind, die von sehr kleinen Wassergenossenschaften versorgt werden. In Wien fällt die Befüllung der Pools nämlich kaum auf: „Das kratzt uns nicht“, sagt Franz Weyrer, Leiter des Wiener Rohrnetzes. Was ihn eher stört, ist der Wasserdiebstahl über Hydranten. Denn wer es besonders eilig hat und seinen Pool nicht über die Trinkwasserleitung einlässt – was man in Wien übrigens nicht melden muss –, kann dies auch über Hydranten machen. Das geht schneller, kostet aber. Und erfordert eine Anmeldung, bei der auch eine spezielle Armatur ausgehändigt wird, damit das Trinkwasser nicht verschmutzt wird. „Wer das nicht macht, begeht ein Verwaltungsstrafdelikt.“


Wasser ist für alle da. Österreichweit gelten je nach Gemeinde und Wasserversorger unterschiedliche Regeln. Mancherorts muss das Anfüllen gemeldet werden, anderswo ist es an Tagen, an denen die Freibäder eingelassen werden, verboten. „Die Wassergenossenschaft Gramastetten in Oberösterreich gibt Poolbesitzern, wenn sie das Befüllen anmelden und den Termin einhalten, eine Ermäßigung“, sagt Manfred Eisenhut von der Österreichische Vereinigung für das Gas- und Wasserfach. Generell gebe es aber keine Wasserknappheit. Lediglich wenn in kleinen Ortschaften der Wasserbedarf plötzlich enorm steigt, können die Versorger unter Stress kommen. „Die Kunden merken das meist nicht“, so Eisenhut. Sonst ist noch genug Wasser für alle da. Fürs Auffüllen von Pools, aber auch fürs Blumengießen, zum Duschen – und auch zum Trinken: „Wir verwenden in Österreich nur ein Prozent der vorhandenen Wasserressourcen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2013)

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