73 Millionen Jugendliche ohne Arbeit

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In den Industrieländern ist die Jugendarbeitslosigkeit besonders hoch. Und wer Arbeit findet, muss sich häufig mit einem befristeten Job begnügen.

Wien/B.l. Junge Leute unter 25 Jahren haben es generell schwerer auf dem Arbeitsmarkt als solche im Haupterwerbsalter: So ist etwa in fast allen europäischen Ländern die Jugendarbeitslosenrate doppelt so hoch wie die Gesamtarbeitslosenquote. In Krisenzeiten verschärft sich das Problem noch: Bevor die Unternehmen Mitarbeiter abbauen, stellen sie keine neuen mehr ein. Auch genießen in vielen Ländern Arbeitnehmer, die bereits Jobs haben, starke Rechte (etwa Kündigungsschutz). Jene, die neu in den Arbeitsmarkt einsteigen wollen, haben es umso schwerer.

Nach der Finanzkrise hatte es kurzfristig so ausgesehen, als würde man das Problem Jugendarbeitslosigkeit langsam in den Griff bekommen. Doch diese Hoffnungen haben sich zerschlagen. Allein heuer dürfte die Jugendarbeitslosigkeit weltweit um einen Prozentpunkt auf 12,6Prozent ansteigen. So lautet jedenfalls die Prognose der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen, in ihrem Bericht „Globale Jugendbeschäftigungstrends“.

Viele haben Suche aufgegeben

Mehr als 73,4 Millionen 15- bis 24-Jährige sind demnach auf Jobsuche. Das sind um 3,5 Millionen mehr als vor Ausbruch der Finanzkrise (diese spitzte sich im Herbst 2008 mit der Pleite der US-Investmentsbank Lehman Brothers zu). Die Arbeitslosenquote wäre damit ähnlich hoch wie im Krisenjahr 2009. Doch offenbare die Zahl nur einen Teil des Problems, stellen die ILO-Experten fest: „Zu anhaltender Arbeitslosigkeit kommen in den Industrieländern immer mehr befristete und Leiharbeitsverhältnisse und eine immer größere Zahl Jugendlicher, die die Suche nach Arbeit aufgegeben haben, hinzu.“

In den Entwicklungsländern fänden hingegen viele Jugendliche nur im informellen Sektor Arbeit und erzielten ein Einkommen, das zum Leben kaum ausreiche. Unter den Regionen sind der Nahe Osten mit einer Jugendarbeitslosigkeit von 28,3Prozent und Nordafrika mit 23,7Prozent am schlimmsten betroffen. Dabei handelt es sich jeweils um den Anteil der arbeitslosen Jugendlichen an den wirtschaftlich aktiven (erwerbstätigen und arbeitslosen) Jugendlichen.

Generell ist die Jugendarbeitslosigkeit in den Industrieländern mit 18,1Prozent höher als in den Entwicklungsländern. Vor allem in den schuldengeplagten europäischen Peripherieländern ist der Einstieg ins Berufsleben schwierig: In Griechenland und Spanien ist mehr als jeder zweite Jugendliche arbeitslos. Würden auch jene Menschen in die Statistik einbezogen, die die Jobsuche bereits aufgegeben haben, wären statt der offiziell gemeldeten 10,7 Millionen tatsächlich 13 Millionen Jugendliche arbeitslos, rechnet die ILO vor.

Wer Arbeit findet, muss sich häufig mit befristeten oder Teilzeit-Verhältnissen begnügen. „Feste Vollzeitanstellungen, wie sie für vorangegangene Generationen zumindest in den Industrieländern als normal galten, sind für viele Jugendliche unerreichbar geworden“, sagt der stellvertretende Leiter der ILO-Politikabteilung, José Manuel Salazar-Xirinachs.

Jeder Vierte ist langzeitarbeitslos

Der Anteil der Arbeitslosen, die nach einem halben Jahr Jobsuche noch immer ohne Arbeit sind, ist in den OECD-Ländern zwischen 2008 und 2012 von 20 auf 25Prozent angestiegen. Die Folgen würden erst in den nächsten Jahren sichtbar werden. „Zu den langfristigen Auswirkungen einer dauerhaft hohen Jugendarbeitslosigkeit gehört, dass den Betroffenen wertvolle Arbeitserfahrungen fehlen und berufliche Fähigkeiten verloren gehen. Zudem führt Arbeitslosigkeit in jungen Jahren oft dazu, dass auch im späteren Berufsleben die Aussichten auf Beschäftigung und gute Löhne geringer sind“, sagt Salazar-Xirinachs. Mittelfristig werde das die Staaten Geld kosten, auch das Wirtschaftswachstum dürfte sich verlangsamen.

Die ILO fordert, dass sich die Politik mehr auf die Förderung von Wirtschaftswachstum, Verbesserungen bei der Aus- und Fortbildung und gezielte arbeitsmarktpolitische Maßnahmen für Jugendliche konzentrieren müsse.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.05.2013)

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