Berufungsgericht bestätigt vier Jahre Haft für Berlusconi

People of Freedom (PDL) party member and former Prime Minister Berlusconi attends the Upper house of the parliament in Rome
People of Freedom (PDL) party member and former Prime Minister Berlusconi attends the Upper house of the parliament in RomeREUTERS
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Im Mediaset-Prozess wurde Berlusconi Steuerbetrug beim Erwerb von TV-Rechten vergeworfen. Es droht ein fünfjähriger Ausschluss von allen Ämtern.

Ein Mailänder Berufungsgericht hat am Mittwoch das erstinstanzliche Urteil gegen den italienische Ex-Premier Silvio Berlusconi wegen Steuerbetrugs beim Erwerb von TV-Rechten für seine Fernsehgruppe Mediaset bestätigt. Bereits im Oktober war der Politiker zu vier Jahren Haft verurteilt worden, hatte jedoch Berufung eingelegt. Der 76-jährige Chef der italienischen Mitte-rechts-Allianz, wurde zudem für fünf Jahre von allen politischen Ämtern ausgeschlossen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es wird erwartet, dass Berlusconi Berufung beim Kassationsgericht einlegt. Der Präsident von Mediaset, Fedele Confalonieri, wurde wie in erster Instanz freigesprochen.

Im Prozess ging es um den Vorwurf, der Konzern habe in den 90er-Jahren mit Hilfe von Briefkastenfirmen die Preise für Übertragungsrechte von Filmen künstlich in die Höhe getrieben. Dadurch seien in den Bilanzen von Mediaset geringere Gewinne aufgeschienen, der Konzern habe in Italien weniger Steuern bezahlen müssen. Das dabei entstandene Schwarzgeld soll Berlusconi im Ausland angelegt haben.

Verteidiger empört

Die Rechtsanwälte Berlusconis reagierten empört auf die Verurteilung ihres Mandanten. Als „Urteil voreingenommener Richter" bezeichnete Berlusconis Verteidiger Nicoló Ghedini das Ende des Berufungsverfahrens in Mailand. „Wir hatten mit diesem Ergebnis gerechnet. Dieses Urteil ist absolut unlogisch. Das Berufungsgericht hatte von Anfang an Berlusconis Verurteilung beschlossen“, so Ghedini.

Der Rechtsanwalt äußerte die Hoffnung, dass das letztinstanzliche Verfahren vor dem Kassationsgericht in Rom in einem für den Angeklagten weniger feindseligen Umfeld stattfinden werde. Das Urteil gegen Berlusconi wird erst nach der dritten Instanz rechtskräftig. Dem Großunternehmer steht also noch eine Berufungsebene zur Verfügung, eine Haftstrafe müsste er erst nach einem endgültigen Schuldspruch antreten. Sehr wahrscheinlich ist, dass der 2006 begonnene Prozess schon im nächsten Jahr wegen Verjährung eingestellt wird.

Reaktionen erwartungsgemäß

„Gegen Berlusconi ist ein politischer Prozess zu Ende gegangen. Wir müssen entschlossen auf dieses Urteil reagieren, weil es wahnsinnig und ungerecht ist. Man will Berlusconi mit Prozessen aus dem politischen Leben verbannen“, kritisierte Luca D ́Alessandro, ein Abgeordneter von Berlusconis Mitte-rechts-Partei „Volk der Freiheit“.

Die Abgeordneten der Protestbewegung „Fünf Sterne“ um den Starkomiker Beppe Grillo reagierten im Parlament mit Applaus auf den Schuldspruch. „Es ist bitter, dass eine Person, die zu einer vierjährigen Haftstrafe wegen Steuerbetrugs verurteilt wurde, die Aufgabe hat, die italienischen Bilanzen zu sanieren“, erklärte der Mitte-links-Politiker und Berlusconi-Rivale Antonio Di Pietro. Dieser hatte als Staatsanwalt 1994 Korruptionsermittlungen gegen Berlusconi aufgenommen.
Der bereits in zahlreichen gerichtlichen Auseinandersetzungen erprobte Berlusconi hat jetzt vor allem noch den sogenannten Ruby-Prozess in Mailand am Hals, bei dem er mit dem Vorwurf von Sex mit einer minderjährigen Marokkanerin und Amtsmissbrauch konfrontiert wird. Auch in diesem Verfahren könnte ein Urteil in den nächsten Tagen fallen. Am kommenden Montag soll die junge Marokkanerin Karima El Marugh alias Ruby von den Richtern befragt werden.

(APA)

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