Schießerei in Rom: "Hätte ein Massaker werden können"

Attentat Haette Massaker werden
Attentat Haette Massaker werden(c) REUTERS (GIAMPIERO SPOSITO)
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Der mutmaßliche Schütze wird von der Polizei verhört. Er soll 50 Schuss Munition bei sich getragen haben. Regierungschef Letta will heute indes sein Regierungsprogramm vorstellen.

"Es hätte ein Massaker werden können", zitiert die italienische Zeitung "Corriere della Sera" am Montag mehrere Justizbeamte. Der Grund für ihre Bestürzung: Eine Schießerei vor dem Regierungssitz in Rom, die am Sonntag die Vereidigung der neuen italienischen Regierung unter der Führung des Sozialdemokraten Enrico Letta überschattet hat.

Die Polizei konnte den 49-jährigen Schützen festnehmen. Er soll rund 50 Schuss Munition bei sich getragen haben. Mit seiner Pistole mit abgefeilter Registriernummer, Kaliber 7,65, gab Luigi Preiti sieben Schüsse ab. Weitere Projektile trug er in einem kleinen Koffer und in seinen Taschen. Dem Mann drohen nun bis zu zehn Jahren Haft.

Bei seiner Einvernahme durch die Behörden gab der Täter an, die Idee zu dem Anschlag sei ihm vor 20 Tagen gekommen. "Ich wollte die Politiker treffen, uns geht es schlecht und sie helfen uns nicht", erklärte der Mann. Er sei verzweifelt gewesen, weil er seinen elfjährigen Sohn nicht mehr erhalten konnte. Nachdem er nicht an Politiker herankam, schoss er auf zwei Carabinieri und verletzte diese sowie eine schwangere Passantin. Einer der beiden Ordnungshüter wurde am Hals getroffen. Der 50-Jährige erlitt eine Rückenmarksverletzung und könnte gelähmt bleiben.

Schütze bat Opfer um Verzeihung

Mittlerweile hat der 49-Jährige das Krankenhaus verlassen, in dem er wegen Verletzungen bei seiner Festnahme eingeliefert worden war. Derzeit befindet er sich im römischen Gefängnis Rebibbia. "Als er von den Verletzten erfahren hat, hat er zu weinen begonnen und um Verzeihung gebeten", berichtete der Rechtsanwalt des geständigen Täters, Mauro Danielli.

Der Rechtsanwalt berichtete, dass der geschiedene und arbeitslose Täter seit mehreren Jahren an Depression litt. "Er war Opfer eines Wutausbruchs, er wollte eigentlich niemandem schaden. Er ist ein harmloser Mensch", versicherte der Anwalt.

Die geschiedene Frau des Täters betonte, dass ihr Ex-Mann keineswegs geistesverwirrt sei, wie italienische Medien kurz nach der Schießerei vor dem Regierungssitz berichtet hatten. "Er war immer ein guter Vater", versicherte die Mutter eines elfjährigen Buben.

Letta stellt Regierungsprogramm vor

Der italienische Premier Enrico Letta besuchte die verletzten Carabinieri im Krankenhaus. "Sie sind ein Vorbild für das ganze Land", sagte Letta, der am heutigen Montag ab 15 Uhr sein Regierungsprogramm vorstellen will. Eine Vertrauensabstimmung über das Kabinett des 46-jährigen Ministerpräsidenten von der Demokratischen Partei soll ebenfalls noch am Montag in der Abgeordnetenkammer stattfinden. Jene im Senat ist für Dienstag geplant.

Angesichts der schwierigen Haushalts- und Wirtschaftslage der drittgrößten Volkswirtschaft der Eurozone steht die neue Regierung vor großen Herausforderungen. Die Schuldenlast des Landes dürfte heuer mehr als 130 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichen. Der neue Finanzminister Fabrizio Saccomanni kündigte bereits einen nationalen "Pakt" zur Wiederherstellung des Vertrauens in die italienische Wirtschaft an.

(APA)

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