"Star Trek Into Darkness": Die Enterprise auf Retroreise

Enterprise Retroreise
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Nach seinem erfolgreichen Kino-Neustart der Serie liefert J.J. Abrams mit "Star Trek: Into Darkness" eine ehrbare Fortsetzung mit gutem Ensemble und bewährter Story. Ab 9. Mai.

Gleich zu Beginn fliehen Kirk und McCoy vor Eingeborenen mit Speeren, während Spock in einen Vulkan abstürzt. Der Adrenalinpegel wird hochgefahren in „Star Trek: Into Darkness“, dem zwölften Enterprise-Kinofilm und dem zweiten mit verjüngter Originalcrew. Serienspezialist J.J. Abrams („Lost“, „Alias“) gelang 2009 mit „Star Trek“ ein erfolgreicher Neustart, nicht zuletzt, weil sich seine Riege von Jungdarstellern – allen voran Chris Pine als Captain Kirk und Zachary Quinto als Mister Spock – mit sichtlicher Spielfreude in klassische Figuren einlebten.

Nebenbei gelang der Kunstgriff, sich mit diesem Neuanfang in eine Parallelgeschichte des „Star Trek“-Universums zu beamen. Das erlaubte gleichzeitig den Rückgriff auf die etablierte Enterprise-Geschichte und bot doch Raum für kreative Abweichungen: ideal für ein Kinofranchise-Konzept, das ein neues Publikum erschließen sollte, ohne die Fans der Originale zu vergrämen. In dem Geiste macht „Into Darkness“ weiter, fast ein wenig zu traditionsgemäß: Abrams und seine Autoren folgen dem Grundprinzip der Konfrontation mit einem übermächtigen Schurken – wie alle „Star Trek“-Filme seit dem großartigen zweiten Kinoabenteuer „Der Zorn des Khan“ (1982), die amüsante Zeitreise „Zurück in die Gegenwart“ (1986) ausgenommen.

Aber wie der rasante Anfang belegt, soll die alte Formel mit gehöriger Energie und persönlichen Vorlieben angereichert werden: Nicht unbedingt die „Star Trek“-Serie ist die Herzensangelegenheit von Abrams, eher das Kino von Steven Spielberg und George Lucas mit ihrer Wiederbelebung der Serials der 1930er in „Indiana Jones“ und „Star Wars“. So gibt es für „Star Trek“-Verhältnisse ein Übermaß an Weltraum-Action – vielleicht will sich Abrams schon für seinen nächsten Job empfehlen: die Weiterführung von „Star Wars“. Der Vorspann beschwört dagegen deutlich „Indiana Jones“, nur dass die Enterprise-Offiziere durch einen purpurroten Wald fliehen.


Götzenbild der Enterprise.
Aber die Situation führt doch direkt zum Kern bewährter „Star Trek“-Konflikte: Die Vernichtung eines zivilisierten Planeten durch einen Vulkanausbruch gilt es zu verhindern, also wird Spock in dessen bereits Lava speienden Krater hinabgelassen. Als er abstürzt, ist die Verletzung der berühmten „Obersten Direktive“ die einzige Rettung: Kirk offenbart sein Raumschiff – eine unerlaubte Einflussnahme in die Entwicklung der fremden Kultur. Deren Vertreter malen schon ein Götzenbild der Enterprise in den Sand, von dem zum Titel auf das durch das All sausende Schiff geschnitten wird. Kein schlechtes Bild für das Gefühl von Erhabenheit, das Abrams den Trekkies geben will, ohne ganz auf Ironie zu verzichten. So düster der neue Film in Titel wie Werbekampagne daherkommt, er verzichtet keineswegs auf den Enterprise-Humor.

Die Eröffnung etabliert auch den wahren Handlungskern: Mit kühler vulkanischer Logik lehnt Spock seine Rettung ab, die Kirk gewohnt impulsiv dennoch durchführt – er muss das Kommando der Enterprise abgeben, nachdem Spock pflichtschuldig einen Bericht verfasst hat. Doch nach einem Terroranschlag geht es auf gefährliche Spezialmission zu den Klingonen. Das Herzstück sind dabei freilich zwei parallele Entwicklungsgeschichten: Kirk lernt, was wahre Verantwortung heißt, Spock muss sich seinen Gefühlen stellen. Trotz technischen Hochglanzaufwands (inklusive unnötigem 3-D) wird also weniger Fortschritt geboten als Retrovergnügen, das aber auf hohem Niveau: Nicht nur der Verlauf der Charakterentwicklung der beiden Helden ist bekannt, aber die Darsteller Pine und insbesondere Quinto, dessen Spock der heimliche Held des Films ist, folgen ihm mit unbestreitbarer Begeisterung. Auch der Rest der Crew macht die Sache weiterhin gut, wiewohl die meisten zu kurz kommen, ob John Cho als Mr. Sulu, der einmal kurz den Kapitänsstuhl ausprobieren darf, Zoe Saldana als Lt. Uhura, die diesmal forsch auf Klingonisch parliert, oder der famose Karl Urban als Dr. McCoy, heiter mit wild gewordenen Metaphern hausierend: „Man macht keinen Banküberfall, wenn der Fluchtwagen einen platten Reifen hat.“ Sogar ein flauschiger Tribble hat eine Schlüsselfunktion.


Überzeugender Bösewicht. Vor allem gibt es aber einen überzeugenderen Schurken als zuletzt: Benedict Cumberbatch, der „Sherlock“ aus der BBC-Serie, ist ideal besetzt als aalglatter und undurchschaubarer Terror-Fädenzieher, der mit kühler Ironie Pointen serviert – „Sie können nicht einmal Regeln brechen, Mr. Spock. Wie sollten sie da Knochen brechen?“ Das fügt sich auch in den gegenwärtigen Blockbuster-Trend: Ob „The Avengers“ oder „Iron Man 3“ oder eben der neue „Star Trek“ – alles Filme im Schatten von 9/11, in denen die Katastrophe durch den Rückgriff auf bewährte Heldenfiguren zumindest teilweise sublimiert wird.

Als großes Action-Spektakel lässt sich „Into Darkness“ nicht lumpen, sondern schießt beinahe über das Ziel hinaus: Der gut dreiviertelstündige Dreifach-Showdown ist dann doch ein bisschen zu viel, weil die Balance verloren geht – davor hat Abrams in alter Trek-Manier die Action mit komischen wie ernsten Dialogszenen zur Charakterentwicklung austariert. Aber vielleicht hat Abrams auch erkannt, dass ihm der Charakter von „Star Trek“ nicht völlig liegt, auch wenn er seine Sache mehr als ehrenhaft macht. Aber den ursprünglichen Enterprise-Expeditionstraum – die Entdeckung neuer Welten, das sprichwörtliche „to boldly go where no man has gone before“ –, den überlässt er seinem Nachfolger.

Star Trek

1966 ging Gene Roddenberrys Science-Fiction-Serie auf Sendung, auf Deutsch hieß sie schlicht „Raumschiff Enterprise“. 1969 wurde sie wegen mangelnder Quoten eingestellt, populär wurde sie erst durch Wiederholungen in der nächsten Dekade.

1979 wurde der erste „Star Trek“-Kinofilm mit der Originalcrew (William Shatner als Kirk, Leonard Nimoy als Spock) gedreht, bis 1991 folgten fünf weitere Abenteuer.

1994 kam es im Kino zum „Treffen der Generationen“: Kirk starb, die als TV-Serie seit 1987 erfolgreiche „Next Generation“ unter Captain Picard (Patrick Stewart) kam auf die Leinwand.

2009 erfolgte nach zahlreichen Serienablegern und zehn Filmen mit „Star Trek“ ein erfolgreicher Neustart mit verjüngter Originalcrew.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2013)

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