Was ein Minister sagen darf, und was er muss

Minister Berlakovich bezieht sich auf das Amtsgeheimnis. Dieses gilt aber nicht, so Experten.

Es ist sehr eindeutig formuliert: Sofern es nicht um die „Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, von Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, das wirtschaftliche Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts oder die Vorbereitung einer Entscheidung der Parteien“ geht, trifft das Amtsgeheimnis nicht zu. So steht es zumindest im Paragraf 46 des Beamtendienstrechtes. Das Verschweigen von detaillierten Zahlen zum Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft falle daher definitiv nicht darunter, so der Verfassungsjurist Heinz Mayer im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“.

Dass sich Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich dennoch auf das Amtsgeheimnis beruft, löste bei Experten und anderen Politikern zuletzt heftige Kritik aus – selbst bei Parteikollegen. Wie berichtet, bezeichnete etwa ÖVP-Justizsprecher Michael Ikrath diese Argumentation als „absurd“.

Grundsätzlich ist ein Minister aber natürlich so wie seine Beamten an die offiziell „Amtsverschwiegenheit“ genannte Regelung gebunden. Doch so wie die Beamten – etwa im Falle eines Gerichtsverfahrens – davon entbunden werden können, kann sich auch der Minister selbst darüber hinwegsetzen. Er riskiere jedoch „zivilrechtliche Konsequenzen“, wenn dann doch einer der eingangs genannten Punkte betroffen würde, so Mayer weiter.

Informationspflicht. Im konkreten Fall dürfte es jedoch nicht nur keine Pflicht zur Verschwiegenheit, sondern vielmehr eine zur Information geben. So steht im Umweltinformationsgesetz, dass „Verwaltungsbehörden“ (beispielsweise das Landwirtschaftsministerium) Informationen über das „Freisetzen von Stoffen in die Umwelt“, die sich etwa auf die „Artenvielfalt“ auswirken könnten, an jede natürliche oder juristische Person „ohne Nachweis eines Rechtsanspruches“ zu geben zu haben. So wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass Umweltverschmutzungen keinesfalls der Öffentlichkeit vorenthalten werden.

Natürlich kennt auch Berlakovich das Gesetz, denn er bezieht sich in seiner Argumentation ja auf die darin vorgesehenen Einschränkungen. Diese gelten jedoch nur, wenn es um „Geschäftsgeheimnisse“ geht, die „berechtigte wirtschaftliche Interessen“ schützen. Die Veröffentlichung müsste zu einem „nicht nur geringfügigen“ Nachteil führen. Der Gesetzgeber dürfte hier etwa an Patente gedacht haben. Die reine Menge eines freigesetzten Pestizids falle hier jedoch sicher nicht darunter, so Mayer.

Denn selbst wenn durch den Namen des Wirkstoffes Rückschlüsse auf eine konkrete Firma gezogen werden können, würde dies maximal zu einem Imageschaden für das betroffene Unternehmen führen. Und ein Imageschaden ist als Einschränkung im Gesetz definitiv ausgenommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2013)

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