Volksbegehren: Opposition drängt auf Reform

Herbert Scheibner (m./BZÖ), Harald Stefan (r./FPÖ) und Daniela Musiol (Die Grünen)
Herbert Scheibner (m./BZÖ), Harald Stefan (r./FPÖ) und Daniela Musiol (Die Grünen)APA/HERBERT NEUBAUER
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FPÖ, Grüne und BZÖ legen einen gemeinsamen Kompromissvorschlag für die stockende Demokratiereform vor.

Mit einem gemeinsamen Kompromissvorschlag wollen FPÖ, Grüne und BZÖ die stockende Demokratiereform wieder in Gang zu bekommen. Zuletzt ist der Beschluss des Demokratiepakets im Verfassungsausschuss des Nationalrats am Montag unter anderem an der Frage gescheitert, ob über erfolgreiche Volksbegehren künftig eine verbindlichen Volksabstimmung abgehalten werden soll. Die Opposition war dafür, die SPÖ dagegen.

Daher nun der gemeinsame Kompromissvorschlag von FPÖ, Grünen und BZÖ: Sollte das Parlament ein Volksbegehren nicht umsetzen, das von zumindest vier Prozent der Wahlberechtigten (rund 250.000 Personen) unterstützt wurde, dann soll darüber eine Volksbefragung stattfinden.

"Diese Befragung ist zwar nicht rechtsverbindlich, übt aber natürlich einen größeren Druck aus, auf die politischen Entscheidungsträger", argumentierte BZÖ-Verfassungssprecher Herbert Scheibner bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Mittwoch. Seine Grüne Kollegin Daniela Musiol räumte ein, dass ein Volksbegehren "nicht die Idealvariante" sei, aber: "Es gehört zur Demokratie und zum politischen Geschäft, zu realisieren, dass man nicht immer das Ideal bekommen kann."

Außerdem hätte der Kompromissvorschlag für die Opposition den Reiz, dass er noch vor der Wahl umsetzbar wäre. Eine verpflichtende Volksabstimmung nach Volksbegehren wäre dagegen eine Totaländerung der Verfassung, die nur mit Volksabstimmung und entsprechend langer Vorlaufzeit möglich wäre.

FP-Verfassungssprecher Harald Stefan sieht gute Chancen für den Kompromissvorschlag. Außerdem pochte er gemeinsam mit seinen Kollegen von Grünen und BZÖ auf weitere Änderungen beim "Demokratiepaket": Konkret soll die geplante zentrale Wählerevidenz so gestaltet werden, dass daraus nicht abgeleitet werden kann, wer welche Volksbegehren unterstützt hat. Dies wäre eine "Gesinnungsdatenbank", kritisierte Stefan. Möglich sein sollte aus seiner Sicht auch die Online-Unterstützung von Volksbegehren ohne Bürgerkarte.

SPÖ: "Vorschlag wirft neue Fragen auf"

Für die ÖVP ist der Kompromissvorschlag der Opposition "ein Weg in die richtige Richtung". Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl betonte am Mittwoch, dass er schon vor drei Wochen vorgeschlagen habe, über erfolgreiche Volksbegehren zumindest eine Volksbefragung abzuhalten.

Die SPÖ hat hingegen weiterhin Bedenken. SP-Klubchef Josef Cap betonte, dass es bei grundrechtswidrigen oder EU-rechtswidrigen Vorschlägen auch zu keiner Volksbefragung kommen dürfe. "Der heute von der Opposition vorgestellte 'Kompromissvorschlag' löst alle diese Fragen nicht, sondern wirft in Wahrheit neue Fragen auf", sagte Cap. Der Klubchef Josef Cap fordert die Opposition und die ÖVP auf, einen Gesetzesentwurf vorzulegen. Dann wäre er auch bereit, darüber zu diskutieren - eine "Überschriftendebatte" wolle er aber nicht führen.

Die Koalition will der Opposition kommende Woche einen neuen Text für ihr Demokratiepaket übermitteln. Der Abänderungsantrag wird laut Gerstl den Datenschutzbedenken gegen das zentrale Wählerregister Rechnung tragen. Es werde "sichergestellt, dass zum frühestmöglichen Zeitpunkt alle Daten gelöscht werden", erklärte Gerstl.

Abgelehnt wird der blau-grün-orange Kompromissvorschlag von der kleinsten Oppositionspartei, dem Team Stronach. Klubchef Robert Lugar kritisiert, dass eine Volksbefragung unverbindlich wäre, womit die Bürger "nichts erreichen" würden. Er plädiert weiterhin für eine Volksabstimmung über Volksbegehren, die von über 300.000 Personen unterstützt werden.

(APA)

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