Golan-Mission: "Uns schreckt gar nichts mehr"

BM KLUG BESUCH UNDOPF TRUPPE AUF DEM GOLAN
BM KLUG BESUCH UNDOPF TRUPPE AUF DEM GOLANAPA/BUNDESHEER/GUNTER PUSCH
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Israel/Syrien. Verteidigungsminister Gerhard Klug besuchte bei seiner ersten Auslandsreise die Golanhöhen, um sich ein Bild der Mission zu machen.

An dem UN-Bus, der sich mühevoll den Berg hinaufquält, sieht man immer noch das Einschussloch. Und auch der Fahrer, der hinterm Steuer sitzt, ist derselbe wie damals: Der Milizsoldat Daniel Binder lenkte eines der Fahrzeuge, das vergangenen November beschossen wurde. Österreichische Soldaten wollten über Damaskus ihre Heimreise antreten, als sie plötzlich von Unbekannten angegriffen wurden. Vier von ihnen wurden verletzt.

Binder hatte Glück und blieb unversehrt. Bis Juni ist er noch am Golan stationiert. An diesem Donnerstagvormittag chauffiert er die Journalisten, die Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) bei seiner ersten Auslandsreise begleiten, über dreieinhalb Stunden durch serpentinenartige Wege von Tel Aviv bis auf die Golanhöhen. Bus und Fahrer sind geblieben, die Route ist allerdings eine andere: Die israelische Alpha-Linie ist (gegenüber der syrischen Bravo-Linie) der sicherste Weg hin zur Position 22. Es ist der einzige Posten der United Nations Disengagement and Observer Force (Undof) auf dem israelisch besetzten Teil der Golanhöhen.

Seit knapp 37 Jahren sind die Blauhelme hier stationiert. Ihre Aufgabe ist es, den Waffenstillstand zwischen Syrien und Israel in der entmilitarisierten Zone zu überwachen. Verstößt jemand gegen diesen Waffenstillstand, melden sie dies nach New York. Eingreifen dürfen sie nicht. Doch diese Mission wird immer gefährlicher - und ist dadurch gefährdet. Für Klug ist es also ein - wenn nicht guter - zumindest passender Zeitpunkt, die Truppe zu besuchen. Denn die Lage wird immer kritischer. „Ich möchte die Soldaten als Mensch abholen und schauen, wie es ihnen so geht. Auch mit ihren Familien", meint Klug.

Zusammenarbeit mit Israel

Doch bevor er auf die Soldaten trifft, ist erst einmal politisches Händeschütteln dran: Klug trifft seinen israelischen Amtskollegen Moshe Yaalon, der vor allem eine Forderung hat: Die Europäische Union solle die Hisbollah auf die Terrorliste setzen - eine altbekannte Forderung, doch Europa wiegelt ab. Klugs Kommentar dazu bleibt relativ nüchtern: „Ich nehme das als deutliche Botschaft an." Der österreichische Verteidigungsmininster hat ein anderes Anliegen: „Israel hat uns zugesichert, dass die Soldaten im Notfall eine medizinische Versorgung bekommen und wir den militärischen Flughafen nützen können." Auch die Anreise der neuen Soldaten, die im Juni auf die Golanhöhe kommen sollen, soll auf israelischer Seite ablaufen.

Seit gut einem Jahr hat sich die Mission hier am Golan völlig gewandelt: Am 1. März 2012 drang die syrische Armee in die demilitarisierte Zone ein, um Jagd auf Rebellen zu machen. Seitdem vergeht kaum ein Tag ohne Gefechte. Kroatien, Kanada, Japan haben bereits ihre Soldaten zurückgezogen. Diese Lücke soll im Juni von den Fidschi-Inseln gefüllt werden. Die Stützpunkte sind weniger geworden, die Patrouillenfahrten ebenso. Rund 370 heimische Soldaten befinden sich hier, auch der stellvertretende Kommandant der Mission ist seit April ein Österreicher: Stefan Thaller spricht die Probleme, oder wie es er nennt, die „Herausforderungen" der Mission an: „Die angespannte Situation ist eine Belastung von Mensch und Maschine." Wenn die Lage andauernd brenzlig sei, stumpfe man ab. „Uns schreckt gar nichts mehr", sagt Thaller, als er Klug über die Lage aufklärt.

Dennoch sei es hier im nördlichen Teil der Pufferzone zwischen Israel und Syrien, wo das österreichische Kontingent Ausbatt stationiert ist, ruhiger als im Norden: Dort wurden bereits zwei Mal philippinische UN-Soldaten von syrischen Rebellen entführt - die letzten vier am Dienstag. Die Verhandlungen über ihre Befreiung laufen laut Thaller derzeit.

"Mehr Waffen tragen nicht zur Sicherheit bei"

Die Mission ist aber auch dadurch gefährdet, dass die EU überlegt, das Waffenembargo für Syriens Rebellen im Mai aufzuheben. „Mehr Waffen in diesem Gebiet tragen sicher nicht zur Sicherheit unserer Soldaten ein", sagt Klug dazu. Von seiner Seite aus gibt es ein striktes Nein.

Trotz allem bemühen sich die Soldaten, sich möglichst unbeschwert zu geben - zu Beginn zumindest. „Ich habe keine Angst, sonst wäre ich nicht hier", ist etwa zu hören. Aber auch: „Früher konnte man in Damaskus shoppen gehen, jetzt kann man sich auf der syrischen Seite gar nicht mehr in seiner Freizeit bewegen." Und auch Binder freut sich auf das Ende seines Einsatzes im Juni. Und: „Ich würde es wohl nicht noch einmal machen."

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