UN-Soldaten entführt, Golan-Mission gefährdet

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Rebellen hielten vier Blauhelme auf den Golanhöhen fest. Zuvor waren Granaten im israelisch besetzten Teil eingeschlagen. Verteidigungsminister Klug besucht österreichische Soldaten.

Beirut/Wien/Ag./Cu. Für die Blauhelme auf den Golanhöhen wird es immer ungemütlicher. Am Dienstag entführte eine syrische Rebellenbrigade vier philippinische UN-Soldaten. Die Militärs würden zu „deren eigener Sicherheit“ festgehalten, richteten die „Yarmouk Märtyrer“ aus. Zuvor waren neuerlich Mörsergranaten im israelisch besetzten Teil der Golanhöhen eingeschlagen. Es sei kein Schaden entstanden, die Geschosse seien offensichtlich bei Gefechten zwischen der syrischen Armee und Rebellen fehlgeleitet worden, sagte eine israelische Armeesprecherin am Dienstag.

Die FPÖ erneuerte nach dem Beschuss ihre Forderung nach einem Abzug der 377 österreichischen UN-Soldaten von den Golanhöhen. Doch noch will die Bundesregierung die Stellung halten. Am heutigen Mittwoch bricht Verteidigungsminister Gerald Klug nach Israel auf, um sich selbst ein Bild zu machen. Er wird in Jerusalem mit seinem israelischen Amtskollegen zusammentreffen. Dann will sich Klug auf den Weg zur Position 22 auf die israelisch besetzten Golanhöhen machen und sich dort von Stefan Thaller, dem österreichischen Vize-Kommandanten der Blauhelme, briefen lassen. Eine Anreise über Damaskus, wie es früher üblich war, wäre angesichts des Bürgerkriegs, der in Syrien wütet, viel zu gefährlich.

Die UN-Soldaten sind auf den Golanhöhen zwischen die Fronten geraten. Der Beginn der Eskalation lässt sich auf den Tag genau zurückverfolgen. Am 1.März 2012 drang die syrische Armee in die entmilitarisierte Zone ein, um Rebellen zu jagen, die sich dort verschanzt hielten. Seither hat Assads Militär permanent mindestens 150 Soldaten in der Pufferzone stationiert. Auch die Rebellen haben sich in dem Gebiet festgekrallt. Unter den Augen der UN-Soldaten toben immer wieder Gefechte. Sie können dem Krieg bloß zusehen. Das Mandat der Vereinten Nationen erlaubt es ihnen nicht, das Feuer zu eröffnen. Schießen dürfen sie nur in Notwehr.

Ende November kam ein österreichischer Konvoi auf dem Weg zum Flughafen unter Beschuss. Vier österreichische Soldaten wurden damals verletzt. Sie wurden über die Waffenstillstandslinie in ein israelisches Spital gebracht. Auch der Truppenaustausch soll künftig nicht mehr über Syrien erfolgen, sondern über Israel. Anfang Juni sollen 170 frische Bundesheerangehörige zum Kontingent auf dem Golan stoßen.

Wie lange ist der Einsatz noch sinnvoll?

Doch wie lange kann die Mission auf den Golanhöhen überhaupt noch aufrechterhalten werden? Der Einsatz wankt: Nacheinander haben sich die Kontingente aus Japan, Kanada und Kroatien aus dem Staub gemacht. Die Filipinos blieben, obwohl Rebellen schon Anfang März drei Tage lang 21 ihrer Kameraden als Geiseln gehalten hatten.

Für die Kroaten ist mittlerweile Ersatz gefunden. Demnächst sollen Blauhelme von den Fidschi-Inseln anrücken. Israel hat ein Interesse an der Fortführung der Blauhelm-Mission, die ihre Grenze zu Syrien stabil hält. Und doch hat die israelische Armee die Situation zusätzlich angeheizt, als sie vergangene Woche Syrien gezielt bombardierte, um eine Mittelstreckenraketen-Lieferung an die libanesische Hisbollah zu unterbinden.

Syriens Vize-Außenminister sprach daraufhin von einer Kriegserklärung. Doch die Waffen schwiegen. Sollte allerdings, was unwahrscheinlich ist, tatsächlich ein Krieg zwischen Israel und Syrien ausbrechen, dann ist der UN-Golan-Einsatz endgültig Geschichte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2013)

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